Prompt: Am Ende des Winters
Beginn: 21:15
Ende: 21:43
Draußen wird es immer kälter. Meine Freunde haben bereits die meisten ihrer Blätter verloren, doch ich halte mich im guten oberen Durchschnitt. Doch ich weiß, dass es auch bei mir nicht mehr lange dauern wird. Schnee liegt noch keiner, doch auch das wird nicht mehr lange dauern. Ich kann es tief in mir fühlen und bereite mich schon darauf vor. Und auch wenn kein Schnee fällt, muss ich meine Reserven speichern, um den langen und kalten Winter zu überleben.
Von Moment zu Moment verliere ich daher weitere Blätter und ich kann nichts dagegen machen. Aufgrund meiner reduzierten und verlangsamten Stoffwechselvorgänge verliere nun auch ich nach wenigen Tagen den letzten Rest meines Blätterkleides. Nun stehe ich kahl und nackt wie auf dem Präsentierteller und kann nichts dagegen machen.
Manchmal kommen zweibeinige Wesen vorbei und betrachten meinen nackten Stamm und meine entblößten Äste. Wenn jemand unter meine Rinde blickten könnte, würde er sehen, wie ich in solchen Momenten vor Scham erröte. Doch was soll ich denn machen? Meine Abwehrreaktionen sind eingeschränkt und ich muss meine Energie doch aufsparen für die wärmere Zeit. Denn sobald die Sonne wieder die Erde erwärmt und es wieder wohlig warm auf der Welt wird, werde auch ich meine Kräfte wieder mobilisieren. Dann hole ich alle Reserven, welche ich über die lange Zeit in meinen Wurzeln gespeichert habe und schicke sie in meine Äste. Nach und nach sind meine Knospen wieder bereit für den Austrieb und am Ende des Winters bekomme ich mein geliebtes und wunderschönes Blätterkleid wieder zurück.