Die Lichtgestalt „Dumbledore“
Als ich am frühen Morgen in den Turm floh, um vor Harry fertig zu werden, ging mir diese wunderschöne und mal wieder viel zu kurze Nacht im Kopf herum. Ich hatte mich an meinen Plan gehalten und Draco nichts von Minna erzählt und so nahmen die Pläne immer konkretere Formen an. Heute würden die Ferien beginnen und fast alle Fünftklässler würden im Schloss bleiben, um sich auf die ZAG-Prüfungen vorzubereiten und sich zu überlegen, was sie bei den Berufsberatungsgesprächen sagen wollten.
Ich könnte McGonagall und selbst Umbridge einen Schock fürs Leben verpassen, wenn ich als Berufswunsch Lügnerin, Diebin, Spionin, Mörderin und Schwarzmagierin aufzeigen würde. Das wäre doch viel einfallsreicher als Aurorin, oder? Dies kam aber nicht in Frage, dann müsste ich mich ja selbst nach Askaban überstellen, soweit kam es noch!
Ach, das wäre zu herrlich, ich war gerade so zynisch, da ich mich echt nicht ernsthaft mit der Zukunft von in zwei Jahren auseinandersetzen konnte, vielleicht lebte ich da gar nicht mehr. Ich meine, bei meinem Lebensstil und dem mich begleitenden Glück, war die Aussicht jetzt nicht wirklich rosig.
Zog man dann auch noch in Betracht, dass ich zwischen drei narzisstischen Slytherins stand, die alle auch noch die Ehre hatten, sich früher oder später DeathEater zu schimpfen, dann sah die zu erwartende Zukunft sehr fragwürdig aus. Warum sollte ich dann jetzt darüber rätseln und fabulieren was ich werden wollte?
Harry war immer noch sehr ruhig und wortkarg, ihn schienen die Gedanken an das Vergangene noch zu fesseln und so hoffte ich, dass er in den Ferien genügend Zeit und Ruhe finden würde, sich über seine Gefühle klar zu werden und dann bereit dafür zu sein, Entscheidungen zu treffen.
Als beim Abendessen wieder einmal die Halle verstummte und alles zum Eingang starrte und juhujuhujuhu, ich war diesmal nicht involviert, sondern… tamtamtam… Marietta, die Verräterin Edgecombe hatte ihren großen Auftritt.
Sie hatte früher gleichlanges, schulterlanges, dunkelblondes Haar getragen, nicht weiter auffällig, nun trug sie Pony, sehr erheiternd, wie ich fand, nur leider war der darunterliegende Schriftzug so auffällig, dass der ganze Pony nichts half. Die tiefe und großflächige Narbe zog sich über die ganze Stirn und war mit hässlichen Pickeln übersät. Und die Mädchen tuschelten besonders aufgeregt über Marietta, die ja zusätzlich zur äußeren Brandmarkung auch nichts sagen konnte und ich muss sagen, mir ging es so was von am Allerwertesten vorbei, dass sie nun mit Tränen in den Augen durch die Gegend sah. Selbst schuld, meine Liebe, alles hatte seinen Preis!
An ihrer Seite war Cho und sie stützte besorgt die sich so schwächlich zeigende Petze und blickte böse und aufgebracht in die Runde der tuschelnden und lästernden Schüler.
Ich konnte Ron deutlich hören, der „Oh, Merlin, die sieht ja schrecklich aus! Das ist ja voll hässlich…“, mit so viel Takt und so laut heraus posaunte, dass es von den Wänden fast wie ein Echo widerhallte, was Marietta nun zum krampfartigen Heulen veranlasste und Cho ihn bitterböse anfunkeln ließ. Draco stieß mal wieder dieses herrlich vernichtende Lachen aus, das so trocken und gemein war, nur diesmal war ich mir nicht sicher, ob er nicht mit Ron übereinstimmte und nicht zwecks Rons fehlenden Feingefühls lachte.
„Tja, das kann passieren, wenn man nicht den Mund hält!“, zischte ich leise, da die beiden Mädchen aber gerade auf unserer Höhe waren, schauten sie mich böse an und ich schenkte den beiden den Blick, den ich Pansy oder jemand anderem schenken würde, der mich verarschte. Ich hatte immer gesagt, man wollte mich nicht zur Feindin, da konnte man nur verlieren. Ich würde ja den beiden dringend ein „Interview“ mit Rita an Herz legen, dachte ich besonders bissig und sehr sarkastisch.
