Wir alle sind heute ziemlich müde. Die Abschiedsparty gestern ging ziemlich lang. Jetzt ist es also vorbei. Im Moment stehen wir am Flughafen Frankfurt und warten auf das Boarding nach London. Maggie und Jess holen sich gerade einen Kaffee und mir eine Cola. Ich brauch Zucker. Und während ich auf die Beiden warte, lese ich mir im Internet die Artikel durch, die mittlerweile weltweit in den Medien sind.
Focus Feature ist überhaupt nicht begeistert und Paramount auch nicht. Aber was soll ich machen. Uns alle, einschließlich meiner Einer zieht meine Mutter durch den Dreck. Nur sie kommt natürlich gut dabei weg. Sie erzählt wie sehr sie gekämpft hat, endlich ihr geliebtes Kind wieder bei sich zu haben. Das ich nicht lache.
Wenn sie mich wirklich lieben würde, dann wäre all das nie an die Öffentlichkeit gekommen. Es sind schlimme Bilder von meinem Dad. Manche würden sie als pervers bezeichnen. In Lack und Leder mit einer Peitsche in der Hand. Ein Typ der ihm den Schwanz lutscht und er schlägt offenbar mit größter Freude zu. Bilder, wo er sich eine Linie zieht, oder völlig besoffen ist. Sie erzählt von Orgien mit vielen Personen, Frauen wie Männern und besitzt sogar die Frechheit anzudeuten, das Maggie und Peter da mitgemacht haben.
Zudem hat sie Geschichten erfunden, die angeblich in meiner Jugend passiert sind. Auch hier spricht sie wieder von Alkohol und Drogen und sie deutet an, ich würde sexsüchtig sein. Daher die zahllosen Affären. Wie sie allerdings Claire dazu gebracht hat, zu behaupten auch ich hätte einen Hang zu BDSM Spielchen, dass kann ich mir nun wirklich nicht erklären. Claire behauptet, dass sei der Grund für unsere Trennung. Trennung? Ich war nie mit ihr zusammen. Sie phantasiert.
„Mach Dir nicht zu große Sorgen.“
„Maggie, wie sollte ich nicht. Das ganze ist Rufmord. Was glaubst Du, was uns in London erwartet? Du wirst genau wie ich die Mail von Paramount schon gesehen haben. Sie haben mich für die Promotour gestrichen. Weißt Du wie das aussieht? Der Hauptdarsteller ist nicht dabei?“
Ich könnte gerade so richtig losbrüllen!
„Da kam noch eine Mail. Von Graham Norton.“
„In der Show werde ich doch nie die Chance haben zu sagen, was ich sagen will.“
„Deswegen habe ich auch schon abgesagt.“
„Danke. Aber fällt Dir noch was ein, was ich machen könnte?“
„Erst einmal sollten wir das Gespräch morgen hinter uns bringen. Dann konzentrierst Du Dich auf Deine Aufgabe bei Downton Abbey. Mit Paramount werde ich sprechen. Ich denke, von dort wird Dir kein Ärger drohen. Sicher wirst Du zu den Festivals ab September eingebunden sein.“
Ich atmete einmal tief durch.
„Manchmal frage ich mich, ob es das alles wert ist. Vielleicht sollte ich mich einfach anders orientieren und Jess die große Bühne überlassen.“
„Und an was hast Du gedacht?“ fragt mich meine Freundin, die inzwischen auf meinem Schoß sitzt und mir damit die nötige Ruhe zurück gibt.
„Keine Ahnung. Aber Locationscout finde ich interessant. Oder auch was ganz anderes. Meeresbiologie interessiert mich sehr.“
Ich sehe Maggie an, dass sie nachdenkt.
