Ein paar Tage waren inzwischen vergangen. Für Matt und seine Freunde endlose Stunden des Wartens, des Bangens und des Hoffens, Danielle möge endlich wieder aufwachen, aber nichts tat sich. Ihr Zustand blieb unverändert.
Matt vergrub sich förmlich in Arbeit, und in jeder freien Minute war er in der Klinik zu finden, wo er oft bis in die Nacht hinein an Danielles Krankenbett saß.
Inzwischen hatte er auch mit ihren Eltern telefoniert. Natürlich waren Jill und Gordon Belling beunruhigt gewesen, aber Matt hatte sich zunächst einiger kleiner Notlügen bedient und ihnen erzählt, dass sich ihre Tochter nach einem kleinen Unfall noch einige Zeit in der Klinik ausruhen müsse, und das war ja im weitesten Sinne noch nicht einmal gelogen. Doch nun lag sie noch immer im Tiefschlaf und er begann sich zu fragen, ob es nicht besser sei, ihre Familie zu bitten, herzukommen und vielleicht auf diese Art zu versuchen, sie aus dem Koma zurückzuholen.
Dr. Mendes befürwortete die Idee, und Matt sprach mit Edward darüber.
Dieser zeigte sich äußerst großzügig.
„Schick ihnen den Privatjet hinüber nach Oklahoma, dann kann sich Mitch Capwell gleich in seinen neuen Job einarbeiten“, schlug er vor.
Etwas irritiert sah Matt seinen Geschäftspartner an.
„Bis Oklahoma sind es über 3000 Meilen, und du weißt so gut wie ich, dass er diese Strecke nicht allein fliegen darf.“
Ungehalten winkte Edward ab.
„Dann soll er sich in Gottes Namen einen Co-Piloten besorgen! Um was soll ich mich denn noch alles kümmern!“
„Na schön, ich werde sehen, was ich machen kann.“
Matt verließ das Büro und fuhr hinaus zum Flughafen, wo Mitch, seit Edward ihn eingestellt hatte, meistens zu finden war.
„Lass die Kiste nochmal gründlich durchchecken“, empfahl er. „Bis Oklahoma ist es kein Katzensprung. Vom Flughafen aus nimmst du dir einen Mietwagen und holst Danielles Eltern auf der Ranch ab. Die Adresse steht hier drin.“ Er übergab Mitch die nötigen Papiere. „Allerdings brauchst du einen Co-Piloten.“
Mitch nickte zuversichtlich.
„Kein Problem, ich werde Hank Steward fragen. Soweit ich weiß, hat er auch noch keinen neuen Job.“
„Schön.“ Matt klopfte ihm auf die Schulter. „Ruf mich bitte an, sobald du in Crawford angekommen bist.“
„Geht klar. Ich werde mich sofort um die Starterlaubnis kümmern und starte gleich morgen früh.“ Mitch strich sich mit den Fingern durch sein widerspenstiges, blondes Haar und sah seinen Freund fragend an. „Meinst du wirklich, es bringt etwas, wenn Danielles Eltern hier herkommen und sie so sehen?“
Matt hob die Schultern.
„Ich weiß es nicht. Aber wir müssen ganz einfach jede Chance nutzen, um zu erreichen, dass sie wieder aufwacht.“
*
Als Matt in die Firma zurückkehrte, telefonierte Edward in seinem Büro soeben derart ungehalten, dass seine wütende Stimme bis in die Lobby zu hören war. Matt warf Elisabeth einen fragenden Blick zu, doch die verzog nur schmerzlich das Gesicht.
„Sein Bruder, der Anwalt“, flüsterte sie. „Anscheinend gibt es schlechte Nachrichten.“
Nichts Gutes ahnend betrat Matt den Raum.
Edward schnaufte wütend.
„Dieser arrogante, inkompetente Bürokrat!“, wetterte er los. „Er will uns eins auswischen, nur deshalb tut er das. Er weiß genau, dass er sonst keine Chance gegen uns hat!“
Matt grinste.
„Wie wäre es, wenn du mir kurz erklärst, um wen oder um was es überhaupt geht?“
„James T. Baker, unser ehrenwerter Staatsanwalt hier in Sunset City gibt sich die Ehre!“ Edward sprang auf und begann, erbost im Zimmer auf und ab zu laufen. „Dieser Aasgeier nutzt seine Position schamlos aus, um uns eins reinzuwürgen! Und das Ganze nur, weil wir in der Vergangenheit ein paar Mal aneinander geraten sind, und ich ihm bei der Gelegenheit deutlich seine Grenzen gezeigt habe!“
„Also, dass Baker und du nicht gerade die besten Freunde seid, ist ja allgemein bekannt.“ stimmte Matt wissend zu. „Aber in diesem Prozess hat er doch wohl eher mit Andrew zu tun, als mit dir.“
„Ach was, dem ist doch völlig egal, mit wem von uns er zu tun hat. Er hasst alle Hamiltons.“
„Und was hat er sich diesmal Besonderes ausgedacht, dass es dich derart auf die Palme bringt?“
Edward blieb stehen und blitzte Matt wütend an.
