Ich schaue hinauf in den klaren, unverdeckten Sternenhimmel, in dem sich Phexens wunderbarer Sternenglanz zeigt. Wie anders sieht er aus, jetzt, da ich seine göttliche Macht spüren kann! Es sind schon Monate seit meiner Aufnahme als Novize, als Füchschen, vergangen, aber der Anblick lässt mich immer wieder staunen.
Und dieses Gefühl von Phexens Nähe in mir ... ich weiß genau, dass mir alles gelingen kann, wenn ich es nur klug genug anstelle und um seinen Beistand feilsche! Jeden Tag erkenne ich weitere Wege, die geltenden Regeln listig zu umgehen. Auch hier, im Anwesen einer der berühmtesten Familien der Nobleza, in das mein Vater und ich eingeladen wurden und in dessen Hof ich mich gerade gestohlen habe.
Eine der Stallmägde, eine schlanke, kräftige junge Frau mit einem verführerischen Lächeln auf den fein geschwungenen Lippen, hatte mich auf eine Art und Weise angesehen, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht, und als sie die Zügel meines Pferdes aus meiner Hand übernahm, berührten ihre Finger meine Haut viel länger als nötig.
Ich schleiche zu den Pferden und finde sie tatsächlich bei ihnen vor - sie scheint allein zu sein. Ihre Arbeit war schweißtreibend und sie trägt nur sehr kurze Kleidung, die viel nackte Haut erkennen lässt - oh, bei Rahja, der Anblick gefällt mir unglaublich und Hitze strömt durch meine Adern und sammelt sich in meiner Mitte.
Als sie mich bemerkt, grinst sie keck: „Na, was sucht Ihr denn hier, mein Herr?“ Sie weiß es genau, wie das kokette Entblößen ihrer Schulter beweist, und mein Blut gerät weiter in Wallung.
Der Drang, sie zu berühren, ihre nackte Haut unter meinen Händen zu spüren, wird übermächtig. Ich gebe meinen Instinkten nach, und sie wehrt sich nicht, sondern gleitet mit ihrer Hand fordernd über meine spürbare Erregung, als ich nur Augenblicke später mit ihr ins weiche Stroh einer unbenutzten Box sinke.
Ich schiebe gerade begierig ihr Kleid nach oben, als mich völlig unvermittelt ein gewaltiger Fußtritt in die Seite trifft, sodass ich mich keuchend krümme.
„Wie kannst du es wagen?“, donnert eine wütende, verächtliche Stimme.
Ich hebe mit Mühe mein Gesicht nach oben und erkenne zwischen den mir fast die Sinne raubenden Schmerzen einen der Junker des hiesigen Gutsherrn.
Die Magd ergreift die Flucht. Er beachtet sie gar nicht. „Da ist dein Vater da, um über die Verbindung unserer Häuser zu sprechen, und du vergreifst dich derweil an den niederen Bediensteten!“
Ich weiß nicht, wovon er spricht, und bekomme auch keine Gelegenheit, weiter darüber nachzudenken, denn nun prasseln zornige Tritte und Schläge auf mich ein, die die Prügel meines Vaters lächerlich aussehen lassen.
„Rescendientes“, spuckt mir der Mann voll Verachtung ins Gesicht, „Es war schon immer klar, dass ihr nichts, aber auch gar nichts wert seid!“
Ich bekomme gerade noch mit, wie er auf dem Absatz kehrtmacht, als mich eine gnädige Ohnmacht umfängt und mich kurzzeitig von den Schmerzen erlöst.
Erst die Ohrfeigen meines Vaters bringen mich wieder zur Besinnung - er zwingt mich auf das Pferd und peitscht mich förmlich nach Hause, wo mein ohnehin schon gequälter Körper weitere brutale Prügel bezieht, deren größten Teil ich jedoch, Borons gnädiger Ohnmacht sei Dank, nicht mitbekomme.
Fast sechs Wochen brauche ich, um von den zahlreichen Verletzungen so weit zu genesen, dass ich mein Lager selbstständig verlassen kann, und in all der Zeit spricht er kein Wort mit mir. Doch ich bekomme durch die leisen Gespräche der Diener, die mich oft noch ohnmächtig glauben, während ich im Stillen mit mir hadere, nachdenke, erkenne, was geschehen ist.
Diese Geschäfte, bei denen ich nicht dabei sein sollte: Die Ware war ich. Teil der Nobleza sollte ich werden, durch den Traviabund mit einer der hohen Töchter, und damit die ganze Familia di Vascagni eine soziale Stufe nach oben heben. Natürlich sind all die sorgfältigen Vorbereitungen, die Gespräche, die mein Vater seit Jahren mit dieser Familie geführt hatte, nun hinfällig - dort will man uns nicht mehr sehen.
Wie hatte es nur so weit kommen können? Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich, dass ich in eine vorbereitete Falle gelaufen bin, wer auch immer sie gestellt haben mag. Dass ich zum Mann werde, kann man mir ja ansehen, und was Männer wollen, ist wohlbekannt. Es war auch alles viel zu einfach gewesen ... und ich viel zu unvorsichtig. Phex hilft dem, der sich selbst hilft, und hier hatte ich so sträflich auf mein Glück vertraut, dass ich keinerlei Vorsicht hatte walten lassen. Diese Lehre würde ich nie vergessen. Dafür würde auch mein Vater sicherlich sorgen.
Doch Phex hat mich nicht verlassen. Er hat mich am Leben gehalten, davor geschützt, dass die Schläge und Tritte tödliche Wunden hinterließen. Wenn alles gut verheilt, werde ich außer Narben keine bleibenden Schäden davontragen, wurde mir gesagt. Phex hat mir also eine schmerzhafte Lektion erteilt.
Ich beiße die Zähne zusammen und entspanne den Kiefer sofort wieder, als der Schmerz darin erneut aufflammt. Wer sich den Göttern verschreibt, muss ihren Geboten auch folgen, ermahne ich mich selbst. Phex ist nicht Rahja, die angeblich nur Freude schenkt.
Freude ... was für ein Unsinn. Ich sehe ja, was ich aufgrund der Vorfreude bei der Magd erhalten habe! Was ich in den Jahren mit meinem Vater gelernt habe, hat sich wieder einmal bestätigt: Wer mir näher als einen Schritt kommt, kann einfach nichts Gutes im Schilde führen. Ich muss also nicht nur meine Emotionen, sondern auch meine Triebe vollständig kontrollieren lernen.