Aber vor meinem schneidend scharfen Blick, in dem sich wohl meine Wut spiegelte, wichen sie zurück, schlau!
Nun zupfte Harry an mir und forderte meine Aufmerksamkeit.
„Duuuu, ich bin heut Nachmittag Cho begegnet und… wir haben uns zerstritten. Darüber, dass sie mir erzählt hat, dass der Petze nichts anderes übrigblieb als uns zu verraten, da Umbridge sie erpresst hätte und dass ich das verstehen müsse. Ich hab sie gefragt, ob sie spinnt, man hat immer die Wahl! Das ist meine Überzeugung. Und dann hat sie dich angemacht, was das für Zauber wären, die du auf den Vertrag gelegt hättest und wie man sie wieder wegbekommt… tja, meine Antwort hat ihr, glaube ich, nicht gefallen!“, grinste er mich nun schelmisch an und blickte mit mir zu den beiden Mädchen, die sich an den Ravenclawtisch gesetzt hatten und neugierig von allen Seiten beäugt wurden. Viele warfen Marietta angeekelte und abgestoßene Blicke zu, einige rückten sogar weg als wäre sie ansteckend, tja, „Kinder“ konnten so gemein sein.
„Nun bin ich neugierig!“
„Ich hab ihr gesagt, dass das halt nun mal für ihre Freundin Pech ist und du viel zu brillant wärst, als dass da was zu machen wäre und sie nicht auf dumme Ideen kommen soll, da der Zauber uns alle immer noch schützt… tja, dann wollte sie mir eine runterhauen, aber dank Quidditch hab ich halt gute Reflexe… ich glaube, ich war nicht nett?“, meinte er da zwischen schelmisch und unsicher hin- und hergerissen, anscheinend färbte ich ab.
„Harry, du schockierst mich!“, strahlte ich ihn glücklich an.
„Muss ich bei dir gelernt haben!“, lachte er nun und zeigte seine Grübchen, ich boxte ihm verspielt gegen den Oberarm, unser Flirten blieb natürlich nicht verborgen und damit waren auch wir wieder ein Gesprächsthema als Ginny auf einmal, schick geschminkt und mit hochgesteckten Haaren, händchenhaltend mit Dean die Halle betrat und immer wieder heiße Blicke an Harry schickte.
Harrys Reaktion war, das Verdrehen seiner Augen und ein besorgter Seitenblick auf Ron.
Ich versteckte mein Grinsen in meiner Kaffeetasse und inhalierte den würzigen Duft und dachte mir, dass ich Ginny echt nicht verstand, sie würde ihn so nicht eifersüchtig machen. Eher erlangte sie dadurch den Ruf einer Schlampe, so würden das Lav und Pav auslegen, ich würde so etwas niemals sagen, das was ich bald wieder tun würde, das war nicht nur schlampenhaft, das war nuttig, also stand mir kein Urteil zu. Wie hieß es so schön, wer unschuldig ist, der werfe den ersten Stein, da fiel ich mit Sicherheit nicht darunter.
Ron hatte es noch nicht bemerkt, da er an Lavenders Lippen hing und sie anbetete, diese kicherte in einer Tour gekünstelt, schüttelte ihr langes, in leichten Locken fallendes, blondes Haar affektiert und zeigte sich noch immer sehr erschüttert über das Schicksal von Marietta und schlachtete dort genüsslich ihre Sensationsgier aus.
„Ich fass es nicht, Ginny hat sich Dean geschnappt!“, kam es von Harry ungläubig „Hoffentlich steht Ron darüber!“, warf er einen unsicheren Blick auf unseren roten, temperamentvollen Freund.
„Nun, an sich geht es ihn nichts an! Möchtest du Ginny ärgern?“, blinzelte ich ihn verschwörerisch an.
„Was schwebt dir vor?“
„Gratuliere ihr!“, riet ich und Harry lehnte sich sofort am Tisch vor und rief:
„Hey, Dean, Gratulation, dir auch, Ginny!“, sagte Harry ehrlich und zeigte ein Strahlen, was Ginny eher geschockt aus der Wäsche sehen ließ. Sie blickte ihn leicht perplex an und so wurde auch Rons Aufmerksamkeit auf das neue Paar gezogen.