„Er hat es tatsächlich geschafft, dass der Prozess gegen Randy Walker bereits morgen beginnt.“
„Was?“ Matt glaubte sich verhört zu haben. „Ist denn die Beweisaufnahme schon abgeschlossen?“
„Von Andrews Seite noch nicht“, erwiderte Edward erbost. „Er rief eben an und meinte, er habe bereits mit dem zuständigen Richter Rücksprache gehalten, aber Baker war anscheinend schneller und hat den Alten buchstäblich um den Finger gewickelt. Die beiden sind sich einig, dass Andrew genügend Zeit zur Verfügung gehabt hätte, um die nötigen Beweise für die Unschuld seines Mandanten zu sammeln und sich auf den Prozess gründlich vorzubereiten.“
„Und das hat er nicht“, stellte Matt beunruhigt fest.
„Natürlich nicht, und das weiß dieser Bastard von Staatsanwalt ganz genau! Er hätte ja sonst mit seiner lächerlichen Anklage gegen Walker überhaupt keine Chance.“ Edward blieb stehen und atmete tief durch. „Hör zu, ich nehme das verdammt persönlich. Ich habe dir versprochen, dass mein Bruder diesen Jungen frei bekommt, und meine Tochter verlässt sich ebenfalls auf uns. Aber Andrew hat bisher nur Carolines Zeugenaussage und bestenfalls noch die Loyalitätsaussagen von verschiedenen Leuten, mit denen Walker befreundet ist.“
„Was ist mit der Aussage, die dieser Brendon Finley gemacht hat?“, erkundigte sich Matt.
Edward winkte resigniert ab.
„Den Kerl kannst du vergessen. Das, was er ausgesagt hat, war nichtssagend und widersprüchlich, das wird Walker nichts weiterhelfen. Im Gegenteil, Andrew meint, wenn der vor Gericht so herumstottert, wie bei Cortez auf dem Revier, schadet er dem Jungen mehr, als er ihm nützt. Er hat nicht vor, ihn als Zeugen aufzurufen. Baker würde ihn im Zeugenstand mit Begeisterung zerpflücken. Ich sage dir, dieser Aasgeier möchte Randy Walker allzu gerne den Mord anhängen und ihn mit der Höchststrafe in die Todeszelle schicken. Und das alles nur, um mir eins auszuwischen, indem er Andrew wie einen kompletten Idioten dastehen lässt!“
Ratlos trat Matt ans Fenster und starrte hinaus.
„Und was jetzt?“
Edward lachte böse.
„Ich weiß zwar noch nicht, wie, aber ich werde ihm die Suppe versalzen. Notfalls müssen wir uns diesen Brendon nochmal vorknöpfen.“
„Hält der sich immer noch in der Stadt auf?“, erkundigte sich Matt scheinbar arglos und fragte sich insgeheim, ob Edward wohl inzwischen wusste, dass es sich bei dem jungen Mann um Danielle Ex-Verlobten handelte.
„Tja, da brauche ich nur meine Tochter zu fragen, immerhin waren die beiden in besagter Nacht zusammen.“
„Dann kennt Caroline ihn also ziemlich gut?“
Edward schnaufte ungehalten.
„Ich habe keine Ahnung. Früher wusste ich ganz genau, was in meiner Familie vor sich geht, aber momentan darf man nicht einmal fragen, ob sie gesund sind, ohne dass der ganze Verein gleich eine unrechtmäßige Einmischung dahinter vermutet und zu rebellieren beginnt.“
Matt musste lachen.
„Du hast es wirklich nicht leicht, mein Lieber!“ Er überlegte kurz. „Ich mache dir einen Vorschlag: ich halte in den nächsten Tagen hier im Büro die Stellung und kümmere mich um alles Geschäftliche, dann hast du etwas Spielraum, um Andrew zu helfen und ihm bei deinem „Freund“ Baker den Rücken freizuhalten, während er eine perfekte Verteidigungsstrategie für Randy ausarbeitet.“
Edward grinste breit.
„Das ist gut, wirklich gut. Ich werde bei der Gelegenheit ein paar alte Bekannte anrufen und einige kleine Gefälligkeiten einfordern.“
Matt zeigte sich unbeeindruckt.
„Ich will davon nichts wissen. Tu, was du tun musst. Inzwischen erledige ich hier alles Geschäftliche.“
Edward klopfte ihm wohlwollend auf die Schulter.
„Danke mein Freund. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann.“
Matt nickte.
„Allerdings.“ Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um, bevor er den Raum verließ. „Edward? Andrew muss es schaffen, Randy freizubekommen. Wir wissen alle nur zu gut, dass er nicht getan hat, wofür sie ihn anklagen.“
*
Suki machte große Augen.