„Was hälst Du davon, wenn ich Dir und Jess ab, sagen wir Oscars nächstes Jahr, ein Jahr Luft verschaffe? Ihr könntet machen, worauf ihr Lust habt. Reisen. Sich umsehen und danach schauen wir, wo Euch dieser Weg hinbringt.“
„Du meinst, das würde gehen?“
„Du bist gerade mal 30, Jess ist 23. Ihr habt genügend Material, um zu wissen, was ihr drauf habt. Vielleicht wird es ein paar Monate dauern, aber ich bin sicher, dass ihr beide es schaffen könnt.“
„Mum, lass uns darüber nachdenken. Es wäre falsch jetzt und hier diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen.“
„Das ist klar, mein Schatz. Aber ich wollte es einfach mal ansprechen.“
4 Wochen später
Wieviele Stunden habe ich eigentlich in den letzten Monaten auf Flughäfen verbracht? Ich kann es schon gar nicht mehr zählen. Aber das ist wohl der Preis den man zahlen muss, wenn man eine Fernbeziehung führt.
Nachdem Jess am vor zwei Wochen bei mir in London war, mache ich mich nun auf den Weg nach Berlin. Ein Wochenende mit meiner Freundin. Montag muss ich dann wieder hier sein und die letzte Drehwoche hier beginnt. Danach fliege ich nach LA. Dort werde ich dann weitere zwei Wochen an Downton Abbey 3 drehen. Die Szenen spielen im New York der 30erJahre.
In den letzten Wochen habe ich sehr oft über das nachgedacht, was Maggie vorgeschlagen hat. Ein Jahr ohne jegliche Verpflichtungen. Manchmal finde ich diese Vorstellung mehr als interessant. Seit mehr als 15 Jahre, seit dem Tag, an dem ich zu meiner leiblichen Mutter kam, habe ich nie das gemacht, was ich wirklich wollte. Ja, ich weiß, dass mir hat das Modeln und auch die Schauspielerei Spaß gemacht haben, meistens jedenfalls. Aber ich erinnere mich auch daran, wie neidisch ich damals auf Alex Winter war, als er mir erzählte nach Harvard gehen zu können und dort seinem Traum nachgeht Geschichte und Politik zu studieren. Er brennt für diese Themen und ich bin sicher eines Tages wird er Senator oder vielleicht sogar der Präsident.
Ich hatte nie die Möglichkeit meinem Herz zu folgen. Mum hat mich von einem Auftrag zum nächsten gehetzt. Mir nie die Chance gegeben heraus zu finden, was ich wirklich will. Und jetzt, wo ich so glücklich bin wie nie zuvor in meinem Leben, warum stelle ich mir genau jetzt diese Frage?
Die Stimme, die uns mitteilt, dass das Boarding beginnt, holt mich aus meinen Gedanken. Ich blicke nochmal nach draußen. Das Wetter heute ist so typisch für April in London. Mal strahlender Sonnenschein, mal Regen. So wie jetzt.
Nach knapp 2 Stunden setzen wir zur Landung in Berlin an. Es ist inzwischen fast 10 Uhr am Abend. Jess wird mich abholen und ich freue mich riesig darauf sie endlich wieder zu sehen. Letztes Wochenende konnten wir uns nicht sehen, da ich drehen musste und Jess wollte nicht alleine in meinem Hotelzimmer sitzen, was ich verstehen kann. Statt dessen ist sie nach München gefahren und hat sich mit Jasha und ein paar anderen Freunden getroffen.
Das mir die Vorstellung nicht so ganz gefällt, muss ich wohl nicht betonen. Aber sie und Jasha sind Freunde. Ich habe nicht das Recht ihr das zu verbieten. Leider kann ich von mir nicht behaupten, dass ich Freunde habe, mit denen ich mich gerne treffen. Na ja außer Jamie. Wir haben uns erst vorgestern gesehen. Wir haben zusammen ein paar Runden gedreht durch den Richmond Park. Er ist gerade viel im Studio. Schneidet unseren Film. Wie er sagt, ist er super zufrieden mit dem Material, was wir ihm geliefert haben.
