Nachdem Lucius Pansy Parkinson ermordet hatte, verbrachte Draco den Rest der Ferien mit Harry im Fuchsbau. Noch dazu erfuhr Draco in der Winkelgasse, dass sein Vater gar nicht tot war. Niemand hatte es ihm gesagt, nicht einmal seine Mutter. Draco wusste es nur, weil er ihn in der Winkelgasse gesehen hatte. Für ihn war es schlimm und er war heilfroh, dass er Harry an seiner Seite wusste. Die restlichen Tage durfte er sogar im Fuchsbau sein und wurde beinahe normal behandelt. Natürlich verschwand er öfters mal. Aber mit Hermine und Ron spielte er sich nun so langsam ein. Molly und Arthur fanden es allerdings vorerst weniger lustig, einen Todesser im Haus zu haben.
Aber jetzt waren die Winterferien vorbei und es ging leider wieder zurück in den Schulalltag. Harry graute es schon davor und Draco gefiel es genauso wenig, da es nun wieder hieß: Abstand halten.
„Dray... du weißt, du schaffst das!"
„Ich liebe es, wenn du mich so nennst."
„Hast du zugehört?!"
„Ja. Ich kann das schaffen- ich schaffe das!"
Zufrieden nickte Harry und zog ihn an der Hand zu sich heran. Das letzte Mal für längere Zeit spürte er seinen Körper am eigenen und konnte die Nähe genießen.
Draco beugte sich leicht hinunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich, Potter!"
Automatisch verzogen sich Harrys Lippen zu einem Lächeln und als sich beide voneinander gelöst hatten, schwieg er. „Sag was...bitte", flüsterte Draco.
„Wir werden uns doch sowieso sehen."
„Aber es ist nicht dasselbe und es wird gefährlich... einmal wurden wir fast erwischt, dann bekomme ich die seltsamen Nachrichten... und ich werde immer mehr zum Todesser."
„Bis zum Ende des Schuljahres, ja. Danach bist du einfach nur Draco."
„Du hast einen Plan?"
„Natürlich. Ich habe immer einen Plan, das ist nichts Neues."
„Du bist der Beste. Sehen wir uns kurz vor Hogwarts nochmal?"
Harry nickte und strich mit seinem Daumen über Dracos Wange. „Sei stark", flüsterte er. Dann ging er.
Nachdem Draco erfahren hatte, dass sein Vater angeblich bei dem Kampf ums Leben gekommen war und das durch Bellatrix, hatte er ziemlich gebrochen gewirkt. Der starke, unberechenbare Draco war weit weg. Noch zerbrochner hatte er aber gewirkt, als er bemerkt hatte, dass sein Vater lebte und ihn niemand davon in Kenntnis gesetzt hatte. Aber Harry wusste, dass das an der Situation lag und nicht für immer war. Er konnte nicht weit sein, er war noch immer in Draco drin und musste gefunden werden. Genau aus diesem Grund hatte Harry sich für die erste Hogwartswoche etwas sehr Riskantes ausgedacht. Möglicherweise würde es gar nicht funktionieren oder sie würden auffliegen. Aber Draco würde es sicherlich helfen, da war er sich vollkommen sicher.
Bereits im Hogwarts-Express im Abteil mit seinen beiden besten Freunden fehlte Draco ihm. Er wollte für seinen Freund da sein und es fraß ihn innerlich auf, dass er es nicht sein konnte.
„Harry, du weißt, dass er es dir nicht übel nimmt? Draco weiß, dass eure Beziehung mehr als kompliziert ist."
Ein müdes Lächeln schlich sich auf Harrys Lippen. „Ich weiß, Mine. Aber trotzdem..."
„Es ist schwer, ich weiß. Ich kenn das Gefühl..."
Er verstand sofort die Andeutung und warf einen vorsichtigen Blick auf Ron, welcher es offenbar nicht verstanden hatte. Verwirrt blickte er zwischen beiden hin und her. „Kann mich einer mal aufklären?!"
„Du wirst es noch früh genug erfahren", entgegnete Harry ruhig. Dann lehnte er sich zurück und schloss seine Augen, um den Schlaf der letzten Nacht nachzuholen. Dass Ron einen Schmollmund zog, bekam er nur halb mit, sagte aber nichts dazu.
Die letzte Nacht war Harry fast nur wach gewesen, vielleicht hatte er zwei Stunden geschlafen, aber mehr nicht. Er hatte die letzten Stunden lieber mit Draco verbracht. Sie hatten geredet. Über die Zukunft, das kommende Schuljahr, das nächste Halbjahr, Krieg, Familie. Und sie hatten gekuschelt, bis einer eingeschlafen war. Harry konnte nicht einmal mehr sagen, wer als Erstes eingeschlafen war. Trotzdem hatte er diese Nacht sehr viel von Draco erfahren, so viele Sachen, auf die er niemals gekommen wäre.
„Er fehlt mir jetzt schon..."
„Ouh! Harry!", zischte Ron durch zusammengebissene Zähne.
„Ron! Lass ihn, dir hat nicht einer Vorwürfe wegen Lavender Brown gemacht, obwohl sie-"
„Obwohl sie was?!"
Rons Stimme hatte einen bedrohlichen Klang angenommen. „Wär ja noch schöner, wenn meine besten Freunde sich gegen meine Freundin stellen würden!"
„Genau das tust du gerade bei Harry...", murmelte Hermine vor sich hin. „Außerdem hörst du nie zu und läufst nicht mit offenen Augen durch die Gegend, sonst wüsstest du, was andere Menschen von dir denken!"