„Du fliegst nach Oklahoma? Das ist aber... ziemlich weit entfernt.“
Mitch grinste.
„Ist das ein Problem für dich?“
Sie drehte sich schnell weg und beschäftigte sich intensiv weiter mit dem Salat, den sie gerade zum Abendessen zubereitete.
„Nein. Überhaupt nicht. Wieso sollte es?“
„Okay.“ Er trat unbemerkt näher an sie heran. „Dann ist es ja auch nicht weiter schlimm, wenn ich für zwei oder drei Wochen dortbleibe.“
„Waaas?“ Sie fuhr herum, musste aber erschrocken feststellen, dass er inzwischen unmittelbar vor ihr stand. Seine blauen Augen musterten sie amüsiert.
„Reingefallen, Shugar“, lachte er schelmisch. „Ich bleibe nur einen Tag. Oder besser gesagt, eine Nacht. Kommst du solange ohne mich aus?“
Verlegen und wütend zugleich versetzte Suki ihm einen kräftigen Stoß gegen seine Brust, so dass er zwei Schritte zurücktaumelte. Schnell verließ sie den „Gefahrenbereich“ und begann etwas hektisch damit den Tisch zu decken.
„Du bist unmöglich, Mitch Capwell“, beschwerte sie sich in missbilligendem Tonfall.
„Ich weiß“, stimmte er scheinbar reumütig zu. „Aber das passiert mir eigenartigerweise immer nur in deiner Nähe.“
„Dann sollten wir uns vielleicht besser in Zukunft aus dem Weg gehen“, konterte sie, aber ihr Blick verriet ihm, dass dies alles andere als ernst gemeint war. Spontan legte er seine Arme um ihre schmale Taille, drehte sie erneut zu sich herum und zwang sie auf diese Art, ihn anzusehen. Ohne auf ihren Widerstand zu achten, meinte er:
„Weißt du, Suki, solche ernsten Themen sollte man wirklich nicht in der Küche zwischen irgendwelchen Salatbeilagen bereden.“
Sie zog die Augenbrauen in die Höhe und gab es endlich auf, sich aus seiner Umarmung befreien zu wollen. Sie waren einander ohnehin schon viel zu nah…
„Und wo sollten wir sonst reden?“, fragte sie etwas atemlos.
Mitch zwinkerte ihr zu.
„Das Abendessen läuft nicht weg. Komm mit!“ Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich fort, die Treppe hinauf.
„Wo... wo willst du denn hin?“ rief sie verunsichert.
„In mein Schlafzimmer“, erwiderte er, als sei dies die natürlichste Sache der Welt.
„Waaas?“ Nun brachte er sie schon zum zweiten Mal in kürzester Zeit aus der Fassung. Vor seiner Zimmertür blieb sie wie angewurzelt stehen.
„Mitch, das ist…“
„Meine Güte!“ Er verdrehte die Augen. „Das du aber auch immer alles falsch verstehen musst. Los, komm mit, es ist nicht so, wie du denkst.“
„Woher weiß er, was ich denke“, murmelte Suki irritiert und folgte ihm misstrauisch. Sie durchquerten sein Zimmer und traten hinaus auf den kleinen Balkon.
„Voilà Mademoiselle!“
Mit weit ausholender Armbewegung wies Mitch hinaus auf das Meer, in dessen Wellen sich die untergehende Sonne in den schönsten Farben spiegelte und den Horizont in ein leuchtendes Gemälde verwandelte, wie es kein Maler schöner hätte darstellen können.
Fasziniert blickte Suki auf dieses einzigartige Schauspiel der Natur, und es störte sie in diesem Augenblick überhaupt nicht, dass Mitch dabei seinen Arm sanft um ihre Schultern legte. So standen sie eine Weile und ließen diesen herrlichen Sonnenuntergang einfach auf sich wirken.
„Das ist so wundervoll romantisch“, seufzte Suki und lächelte etwas wehmütig. „Diese Sonnenuntergänge hier erinnern mich an zu Hause. Vom Dachboden unseres Hauses aus konnte ich durch ein winziges Fenster frühmorgens die Sonne aufgehen sehen. Ich bin als Kind so oft hinaufgeklettert und habe mir dieses Naturschauspiel angesehen. Einmal habe ich sogar heimlich dort oben geschlafen, damit ich den Sonnenaufgang nicht verpasse“, erinnerte sie sich lächelnd. „Die Zeit, wenn der neue Tag erwachte und die aufgehende Sonne den Himmel in diesen romantischen Farben erstrahlen ließ, war für mich die schönste Zeit des Tages. Ich habe mir dann immer vorgestellt, ich müsste nur loslaufen bis hin zum Horizont, und dort, hinter all dieser Farbenpracht, dort würde ich alle meine Märchenfiguren aus tausendundeiner Nacht finden.“
Mitch betrachtete sie aufmerksam von der Seite, während sie erzählte. Er wusste bisher so wenig von ihr, und jetzt, in diesem besonderen Moment, war es fast so, als würde sie ihm ein winziges Stück ihrer Seele öffnen, nur ein klein wenig, aber immerhin…
„Weißt du was?“, holte er sie mit leiser Stimme behutsam aus ihren Gedanken. „Wenn Danielle wieder hier ist, dann fahren wir zusammen mit dem Boot hinaus zum Horizont, einfach der Sonne entgegen, bis sie langsam untergeht.“
Sie sah ihn an und nickte versonnen.
