Prompt: Opferlamm
!Achtung! Möglicherweise könnte es verstörend sein. Verstümmelung und Tod.
Es war ein regnerischer Tag in der Stadt Los Angeles. Die Stadt der Engel, wie man so schön sagt. Mir ist in dieser Stadt noch kein einziger Engel begegnet. Dafür aber der Teufel höchstpersönlich.
Mein Name ist Ron Marino und ich bin Detective beim LAPD, dem Los Angeles Police Department. Davor leitete ich jahrelang Außeneinsätze beim Militär. In dieser Zeit lernte ich die Psychen von vielen verschiedenen Personen, vor allem in Stresssituationen, besonders gut kennen. Ich würde mich natürlich nicht als einen Psychologen bezeichnen, denn dafür fehlt mir die benötigte Ausbildung, aber ich verstehe wie manch ein Verstand arbeitet. Und zwar der Verstand von Serienmördern und Psychopathen. Wobei ich als Psychopathen solche Menschen bezeichne, die groteske Abbildungen am Tatort hinterlassen, oder ihre Werke im Internet veröffentlichen, oder aber auch solche, die sich online dafür bezahlen lassen anderen Menschen live Körperteile abzutrennen oder Organe zu entfernen. Hier gilt es dann: Desto mehr man bietet, desto lebensbedrohlicher das Organ, welches vor der Kamera entnommen wird. Mein Partner David Caldera und ich habe bereits einige Fälle dieser besonderen Art auf den Tisch gelegt bekommen. Und wir dachten, dass wir abgehärtet genug wären. Dass uns nichts mehr erschüttern kann. Doch wir sollten an diesem Abend eines Besseren belehrt werden.
Wir saßen gerade gemeinsam in unserem Stammlokal, ein Burgerlokal nicht weit vom Police Department entfernt. Ich bestellte mir einen Bacon Burger und ein großes Weizenbier dazu. David hingegen hielt immer noch an seinem Veganerdasein fest und orderte den Vegan Burger. Dazu aber Gott sei Dank ebenfalls ein großes Weizenbier. „Ich kann es echt nicht fassen, dass du immer noch vegan bist. Ganz ehrlich, ich hätte dir keine zwei Wochen gegeben.“ Er blickte mich über die Menage auf dem Tisch hinweg an. „Tja. Hätte ich mit dir damals doch gewettet, dann wäre ich inzwischen einige hundert Dollar reicher.“ Ein breites Grinsen breitete sich über seinem Gesicht aus. Dann wurde er wieder ernst. „Nein aber ehrlich. Mir geht es seitdem gesundheitlich viel besser. Für mich war es die richtige Entscheidung und vielleicht solltest du es ja auch mal ausprobieren.“ Gerade in diesem Moment kam unsere Bestellung. Ich blickte auf meinen Bacon Burger, der mich vom Teller herauf geradezu anlacht. „Mich kriegen keine zehn Pferde weg von meinem Bacon.“ Und damit nahm ich meinen Burger und wollte gerade den ersten Bissen dieser herrlichen Erfindung nehmen, als mein Diensthandy in der Hosentasche vibrierte. Ich legte den Burger beiseite, wechselte einen Blick mit meinem Partner und ging ans Telefon. „Ja habe verstanden. David sitzt mir gerade gegenüber. Wir machen uns sofort auf den Weg. Schicken Sie mir die Adresse an mein Telefon.“
Am Tatort angekommen wunderten wir uns erst einmal über den Schauplatz. Es war eine Kirche. Wir wiesen uns aus, stellten uns vor, nannten unsere Division und wurden von unserem Kollegen Paul endlich eingelassen. „Ich warne euch lieber vor. Sowas wie da drinnen habt ihr in eurem Leben noch nicht gesehen. Seht ihr die Ecke mit dem Eimer dort drüben?“ Wir sahen in die gedeutete Ecke und nickten unverständlich. „Vier Ermittler sind in diesen Raum gegangen, einschließlich mir. Vier sind wieder herausgekommen und kotzten in diesen Eimer. Also ich hoffe, ihr habt gute Nerven.“ David und ich wechselten einen verstörten Blick. Wir hatten schon viel erlebt. Konnte es wirklich noch schlimmer werden?
Blut. So viel Blut. Uns stockte regelrecht der Atem. Noch bevor wir den grotesken Gestank in der Kirche bemerkten, hatte das Geschöpf vor dem Altartisch unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So etwas hatten wir wirklich noch nicht erlebt. Es war ein Mensch. Bis auf den Körper jedoch kaum mehr zu erkennen. Jemand hatte ihn ermordet. Die Leichenstarre abgewartet und ihn so aufgestellt, dass der Körper auf allen Vieren stand. Die Hände waren die Vorder-, die Füße die Hinterbeine. Doch das war nicht das abscheuliche an der ganzen Tat. Der Kopf dieses Menschen wurde abgetrennt. Statt dem Kopf, wurde ihm eine zurechtgebogene Eisenstange in den Stumpf eingeführt, auf welcher der Täter den noch mit Fell bedeckten Schädel eines Lammes platzierte. Und wäre das noch nicht genug, tat er das gleiche beim After des Mannes und positionierte auf die gleiche Weise den Schweif des Tieres. Doch man erkannte sofort, was es darstellen sollte. Das Zeichen des einen Psychopathen, den sie vor einigen Jahren nicht schnappen konnten. Von dem sie dachten, er wäre gestorben, oder wenigstens inaktiv geworden. Doch dem war nicht so. Die Kreatur vor uns stellte auf eine groteske und widerliche Art und Weise, aber eindeutig, ein Opferlamm dar. Ein, seit jeher, weit verbreitetes Symbol für Jesus Christus. David und ich mussten keinen Blick miteinander wechseln, um zu wissen, dass er wieder da war. Der Psychopath und Serienmörder mit dem Namen Agnus Dei.