Millie ist zur Zeit immer an seiner Seite. Sie wird die Musik zu unserem Film machen. Derzeit ist sie auf einem wahren Höhenflug. Ihr Score für „Young Woman at the Sea“ wird für eine Oscar-Nominierung gehandelt. Jede Menge Anfragen liegen wohl auf ihrem Schreibtisch. Jamie freut sich sehr für seine Frau, aber es ist auch ein wenig komisch für ihn. Aber er wird für sie ein wenig zurückstecken und arbeitet selbst an seinem Drehbuch weiter und versucht Investoren zu finden. Das, was er mir über die Geschichte erzählt hat, hört sich sehr gut an. Er hat versprochen mich anzusprechen, wenn es konkret wird.
Da ich keinen Koffer habe, kann ich direkt aus der Maschine raus und mich auf die Suche nach meinem Mädchen machen. Ich brauche auch gar nicht lange zu suchen. Sie steht in der Mitte einer Traube von Menschen. Sie reden auf sie ein und fragen nach Autogrammen.
Irgendwie scheint sie zu spüren, dass ich mich ihr nähere, denn sie dreht sich um und strahlt mich an. Strike! Ich habe es wieder einmal geschafft. Ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Schöner könnte mein Willkommen gar nicht sein. Na ja, außer…. Aber das verschieben wir auf später.
Plötzlich schauen mich ca. 30 Augen an. Wahrscheinlich werden sie gleich merken, wer da von Jess so angestrahlt wird. Aber das gehört einfach zu unserem Job dazu. Zumindest, wenn man eine gewisse Popularität hat. Dem Wunsch nach Autogrammen gehe ich deswegen auch gerne nach. Aber dann bitte ich die Leute mich endlich meiner Freundin zuwenden zu dürfen. Hier und da höre ich, dass Fotos gemacht werden.
„Hey, Kleines!“ begrüße ich mein Mädchen und ziehe sie an mich. Automatisch suchen meine Lippen ihre und ich gebe dem Verlangen nach, sie endlich wieder zu küssen. „Endlich hab ich Dich wieder live und in Farbe. Ich hab Dich so sehr vermisst.“ gestehe ich ihr. „Ich hab Dich auch vermisst.“ Sie legt ihren Kopf auf meine Brust. Mein Gott, das fühlt sich einfach nur gut an.
„Lass uns gehen. Ich glaube wir brauchen ein bisschen Privatsphäre.“
Wieder strahlt sie und nimmt meine Hand. Gemeinsam gehen wir aus der Halle raus. Jess hat den Wagen im Parkhaus abgestellt. Nachdem ich meine kleine Reisetasche in den Kofferraum gestellt habe, ziehe ich sie wieder an mich und küsse sie nochmal. Endlich hab ich meine Droge wieder!
Im Auto sitzend schweigen wir erstmal. Irgendwann fragt sie mich: „Wie war Deine Woche?“
„Eigentlich ganz gut. Allerdings hatten wir einen kleinen Unfall. Einer der Lichtbäume ist zusammengebrochen. Zwei Mitglieder der Crew haben sich verletzt.“
„Ehh. Schlimme Verletzungen?“
„Nee. Wird alles ohne bleibende Schäden vorüber gehen. Der Schreck für uns alle war heftiger.“
An einer Ampel muss Jess stehen bleiben und ich stehle mir wieder einen Kuss.
„Und wie lief es bei Dir?“
„Anstrengend. Ich glaub ich muss Patrick mal ne klare Ansage machen. Seine Anmachsprüche gehen mir dermaßen gegen den Strich. Henry hat schon mit ihm geredet, aber ohne Erfolg. Er meint ich solle nicht so empfindlich sein, schließlich würden wir uns schon aus dem Sandkasten kennen.“
Ich gebe irgendeinen undefinierbaren Laut von mir. Damals schon mochte ich ihn nicht. Dieser aufgeblasene Kerl hielt sich schon immer für was besseres.