„Das wäre schön.“
Schweigend standen sie da und sahen zu, wie sich das gleißende Licht der Sonne unaufhaltsam in einen glühenden Feuerball verwandelte, wie der Tag sich seinem Ende neigte und sich unaufhaltsam an die hereinbrechende Nacht verlor.
„Ich vermisse Danielle sehr. Du doch sicher auch, oder?“, fragte Suki irgendwann leise.
Mitch starrte nachdenklich aufs Meer hinaus.
„Wir vermissen sie alle. Vor allem Matt. Er wirkt so verloren, so unglücklich... Wenn ich mir vorstelle, dass...“
„Schsch“ Suki drehte sich zu ihm um und legte einen Finger auf seinen Mund. Er verharrte und musterte sie fasziniert. Sie sah ihn lächelnd an, und die untergehende Sonne spiegelte sich in ihren geheimnisvollen dunklen Mandelaugen.
Er hob die Hand und strich sacht mit den Fingerspitzen über ihre Wange. Diesmal wandte sie die Augen nicht ab, sondern erwiderte seinen Blick und ganz plötzlich wurde ihm klar, dass sie genauso fühlte wie er.
„Warte eine Sekunde“, sagte er sanft, ließ sie los und verschwand im Zimmer. Bevor sie sich versah, war er wieder zurück.
„Schließ die Augen“, sagte er lächelnd.
Irritiert zog sie die Stirn in Falten.
„Was hast du vor, Mitch?“
„Vertrau mir. Schließ die Augen!“
Immer noch etwas zögernd tat Suki schließlich, was er verlangte. Unsicher verharrte sie, als sie spürte, wie er sie leicht im Nacken berührte.
„Jetzt darfst du wieder schauen.“
Suki sah erstaunt, dass es ein zartes, goldenes Kettchen war, das er ihr um den Hals gelegt hatte. Daran war ein Anhänger, nicht viel größer als ein Vierteldollar und von strahlend blauem, in zartem Gold eingefasstem Glas, in dessen Mitte ein winziger schwarzer Punkt zu erkennen war.
„Mitch“, flüsterte sie erstaunt. „Was ist das?“
„Der Anhänger ist ein Glücksbringer“, erklärte er. „Meine Mutter arbeitet als Fotografin und hat ihn mir von einer ihrer Auslandsreisen mitgebracht. Die Menschen in diesem Land glauben, wenn sie solch einen Anhänger tragen, beschützt er sie vor allen Gefahren.“ Er strich vorsichtig darüber. „Ich möchte, dass du ihn trägst.“
Suki lächelte gerührt.
„Er ist irgendwie fremdartig, aber wunderschön.“
´Genau wie du´, dachte Mitch und lächelte zurück.
Sie sahen einander an und während die untergehende Sonne ihre Gesichter in ihr geheimnisvolles, zauberhaftes Licht hüllte, fanden sich ihre Lippen zu einem langen, sehnsüchtigen Kuss.
*
Caroline stand am Fenster und starrte gedankenverloren hinaus. Der geheimnisvolle Telefonanruf vor ein paar Tagen in Brendons Hotelzimmer ging ihr einfach nicht aus dem Sinn. Sie hatte noch lange, nachdem der unbekannte Anrufer aufgelegt hatte, dagestanden und fassungslos den Hörer angestarrt. Die Worte, so drohend und voller Hass, hallten in ihrem Kopf nach und verursachten ihr nachhaltig eine Gänsehaut. Wer war das gewesen, und vor allem, was hatte er gewollt? Was konnte Brendon Schlimmes getan haben, dass dieser Unbekannte solche Drohungen gegen ihn aussprach?
„DU ELENDER VERRÄTER...“
Wen hatte Brendon verraten? Die Stimme des Mannes hatte wütend und gefährlich ernst geklungen, das war kein Spaß gewesen, und Caroline hatte, während er sprach, das Gefühl gehabt, als ob ein eiskalter Hauch ihren Nacken streifte.
„DAFÜR WIRST DU BITTER BEZAHLEN, PARTNER...“
Partner? Wessen Partner?
Caroline schüttelte verständnislos den Kopf.
„WIR RECHNEN NOCH MITEINANDER AB...“
Sie hatte Brendon seit jenem Morgen nicht wieder gesehen und sie wollte ihm auch nicht hinterherlaufen, also hatte sie sich verbissen auf ihre Studienaufgaben gestürzt, aber sie musste bald erkennen, dass dies nichts an ihrem Problem änderte.
