Du bist Aji.
Allyster und Arthrax haben beide die Steine bereits ergriffen, aber nicht aktiviert – Arthrax ist jedenfalls immer noch sichtbar und Allyster kann mit dem Blutjaspis ohnehin nichts tun. Die Visionen müssen sich für sie verändern. Dein Mentor scheint eher fasziniert davon, wie er das bewirken kann, denn er bewegt die Hand vor und zurück, um das auszutesten.
Arthrax dagegen hat seine Entscheidung offenbar gefällt. Er nähert sich dem Albino, bereit, die Steine auszuliefern.
Du musst etwas tun, und zwar schnell! Als du ein Stück vor schwimmst, packt der Albino allerdings sofort den Speer wachsamer. Er scheint mit einem Angriff deinerseits zu rechnen. Kein Wunder, wenn er einen Stein trägt, der ihm die Zukunft zeigt. Die Visionen mögen wandelbar sein, aber er sieht sicherlich die wahrscheinlichsten Szenarien.
Also solltest du wohl etwas völlig Unerwartetes tun. Wie beispielsweise …
Du gibst auf. Entmutigt lässt du die Schultern sinken und streifst die Kette des Ametrins ab. Fast schlagartig wird dir kälter, als wäre eine sanfte Umarmung von dir gewichen, die du vorher allerdings nicht wahrgenommen hattest. Als wäre der Ametrin traurig, dass du ihn verstoßen willst.
Als der Albino die Hand nach deinem Stein ausstreckst, hältst du die Kette allerdings fest, stößt dich mit einem Tritt von dem neben dir schwebenden Arthrax ab und schlägst deinen Ellbogen in die Kehle des Graumeerers. Den kurzen Moment, den dieser betäubt ist, nutzt du, um ihm die Kette um den Hals zu werfen, während du hinter ihn schwimmst, und dann mit aller Macht zuzuziehen.
Der Albino kommt zu sich und zappelt. Mit den großen Flossenhänden versucht er, die Kette abzuziehen. Das Lederband schabt bei eurem Kampf über seine Kiemen, den zarten, flatternden Hautlappen an der Seite seines Halses, die nun stoßweise Blut ausatmen. Strangulation unter Wasser ist eine fremdartige Sache, aber irgendwie funktioniert es.
Siwa eilt dir zu Hilfe und hält die Arme des Albinos fest, der versuchte, dir das Pikun vom Gesicht zu reißen. Dann erlahmen die Bewegungen des Fremden in deinen Armen. Du schnappst dir den Selenit. Nichts geschieht, als du den Stein berührst, aber dafür ist im Moment ohnehin keine Zeit. Du streifst den Ametrin wieder über, während Allyster und Arthrax blinzelnd aus der Trance erwachen.
„Was hast du getan?“, brüllt der Krieger. „Willst du Brenna töten?“
Du ignorierst ihn, umfasst den Ametrin und konzentrierst dich auf den Toten. Im nächsten Moment regt sich der Albino.
Siwa schreit erschrocken auf und schlägt mit dem Ende des Speers auf dessen Kopf, was natürlich nichts bewirkt.
„Lass ihn heil!“, schimpfst du ärgerlich. „Wir brauchen ihn noch.“
„W-was?“ Blass sieht Siwa dich an. „Du tust das?“
„Die Graumeerer haben nur Visionen von der Zukunft. Solange also alles aussieht, wie sie es erwarten, bemerken sie vielleicht nichts“, erklärst du und wischst etwas Blut vom Hals deiner neuen Marionette. „Und wir haben in den Visionen gesehen, wie er uns abführt, falls wir uns ergeben.“
„Hallo-o?“, fragt Arthrax wütend. „Was soll das? Habt ihr nicht zugesehen? Brenna wird sterben, wenn wir das tun!“
„Wir können sie warnen“, sagt Allyster und legt dem Krieger eine Hand auf den Arm. Dabei wirft dein Mentor allerdings einen raschen Blick zu dir. Er glaubt offenbar nicht, dass ihr dieses Schicksal noch abwenden könnt, er sagt das nur, um Arthrax zu beruhigen.
Das werdet ihr alles später sehen. Du weißt nur, dass Brennas Leben nicht ganz Kalynor wert ist. Für Arthrax vielleicht, aber nicht für dich. Natürlich werdet ihr euch bemühen, sie zu retten, aber im Moment geht es darum, den Stein zu stehlen und zu fliehen, wie es euer Auftrag ist.
Ihr seid Söldner. Gefahr ist euer Geschäft, der Tod ein ständiges Risiko. Wenn du das begriffen hast, wird Arthrax das doch wohl auch wissen!
Ihr verbergt eure Steine, den Ametrin nimmst du in die Faust. Dann folgt ihr dem Albino in einer Reihe, wie ihr es in der Vision gesehen habt. Draußen erwarten euch einige Wachen, die euch schweigend in ihre Mitte nehmen. Sie fesseln euch nicht – so langsam, wie ihr im Vergleich zu Graumeerern seid, haben sie das wohl auch nicht nötig. Sie begleiten euch in den Felsen hinein, wo ihr unauffällig zusammenschwimmt. Du siehst auffordernd zu Arthrax, der begreift. Zwar ist er immer noch wütend über eure Entscheidung, doch er weiß, dass das hintenan stehen muss. Erst einmal müsst ihr entkommen.
Nun berührt er den Ammoniten und wird unsichtbar. Ihr schwimmt zu ihm, Siwa zerrst du mir dir, während die Wachen aufschreien.
„Sie besitzen die Steine noch! Jagt sie!“
Du lenkst den toten Albino in einen Seitengang, neben dem ihr dieses Kunststück abgezogen habt. Sofort folgen ihm die Wachen. Entweder wissen sie, dass er von euch gesteuert ist und glauben, dass ihr ihn mit euch nehmt, oder sie haben die volle Wahrheit noch gar nicht erkannt. So oder so, ihr bleibt alleine auf dem Gang zurück.
„Wir müssen hier raus“, wendet sich Allyster an Siwa.
Der Graumeerer nickt wie betäubt. Er hat die Kräfte der Schöpfersteine zum ersten Mal miterlebt.
Da ihr einen Moment jedoch Ruhe habt, ziehst du den Selenit hervor und siehst ihn an. Der Stein reagiert nicht auf dich. Dabei hätte seine Macht euch hilfreich sein können. Du zuckst mit den Schultern und reichst den weißen Stein an deinen Mentor weiter.
Sobald der Selenit auf die dunkle Handfläche Allysters fällt, versteift sich der Zauberer wie in einem Krampf. Seine Augen unter der Maske verdrehen sich, sodass nur noch das Weiße zu sehen ist, und er kippt nach hinten über, während Zuckungen ihn schütteln.
„Allyster?!“
Herzlichen Glückwunsch!
Dies ist das Canon-Ende von Ajis Part.
Lies weiter bei Kapitel 30.