„Weißt Du noch, wie Du und Dakota ihn auf der Range auf dem Heuboden eingeschlossen habt?“
„Oh ja, daran erinnere ich mich. Er hat geweint, der Arme, als wir ihn im Dunkeln endlich wieder rausgelassen haben.“
Wir beide lachen. Dakota war als Kind ziemlich durchtrieben und für jeden Scherz zu haben. Meist war sie sogar der Rädelsführer. Jess war ja viel jünger als wir, aber sie war trotzdem immer dabei. Niemand hätte es gewagt, sie auszuschließen. Sie war meine Schwester. Und nun….ist sie die Frau, die ich liebe und mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte.
Es vergehen noch ein paar Minuten, bis wir endlich an Jess Wohnung angekommen sind.
„Musst Du zum Set am Wochenende?“ frage ich Jess, weil sie sowas angedeutet hat.
„Nein, wir haben die Szenen noch gestern gedreht. Henry hat sich dafür eingesetzt. Er hatte auch keinen Bock auf den Dreh. Also haben wir gestern ziemlich lange gemacht.“
Ich verlasse das Auto und warte, bis Jess neben mir steht.
„Dann bist Du jetzt sicher sehr müde.“ Ich grinse und Jess scheint mich zu verstehen. „Müde und vor allem sehr hungrig.“ Mein Lächeln wird immer breiter. „Dann werden wir jetzt schauen, wie wir ganz schnell Deinen Hunger gestillt bekommen.“
Leider ist der nette Nachbar von Jess mit im Aufzug, sonst hätte ich für nichts garantieren können. Irgendwann einmal halte ich ein solches Teil an und liebe meine Jess. Diesen Traum hab ich schon lange. Nur war nie klar, dass Jess die perfekte Mitspielerin für die Verwirklichung ist.
„Bis gerade war mir der Typ noch sympathisch.“ höre ich Jess sagen. Mal wieder scheinen wir Beide den gleichen Gedanken zu haben.
Kaum hat Jess die Wohnungstüre aufgeschlossen, halte ich es keine Sekunde mehr aus. Ich muss sie jetzt spüren. Ich platze sonst. Noch nie, wirklich noch nie habe ich so etwas gefühlt wie bei Jess. Mit jeder Faser meines Körpers begehre ich dieses Weib. Ja, Weib, ich weiß. Aber genau das ist sie. Ein Weib im besten Sinnes des Wortes. Sinnlich, warmherzig, humorvoll, emphatisch und sie gehört ganz mir.
Ein bisschen grob hab ich sie mir gepackt und wie automatisch hat sie die Beine um meine Hüften gelegt. Unsere Küsse werden immer fordernder. Meine Hände sind längst unter ihrem Shirt verschwunden. Ich liebe es ihre Haut zu spüren. Jeden Zentimeter streichle ich. Die Vorfreude steigert sich fast ins unermeßliche. Mit einem Ruck ziehe ich ihr das Shirt über den Kopf und kaum zwei Sekunden später folgt meines. Heilige Scheiße. Sie hat keinen BH an. Ihre wundervollen Brüste recken sich mir entgegen.
„Wo?“ hauche ich.
„Tisch.“ Yes. Mein Mädchen.
Kurze Zeit später scheppert es. Die Obstschale landet auf dem Fußboden. „Shit.“ meint Jess.
„Du bist so wunderschön. Ich liebe Dich so sehr.“
„Ich liebe Dich Dee. Du bist mein Leben.“
Auf jeder Oberfläche ihrer kleinen Wohnung haben wir uns in dieser Nacht geliebt. Mal hart, mal zärtlich, aber immer intensiv. Und jetzt liegen wir völlig erschöpft auf ihrem Bett und versuchen uns vom x-ten Orgasmus zu beruhigen.
„Wie machst Du das?“ ihre Stimme ist kaum zu verstehen. Obwohl sie so nah ist. Ihre kleine Hand liegt auf meinem Herzen, dass immer noch wie verrückt schlägt.
„Mache ich was?“
„Das ich dieses Gefühl habe, nichts auf dieser Welt kann mir was anhaben.“
„Ich liebe Dich.“
„Hör bitte nie damit auf.“
„Das könnte ich gar nicht. Du bist für mich die EINE. Nur Du. Jess.“