„Ich muss Brendon finden und ihm von dem Anruf erzählen“, beschloss Caroline. „Bevor ihm irgendetwas Schreckliches passiert.“
*
Bobby Hughes saß in seinem schäbigen Sessel, die Beine auf dem Tisch, schlürfte einen Kaffee und grinste böse vor sich hin.
Brendon Finley...
Dieses dämliche Land-Ei aus Oklahoma, er würde zittern nach seinem Anruf, und er hatte allen Grund dazu, denn er würde ihn lehren, dass man seine Kumpane niemals verriet! Das war ein ungeschriebenes Gesetz, und der Versager hatte dagegen verstoßen, hatte feige gesungen wie ein Vögelchen im ersten Morgengrauen. Das war doch wirklich das Letzte! Natürlich hatten ihn die Bullen sofort befragt, nachdem Edward Hamiltons zickiges Töchterlein ihr loses Mundwerk nicht halten konnte und ihnen seinen Namen nannte, den sie angeblich in dem Gespräch zwischen Ramon und Scotti gehört hatte.
Aber Bobby war mit allen Wassern gewaschen und hatte sich natürlich ein Alibi verschafft, das sie ihm, zumindest für den Augenblick, glauben mussten.
Er kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.
Wieso hatte Brendon geredet? Okay, der Junge war ziemlich naiv, aber doch nicht so sehr, dass er Bobbys Warnung nicht ernstgenommen haben könnte.
Es sei denn, jemand hatte ihn dafür bezahlt!
Aber wenn das wirklich der Fall war, dann wollte er einen fürstlichen Anteil, das war gewiss, ansonsten...
Während Bobby noch darüber nachdachte, auf welche Art er mit Brendon abrechnen würde, begann sein Handy zu klingeln.
„Ein R- Gespräch aus Übersee“, informierte ihn die unverbindliche Stimme des Operators in der Leitung. „Übernehmen Sie die Kosten, Sir?“
„Ja, verbinden Sie“, knurrte Bobby unfreundlich und trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte. Das konnte nur Wes Parker aus Tokio sein. Nun ließ ihn dieser Bastard auch noch seine Telefonate bezahlen!
Als er nach ein paar Sekunden die Stimme von seinem Boss vernahm, gab er sich jedoch gespielt freundlich.
„Hallo Wes, wie geht’s Ihnen? Wie laufen die Geschäfte?“ Er lauschte aufmerksam, und seine Miene verfinsterte sich zusehends.
„Verdammt, Wes“, brachte er schließlich zwischen den Zähnen hervor. „Das kann ich unmöglich allein durchziehen! Ich brauche mindestens zwei Leute an meiner Seite, und Sie wissen ja, Ramon und Scotti sind untergetaucht... Nein, ich kenne auch niemanden, der vertrauenswürdig genug wäre... Außerdem ist es viel zu riskant...“ Wes schien ihn ungeduldig zu unterbrechen, denn Bobby rollte genervt mit den Augen. „Vielleicht sollten wir noch warten...“ Er hielt das Handy ein Stück vom Ohr weg, um dem darauffolgenden, wütenden Gebrüll zu entgehen. „Nein, ich will den Preis nicht in die Höhe treiben, Wes... Meinetwegen, aber auf Ihre Verantwortung!“ Er atmete tief durch. „Wann? Morgen Abend... Ja, verdammt, ich tue, was ich kann...“
Als er auflegte, war seine Laune gänzlich dahin. Er hatte kein gutes Gefühl bei diesem Auftrag, nein, wirklich nicht!
*
Seit Tagen hatte Anni darauf gewartet, dass Alex noch einmal bei ihr auftauchen und sich vielleicht sogar für sein reichlich merkwürdiges Benehmen an jenem Morgen entschuldigen würde, aber nichts dergleichen geschah. Er ließ sich nicht blicken.
Sie humpelte auf die Veranda und blickte neugierig über die Brüstung zum angrenzenden Nachbarhaus. Matt war auch noch nicht heimgekommen, drüben war alles still.
Schließlich hielt es Anni nicht mehr in dem leeren Haus aus. Sie rief sich ein Taxi und fuhr zum Medical Center. Dort erfragte sie bei der Schwester das Krankenzimmer von Danielle Belling.
Sie zögerte einen Moment, doch dann klopfte sie leise an und trat ein.
Danielle lag in ihrem Bett, und Anni musste sich widerwillig eingestehen, dass die junge Frau selbst nach einer Woche Koma noch immer diese Natürlichkeit und Anmut besaß, um die sie sie von Anfang an glühend beneidet hatte.
Matt saß an ihrem Bett, hatte den Kopf auf seinen Arm gelegt und schlief.
