Prompt: Weißer Nebel
Ich finde mich an einem See wieder. Meine Geschichte beginnt genau hier und jetzt. Ich kann es in jeder Faser meines Körpers spüren. Ich bin bereit.
Verwirrt und interessiert blickte ich um mich. Versuchte zu erkennen, was mich alles umgab. Analysierte aber im selben Moment, welche Dinge mir hier als Waffe zur Verfügung stehen würden. Vor mir lag der See. Hinter mir ein nicht abschätzbar großes Waldstück. Und hinter dem See? Ich konnte es nicht erkennen. Da ich aber sowieso in diese Richtung musste, störte mich das nicht weiter. Nach rechts oder nach links konnte ich sowieso nicht wirklich gehen, denn der Wald war mir für den Anfang zu gefährlich und unübersichtlich. Ich entschied also noch hier auf der Ebene und bei diesem Gewässer zu bleiben. Doch auch an diesem See störte mich etwas. Ich konnte nicht genau sagen was es war, aber irgendetwas kam mir falsch daran vor. ‚Vielleicht fällt es mir ja später ein‘, dachte ich mir und versuchte nun erst einmal meine nächsten Schritte zu planen.
Was habe ich auf diese Mission alles mitbekommen? Ich nahm meinen Rucksack von den Schultern und inspizierte den Inhalt. Ein Bowie- und zwei Faustmesser. Sollte für den Nahkampf mehr als ausreichend sein. Ein wenig Nahrung und zwei große Wasserflaschen, gerade so, dass es für 2-3 Tage ausreicht. Ich würde mir später sobald es heller wurde im Wald ein paar Tiere oder Beeren suchen. Ansonsten noch eine halbdicke Kordel, Ersatzkleidung, ein Schlafsack, eine Karte und mein persönliches Notizbuch. Mit der Kordel könnte ich mir auf jeden Fall Pfeil und Bogen als Waffe organisieren, wenn ich ein paar gute Äste im Wald finde. Ersatzkleidung kann man an sich immer gebrauchen, aber ehrlich gesagt ist es mir egal wie ich aussehe. Der Schlafsack sowie die Karte und der Notizblock erklären sich von selbst. Perfekt. Alles was man für so eine Mission braucht.
Ich packte meinen Rucksack wieder zusammen, stellte ihn neben mir in der Wiese ab und genoss die laue Sommernacht. Moment. Laue Sommernacht? Mir fällt es wie Schuppen von den Augen. Dass mir das nicht sofort aufgefallen ist. Jetzt weiß ich, was mich an diesem See gestört hat. Von ihm aus steigt weißer Nebel gen Himmel. Ich habe es erst nicht bemerkt, weil es ein wenig aussah wie eine heiße Quelle im Winter. Aber das ist nicht möglich, weil wir nicht Winter, sondern Sommer haben und dieser See definitiv kälter ist als die Umgebungstemperatur. Ich frage mich, woher dieser Nebel kommt. Wodurch wird er ausgelöst? Ich notiere mir dieses Ereignis in mein Notizbuch und vermerke, dass ich diesem Phänomen auf den Grund gehen muss. Nach meiner Mission. Jetzt heißt es erst einmal die nächstgelegene Stadt zu finden und zu erkunden.
Auf meinem Weg stieß ich plötzlich auf eine riesige Stadtmauer, dahinter eine Stadt, welche vollkommen in diesen mysteriösen weißen Nebel von vorhin eingetaucht war. Ich zog die Karte hervor und betrachtete sie eingehend. Keine Stadt vermerkt. Ungläubig sehe ich mich um. Berührte die Mauer, um mich davon zu überzeugen, dass ich keine Fata Morgana vor mir habe. Das ist definitiv eine Wand aus Stein und Lehm. Interessant. Ich würde zu gerne wissen, warum ich darüber erstens nicht informiert wurde und sie zweitens nicht auf der Karte vermerkt ist, welche ich mitbekommen habe. Da die Mauer zu hoch ist, um darüber zu klettern, entschied ich mich nach einem Eingang zu suchen. Rechts oder links? Ich blickte zu beiden Seiten. Aufgrund des Nebels konnte ich in beide Richtungen nicht weit sehen. Na schön. Dann halt einfach mal nach links.
Nach einer gefühlten Stunde habe ich endlich einen Eingang gefunden. Es war ein großes, von Ranken überwucherter Torbogen. ‚Einladend geht anders‘, dachte ich spöttisch. Ich schritt durch das Tor hindurch und befand ich mich in einem einzigen Labyrinth. Das ist keine Stadt. Das ist eine Herausforderung! Von ihm! Niemand sonst würde sich so etwas einfallen lassen. Wenn ich leben will, muss ich hier so schnell wie möglich wieder raus! Ich machte auf dem Absatz kehrt. Wollte den ersten Schritt in Richtung Torbogen setzen. Just in diesem Moment fallen die schweren Holztüren vor meiner Nase zu und ließen sich nicht mehr öffnen. Ich rüttelte daran. Ich trat dagegen. Warf mich mit aller Kraft, die ich hatte gegen dieses Tor, aber es bewegte sich keinen Millimeter. Hätte man sich ja auch denken können. Ich drehte mich um, blickte in Richtung Labyrinth. Flehend sah ich gen Himmel und bemerkte erst jetzt die flügelhafte Gestalt, die aus der Mitte dieses Irrgartens heraus Meter hoch in die Lüfte flog. Es kam in einer geraden Linie auf mich zu und blieb wenige Meter vor mir stehen.
Als es sich vor mir aufbaute, studierte ich es eingehend. Es hatte den Körper eines Menschen. Eines Hünen, um genauer zu sein. Die Zähne eines Vampirs. Aber es war keiner. Es hatte schwarze Schwingen in der Größe, wie die eines Pegasus. Es war ein grotesker Anblick. Allerdings war es mir nicht gänzlich unbekannt. Ich kannte dieses Geschöpf. Mehr oder weniger. „Hallo mein Bruderherz“, begrüßte es mich mit einem verzerrten Grinsen auf dem Gesicht. „Lange nicht gesehen Bruder. Ich habe nicht gedacht, dass du deinen Körper weiter verunstalten willst.“ – „Veränderung bedeutet Macht. Und solange ich mächtiger werde, ist mir jede Veränderung recht.“ Voller Hochmut sieht er auf mich herab. Das hat sich also auch nicht geändert. „Was sagst du eigentlich zu meiner neuesten Entdeckung? Den weißen Nebel?“, fragte er mich höhnisch, die Arme nach beiden Seiten ausgestreckt und die Flügel bis auf Anschlag ausgebreitet. Doch bevor ich ihm sagen konnte, wie egal mir seine „neue Erfindung“ ist nahm er das Wort ein weiteres Mal an sich. „Bevor du mir wieder deine Gleichgültigkeit an den Kopf wirfst, sollte ich dir vielleicht erklären, dass dieser Nebel für dich den Tod bedeuten wird. Er ist eine eigens hergestellte Mischung aus diversen Chemikalien, welche durch ihre Verbindung zu einer Substanz werden, die nach und nach deine inneren Organe schrumpfen lässt. Und das solange, bis du vor Schmerzen nur noch am Boden kriechst und entweder langsam und qualvoll stirbst oder mich um ein Gegengift anflehst.“ Er gluckste und lachte mir lauthals ins Gesicht. Ich kenne meinen Bruder. Wenn ich eines gelernt habe, dann dass er keine leeren Drohungen ausspricht. Heißt im Klartext: Ich bin am Arsch, wenn ich mir nicht schnell was einfallen lassen.