„Jetzt hör doch mal auf!"
Ron sprang auf und baute sich vor Hermine und Harry auf, seine Haltung wirkte angespannt, seine Hände zu Fäusten geballt.
„Harry ist schwul verdammt, das alleine ist schon ein Grund ihn zu verurteilen. Und dann auch noch mit Malfoy! Der Malfoy, der ihn immer umbringen wollte, der, der meine Familie immer beschimpft, der, der Weihnachten zerstört hat, der Todesser!"
„Sogar deine Eltern haben es akzeptiert, Fred und George, Bill... alle konnten damit umgehen, nur du ni-"
„Es reicht!", schrie Harry und sprang ebenfalls auf. „Ich habe keine Lust auf diesen Scheiß, ich verschwinde. Und Ron? Ich kann nicht glauben, dass du wirklich mein bester Freund warst oder überhaupt ein Freund! Denn ein Freund würde immer hinter einem stehen!"
Mit diesen Worten stürmte Harry aus dem Abteil und knallte die Tür hinter sich zu.
Er wusste genau, wohin er jetzt wollte oder eher zu wem. Nur gut, dass sie sich vorab einen Plan ausgedacht hatten. Harry ging zu dem Slytherinabteil und stellte sich so an die Wand, dass man ihn nicht sehen konnte. Dann streckte er seinen Arm aus und klopfte an die Glasscheibe. Es war ihr Zeichen und Draco wusste, was das bedeutete. Daher verschwand Harry danach auch wieder. Er ging ganz nach vorne, zu den Abteilungen, die immer frei blieben. Dort setzte er sich hinein und wartete. Er wartete mindestens zehn Minuten, dann zog er ein kleines Fläschchen aus dem Umhang. Der Vielsafttrank, den er sich zusammengebraut hatte, wobei er das Haar beim Einkauf in der Winkelgasse gefunden hatte. Langsam schraubte er den Verschluss auf und nahm einen großen Schluck davon.
„Ha-"
„Denk dran, hier bin ich Dean und du bist Florenzo, wir könnten belauscht werden."
„Ok...dann hi, Dean."
„Du bist so ein Idiot"; schmunzelte Harry und griff zielstrebig nach Dracos Hand, um ihn näher zu ziehen. „Ich weiß und du kannst manchmal echt nerven, Dean. Also? Was ist los?"
„Nichts..."
„Nichts?! Wir sitzen jetzt hier wegen nichts?!"
„Ich wollte dich einfach sehen, Florenzo."
Draco legte seine Hände jeweils rechts und links an Harrys Gesicht und zwang ihn damit, ihm direkt in die Augen zu schauen. „Sag es mir! Ich seh doch, dass dich was beschäftigt..."
„Ron hat ein Problem mit mir, damit, dass ich nicht auf Mädchen stehe."
„Aber eigentlich ist es doch super, dann streitet ihr euch nie wegen Mädchen."
„Du kennst ihn doch...", nuschelte Harry und ließ seinen Kopf hängen. „Du kennst ihn offenbar besser."
„Hilft nicht..."
„Muss es denn helfen? Manchmal hilft es, zu reden, danach fühlt man sich besser."
„Ich fühle mich aber nicht besser."
„Harry, du machst es einem aber auch immer schwer."
„Dean! Ich bin Dean, verdammt", erwiderte Harry augenblicklich und bedachte seinen Freund mit einem warnenden Blick. „Sorry... aber du weißt, was ich meine."
Harry nickte, dann lehnte er sich nach vorne und bettete seinen Kopf auf Dracos Schulter. „Es macht mich einfach fertig, ich weiß nicht einmal warum, schließlich hab ich dich. Aber es fühlt sich einfach falsch an. Warum kann ich nicht beides haben? Dich und meinen besten Freund?"
„Weißt du...? Ich glaube, er braucht einfach ein wenig und wir müssen uns erst aneinander gewöhnen."
„Vielleicht..."
Er spürte, wie Dracos Hand in seine blonden, kurzen Haare fuhr, was sich wirklich ungewohnt anfühlte, wenn man nicht im eigenen Körper steckte.
„Fühlst du dich jetzt besser?"
„Nein.
„Sag mir, was ich tun soll, Dean?"
Harry sah ihn an, dann rutschte sein Blick zur Schiebetür des Abteils und er rutschte schockiert von seinem Freund weg. Genau in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und ein junger Slytherin steckte seinen Kopf hinein. „Sieh an, Dean McWhyre und Florenzo Anutys sind das neue Traumpaar. Slytherin und Ravenclaw. McWhyre, du kommst sofort mit!"
„Warum?"
„Ehrenkodex Slytherin? Bestimmt schon mal gehört. Alle Häuser bis auf Slytherin sind Abschaum."
„Das ist doch dämlich...", mischte Florenzo sich ein und stieß Harry grob in die Seite.
„Wenn er es sagt, wird es wohl so sein. Ich komm ja schon, aber vorher muss ich noch wohin", erklärte Harry hilfsbereit und stand auf. Er eilte an dem Slytherin vorbei und lief in Richtung Toiletten. Blieb nur die Schwierigkeit über, so aus dem Bad zu kommen, dass es niemand bemerken würde. Das Bescheuerte war aber, dass Draco und Harry schon wieder keine richtige Zeit miteinander verbringen konnten. Sie konnten nicht einmal reden und dabei war es genau das, was Harry jetzt brauchte: jemandem zum Reden.