Sie trat vorsichtig näher und betrachtete sein schlafendes Gesicht. Er wirkte erschöpft und übernächtigt, und Anni verspürte plötzlich tiefes Mitleid mit dem Mann, mit dem sie seit Jahren eine Freundschaft verband, die sie sehr schätzte, obwohl ihre einseitige, unerfüllte Liebe zu ihm sie oftmals schmerzte. Einem ersten Impuls folgend hob sie den Arm und wollte ihm übers Haar streichen, doch als sie sah, dass er sogar im Schlaf noch liebevoll Danielles Hand in seiner hielt, zuckte sie zurück und nickte resigniert. Ein bitterer Zug umspielte ihre vollen, roten Lippen.
´Er wird dir niemals gehören, Anni´, hörte sie in Gedanken die Stimme ihrer Tante Cloe, und auch wenn sie das niemals zugeben würde, so wusste sie doch insgeheim, dass die Schwester ihres Vaters mit ihren Prognosen meistens richtiglag.
Seitdem Cloe wie schon so oft mit unbekanntem Ziel in irgendeinen vielversprechenden, romantischen Liebesurlaub verreist war, fühlte sich Anni noch verlassener als sonst. Sie vermisste die unkomplizierte, lockere Art ihrer Tante, deren schier unerschütterliche Lebensfreude und Energie. Obwohl sich Cloe oftmals wie ein Wirbelwind durchs Haus bewegte und alle nervte, die mit ihr zu tun hatten, war sie für Anni dennoch eine Art Mutterersatz und eine Freundin zugleich, die mit den Launen ihrer Nichte wunderbar umzugehen wusste.
Anni trat zurück und nickte gedankenverloren.
„Cloe hat recht, du wirst mir nie gehören, Matt“, murmelte sie. Erstaunt stellte sie fest, dass ihr diese Erkenntnis bei weitem nicht mehr so weh tat wie früher. Seit einiger Zeit gelang es ihr sogar, ihn hin und wieder für ein paar Stunden aus ihrem Kopf zu verbannen. Ihre Gedanken kreisten nicht mehr ständig nur um ihn. Manchmal vergaß sie ihn sogar ganz. Das waren die Momente, in denen sie mit Alex zusammen war.
Alex...
Anni seufzte kaum hörbar. Um nichts in der Welt würde sie zugeben, dass er ihr fehlte, nur, weil sie ihn mal ein paar Tage nicht gesehen hatte. Nein, wieso sollte sie diesen anmaßenden, frechen Kerl, der ständig das letzte Wort haben musste und sie überhaupt nicht ernst zu nehmen schien, vermissen? Das fehlte noch!
Na gut, sie würde ihn ja ertragen, wenn er ihr ab und zu unbedingt helfen wollte, und wenn er sie vielleicht noch einmal so küssen würde wie neulich…
Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Stöhnen, als sie sich vorsichtig erhob, um sich leise zurückzuziehen.
Sie war fast an der Tür, als Matt aufschreckte.
„Anni?“, fragte er überrascht und blinzelte gegen das Licht. „Was tust du hier?“
Verlegen nestelte sie an ihrer winzigen Umhängetasche herum.
„Ich... Ich wollte nur mal nachsehen, wie es dir geht. Und Danielle natürlich!“
„Natürlich.“ Wider willens musste er grinsen. „Ihr beide steht euch ja auch besonders nah.“
„Du tust mir unrecht“, schmollte Anni. „Selbst, wenn ich Danielle nicht besonders gut leiden kann, tut es mir trotzdem leid, was ihr passiert ist.“
Sie drehte sich um und wollte gehen.
„Schon gut, Anni. Warte, ich begleite dich“, meinte Matt versöhnlich und erhob sich. Er strich Danielle zärtlich übers Haar und küsste sie auf die Stirn. „Bis morgen früh, mein Liebling.“
„Glaubst du, sie kann dich hören?“, fragte Anni ungläubig.
Er nickte.
„Ich hoffe es.“
*
Danielle träumte von Wasser, viel Wasser, unendlich viel... Es hüllte sie ein wie ein unsichtbares Tuch und gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Sie ließ sich darin treiben, mal hinauf zum Licht, dann hinab in die Tiefe, aber sie berührte weder den Meeresgrund, noch gelang es ihr, bis an die Oberfläche vorzudringen, sie bewegte sich schwerelos irgendwo dazwischen. So, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie zur Sonne wollte oder zurück ins Dunkel, wo sie keiner finden konnte.
Manchmal hörte sie leise Stimmen, aber um sie herum war niemand da, nur die sanften Wellen, die sie mit sich trugen, sie streichelten und wiegten und wie blaugraue Nebel schützend einhüllten.
Sie fühlte sich seltsam wach und gleichzeitig wie in einem Traum gefangen, und wenn die Stimmen im Nirgendwo verebbten, war alles unheimlich still. Manchmal schien der Nebel sich in gleißendes Licht zu verwandeln, das sie blendete und sich dann allmählich wieder verdunkelte, als wolle es sie vor unbekannten Gefahren beschützen.
