Eine fest auf meinen Mund gepresste Hand unterdrückt den Laut meiner Überraschung, eine starke Hand drückt mich fest auf meine Brust und verhindert jede Gegenwehr, hält mich fest auf mein Nachtlager gepresst. Es ist stockfinster im Zimmer.
"Kein Laut!", zischt mir eine Stimme ins Ohr, und ich spüre deutlich, wie die Spitze eines Dolches leicht in die Haut an meiner Kehle sticht. "Jetzt rede, Bürschchen. Was willst du?"
Was ich will? Was ICH will? Dieser dreckige Dieb muss an der Außenmauer hinauf durch das offene Fenster meines Zimmers geklettert sein und fragt mich doch ernstlich, was ICH will.
Ich schnaube verächtlich, als er meinen Mund freigibt: "Ich habe dich nicht eingeladen! Was willst DU also von MIR?"
"Du hast uns gesucht, hier bin ich nun. Was willst du vom Fuchs?"
Ich erstarre. Woher weiß er ...? Ich stelle die Frage und merke an, dass niemand die Flasche auch nur angesehen hat.
Er macht ein abfälliges Geräusch: "Natürlich haben wir! Wir haben sie genau angesehen, jeden Tag. Aber du nimmst Leute unter deinem Stand ganz offenkundig ja nicht wahr! Wenn du dein Anliegen nicht vorbringen kannst, vergiss es. Was vergeude ich meine Zeit mit Adligen ..." Der Dolch verschwindet von meinem Hals und er erhebt sich lautlos.
Ich realisiere, dass er verschwinden will - meine einzige Chance, Antworten zu bekommen, ist drauf und dran, durchs offene Fenster zu entkommen!
"Nein, warte!", rufe ich leise und fange wie ein Wasserfall an zu reden, erzähle von der Diebin, von ihrer Erzählung vom Fuchs, den Regeln, dem Sehnen in mir, ich rede und rede und frage mich, ob er überhaupt noch da ist.
Als ich ende, ist es vollkommen still in meinem Zimmer. Ich schlucke, warte, lausche angespannt ins Dunkel, doch nichts regt sich. Er ist fort, realisiere ich und sinke hoffnungslos aufstöhnend auf mein Nachtlager zurück. Heiße, stumme Tränen der Verzweiflung strömen mir übers Gesicht, und das Streben in meiner Brust, das, wie ich nun endlich erkenne, Freiheit sucht, lässt mich beinahe bersten.
Als die Tränen endlich versiegen und ich drauf und dran bin, ermattet wieder einzuschlafen, beginnt die leise Stimme aus der dunkelsten Ecke des Raumes heraus zu erzählen. Sie erzählt vom listigen Fuchs, von Dieben und Händlern, von Schläue, Eigenverantwortlichkeit, List und der Kunst, sich zu bereichern und anderen dadurch eine Lektion in Sachen Demut zu erteilen, ohne ihnen allzu sehr zu schaden.
Mit vor Aufregung klopfendem Herzen lausche ich hellwach jedem Wort. Ich erfahre von den Sternen, Phexens Segnungen, seinen Kindern Nandus und Aves, und mir wird so vieles klar, was mein Vater ganz anscheinend für unwichtig hielt.
Als die Stimme versiegt, frage ich atemlos ins Dunkel: "Wie kann auch ich um seine Gunst bitten?"
Ein leises Lachen ertönt. "Der Gott der Händler, und du willst etwas erbitten? Du musst einen Handel vorschlagen, der Phex gefallen könnte. Was hast du zu bieten, kleiner Adliger?"
Zunächst will ich ihm etwas Silber anbieten, halte dann aber inne. Was würde Phex gefallen? Sicherlich, Silber ist nicht schlecht, aber wenn ich etwas gelernt habe, dann, dass man nur mit Leistungen Anerkennung gewinnen kann.
"Ich kann eine Aufgabe für ihn erledigen, mich seiner würdig erweisen!", antworte ich voll unterdrückter Erregung, und lausche, was die Stimme mir erklärt ...