Und manchmal sah sie im Geist sein Gesicht... Aber sie konnte es nicht erreichen, so sehr sie sich auch bemühte, sie schwamm wie gegen einen Strom, und irgendwann erlahmten ihre Kräfte und sie ließ sich willenlos zurücktreiben...
*
Alex ging am Strand entlang, die Hände tief in die Hosentaschen vergraben. Er genoss den warmen Wind auf seinem Gesicht und blinzelte gegen die untergehende Sonne, die langsam am endlosen Horizont im Meer versank und den Himmel um sich herum tiefrot färbte.
Rot wie Annis Haar...
Alex blieb stehen und schüttelte über sich selbst den Kopf.
Anni, immer wieder Anni, sie verfolgte ihn bis in seine Träume, und es gelang ihm einfach nicht, sich abzulenken und ihr Bild aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Trotzdem war er, was sie betraf, mit seinem Latein am Ende. Sie war eine ungewöhnliche Frau, kompliziert und zugleich so durchschaubar. Einerseits benahm sie sich wie ein verzogenes Kind, im nächsten Augenblick gab sie sich sinnlich und so sexy, dass sie ihm glatt den Atem nahm. Er war sicher gewesen, dass er sie durch seine provokante Art mit ihren eigenen Waffen schlagen und ihr auf diese Art näherkommen könnte, und zeitweise hatte er sogar das Gefühl gehabt, dass sie tatsächlich etwas für ihn empfand. Nicht einmal die Gerüchte, dass sie seit ewigen Zeiten unsterblich in Matt Shelton verliebt sei, hatten ihn vom Gegenteil überzeugen können. Die Leute redeten viel, wenn der Tag lang war.
Aber seitdem er sie dann an jenem Morgen mit Matt zusammen gesehen hatte, so innig, so vertraut, da bezweifelte er, dass er gegen diese heimliche Liebe eine Chance hatte.
Was ihn verwunderte, war die Tatsache, dass sich die beiden nicht zu ihren Gefühlen bekannten, sondern sich anscheinend heimlich trafen. Wollte Matt sie am Ende nur als seine Gespielin, weil er sich nicht entscheiden konnte? Nutzte er ihre Schwärmerei für ihn derart rücksichtslos aus?
Wenn das so war, dann hatte er Matt Shelton wirklich völlig falsch eingeschätzt.
Und ihm tat dieses Mädchen leid, Matts Freundin. Sicher hatte sie, genauso wie er selbst bis vor kurzem, keine Ahnung von dem Ganzen gehabt. Und nun lag sie seit ihrer Entführung in der Klinik und wachte nicht auf.
Alex bückte sich, als er etwas Glänzendes, Blaues zu seinen Füßen im Sand entdeckte - Strandglas! Angeblich sollte es Glück bringen.
Normalerweise glaubte er nicht an solche Sachen, aber einem Gefühl folgend stecke er die kleine Scherbe in seine Hosentasche und überlegte einen Augenblick.
´Vielleicht sollte ich allen Gerüchten und Verdächtigungen zum Trotz zu ihr gehen und ihr einfach sagen, dass ich sie mag´, dachte er kurzentschlossen und schlug den Weg zu Annis Strandhaus ein.
Je näher er dem Haus kam, desto überzeugter war er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Seine Arbeit hier in Sunset City würde bald beendet sein, und dann? Er musste herausfinden, wie sie beide zueinander standen. Hier und jetzt wollte er Gewissheit.
Als er gut gelaunt um die Ecke bog, sah er Matt, wie er eben sein Haus betrat, und die Frau neben ihm... Anni!
Alex blieb abrupt stehen und starrte auf die Tür, die sich hinter den beiden geschlossen hatte.
Also doch!
Alle guten Vorsätze waren plötzlich wieder dahin.
Er spürte das Strandglas in seiner Hand und holte es aus der Hosentasche. Mit einer resignierten Bewegung warf er es weg, drehte sich um und ging davon.
*
„Soll ich dir etwas zu essen bestellen?“, fragte Anni und öffnete weit die Verandatür, so dass frische klare Abendluft hereinströmte.
Matt schüttelte den Kopf.
„Danke Anni, ich habe keinen Hunger. Ich will nur noch duschen und dann schlafen. Sei mir nicht böse, aber ich bin wirklich nicht in der Stimmung für Gesellschaft.“
„Schon gut“, erwiderte Anni und nickte. „Ich verschwinde.“
Sie ging zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um. „Ob es dir jetzt passt oder nicht, Matt, morgen sehe ich wieder nach dir, und dann werde ich dafür sorgen, dass du etwas isst! Danielle würde bestimmt nicht wollen, dass du ihretwegen so leidest.“
Matt lächelte.
„Schon gut, Anni, ich werde daran denken. Mach dir keine Sorgen.“
Er wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, dann goss er sich einen Drink ein. Den brauchte er jetzt, denn die schwerste Aufgabe stand ihm noch bevor.
Lange starrte er das Telefon an, bis er sich schließlich überwand und die Nummer der Belling-Farm in Crawford/Oklahoma wählte.
Bevor Mitch dort ankam, um Jill und Gordon abzuholen, mussten Danielles Eltern endlich genau wissen, was sie erwartete.
*
„Na, fühlst du dich gut?“, fragte Mitch am nächsten Morgen nach dem Start von dem kleinen Sunset City Privat Airport seinen Copiloten.
Hank Steward lachte.
„Aber klar doch! Ich bin zwar gewöhnt, in einem etwas größeren Vogel zu sitzen, aber was soll`s, das Gefühl ist das Gleiche. War eine gute Idee, mich anzurufen, damit ich dich begleite. Jetzt weiß ich, was mir die letzten Wochen gefehlt hat.“
Mitch nickte.
„Ja, ich hab das Fliegen auch vermisst. Das hier ist zwar nur eine kleine Maschine, aber im Grunde fliegt sie nach dem gleichen Prinzip. Wenigstens habe ich wieder einen Job.“
„Fliegst du jeden Tag mit der Kiste herum?“, fragte Hank etwas skeptisch.
„Nein, nur wenn mein Boss oder sein Partner zu irgendwelchen geschäftlichen Treffen reisen. Ansonsten braucht er mich für alles Mögliche, Security, Wartungsarbeiten, Chauffeur-Dienste...“
„Genauer gesagt, du bist sein „Angestellter“ für alles“, grinste Hank.
Mitch nickte.
„So sieht es aus, mein Freund. Und was ist mit dir? Noch kein neuer Job in Sicht?“
Hank seufzte.
„Bisher leider Fehlanzeige. Aber ich arbeite daran.“
Da sie der Zeit entgegen geflogen waren, kamen Mitch und Hank bereits gegen Mittag auf dem Mignon Laird Municipal Airport von Cheyenne südlich von Danielles Heimatstadt Crawford an.
Nach einem kleinen Snack in dem Bistro am Flughafen nahmen sie sich einen Mietwagen und fuhren los. Zunächst ging die Fahrt eine Weile durch das Städtchen Cheyenne, wo auf gut ausgebauten Straßen noch ein einigermaßen reges Treiben herrschte.
Doch je weiter sie die Stadt hinter sich ließen, desto ruhiger und einsamer wurde es.
Bis Crawford waren es etwa 150 Meilen in nördliche Richtung.
Sie verließen die Interstate und fuhren über staubige Landstraßen, vorbei an endlosen Getreidefeldern, Pferdekoppeln und kleinen verträumten Dörfern.
„Das ist ja Natur pur“, stöhnte Mitch und drehte das Radio lauter, als fürchte er sich vor dieser ungewohnten Einöde. „Ob die wohl hier schon elektrisches Licht haben?“
*
Crawford/Oklahoma
Als die beiden Männer die Ranch der Belling kurz vor der Kleinstadt Crawford endlich erreichten, war es bereits später Nachmittag.
Sie stiegen aus und sahen sich um.
Das weiß verputzte, etwas verwinkelt wirkende Haus älteren Stils schimmerte ihnen zwischen den hohen Bäumen entgegen und strahlte ländliche Gemütlichkeit aus.
Die riesige Rasenfläche davor schien frisch gemäht, und sorgfältig angelegte Blumenbeete hinter einem niedrigen, weißen Zaun säumten den Vorgarten ein. Alles sah sehr gepflegt aus, sogar der große, sonnengelb angestrichene Schuppen, hinter dem sich ein lang gezogenes helles Gebäude befand. Mitch vermutete, dass sich darin die Stallungen befanden.
Entschlossen ging er gemeinsam mit Hank auf das Haupthaus zu und klopfte an.
„Hallo, jemand zu Hause?“, rief er laut, doch nichts rührte sich.
Hank hob fragend die Schultern.
„Vielleicht sind sie gar nicht da.“
„Matt wollte sie kurz vorher angerufen. Daher müssten sie eigentlich wissen, dass wir kommen“, erwiderte Mitch und klopfte abermals, diesmal lauter.
Nichts...
„Warte einen Augenblick hier“, wandte er sich schließlich an Hank. „Ich werde mal nachsehen, ob es einen zweiten Eingang gibt.“
Er ging um das Haus herum. Nach ein paar Schritten fand er tatsächlich eine Tür, die zu seiner Überraschung sperrangelweit offen stand und in eine geräumige Küche führte.
Neugierig lugte er hinein.
„Hallo, Mister Belling, Misses Belling, ist jemand daheim?“
Als wiederum keine Antwort kam, hob er ratlos die Schultern und wollte bereits den Rückzug antreten, da hörte er plötzlich hinter sich ein Geräusch.
„Sie haben zehn Sekunden, um mir zu erklären, weshalb Sie hier herumschleichen, Mister!“
Er wirbelte erschrocken herum und blickte direkt in die Mündung einer sehr funktionstüchtig aussehenden doppelläufigen Schrotflinte...