„Ey, Kumpel, zu was gratulierst du denn den beiden?“, strahlte Ron noch ganz von Lav erfüllt.
„Äh, dazu, dass sie anscheinend ein Paar sind!“, meinte Harry vorsichtig, was dazu führte, dass sich Rons Augen von einer Sekunde zur nächsten verdüsterten und er die zwei scharf ins Visier nahm.
„Was? Dean…“, ging es los und Ron steigerte sich schon sehr rein. Ginny keifte, dass ihr Liebesleben Ron mal so was von nichts anging und ich amüsierte mich köstlich, so was half doch, die weniger schönen Gedanken zu vertreiben.
Die letzten Tage waren erfüllt von Arbeit gewesen, auch wenn meine Besuche bei Snape rar gesät waren, da er, wie es schien, des Nachts sehr beschäftigt war. Lucius schien nun auch, dank des neuen Artikels über die Unfähigkeit des Ministeriums und darüber, dass Dumbledore die Biege gemacht hatte sowie wegen der Spekulationen über die Rückkehr des Unnennbaren, die nur so in den Himmel schossen, sehr beschäftigt. Auch der Dark Lord schien seine Leute gut auf Trab zu halten und ich war nicht mal traurig darum, Snape nun nicht zu häufig zu sehen, das half mir, mich gegen das Kommende zu wappnen. Und so trafen wir uns alle im Raum der Wünsche, da wir nicht zu Snape konnten, endlich hatte ich ihn den beiden Slytherins zeigen können. Beide zeigten sich überwältigt, dass es so was in Hogwarts gab und nützten den Raum frenetisch. Hier setzten wir auch unser körperliches Training fort, da Snape uns ein Nachlassen in unserem Training nicht verzeihen würde, dieser Mann war in allem was er anpackte sehr fordernd.
Wir hatten die Ferien zur Hälfte hinter uns gebracht und heute war der Tag, auf den ich mich die ganze Zeit vorbereitete. Es war so weit!
Ich stand nackt im Badezimmer und war ganz alleine, es war früher Nachmittag und ich war noch tropfnass von der Dusche und als ich abgetrocknet vor das Waschbecken trat, auf dem meine präparierte Salbe stand, die mit Einhornblut versetzt war, blickte mir mein besorgtes Gesicht mit den angespannten Zügen aus dem Spiegel entgegen.
Nach einem ergebenen Stöhnen strich ich nun ein wenig von der wertvollen Essenz auf das am Bauch leicht links versetzte, mich zeichnende Mal, das Wappen der Malfoys! Das aufwendig verschnörkelte „M“. Ich betete, dass es wirkte, da wirklich alles, aber auch alles versagt hatte was ich getan hatte! Nichts hatte geholfen, keine Tränke, keine Salben, alle weißen und schwarzen Sprüche zum Verschleiern und Verdecken, nichts! Ich hatte selbst im Raum der Wüsche intensiv geforscht, hatte aber nun die Erkenntnis, dass das was mir Draco da verpasst hatte, so was von endgültig bindend war, wie es in der magischen Welt ging, daher gab es auch nichts was es verbergen konnte.
Meine einzige, verzweifelte Hoffnung hing nun an meiner eigenen Erfindung, denn wenn Snape dieses Mal auf mir ausmachen sollte, war ich mir nicht sicher, wie er reagieren würde? Aber positiv vermutlich nicht und sich freuen würde er sich auf keinen Fall.
Und so fuhr ich gedankenversunken mal wieder die Linien der schwarzen Tätowierung nach und verteilt die kühle, cremige Salbe darauf, die aufgrund des Blutes leicht silbrig schimmerte und sich auf der Haut kribbelnd erwärmte.
Und nun starrte ich gespannt und gebannt auf das Ergebnis, ich wartete mit wild klopfendem Herzen was passierte und betete im Stillen vor mich hin und… und…und…
Verhaltene Freude keimte in mir auf. Die starke, kräftige, satte, schwarze Farbe, wurde zusehends blasser und blasser, bis es wie ausgewaschen aussah und so tunkte ich meine Finger wieder in den wertvollen Topf und wiederholte die Prozedur und es wurde noch ein wenig heller.
Als ich nach dem fünften Mal genervt aufgab. Ganz verschwinden würde es wohl nicht, stöhnte ich genervt und gequält auf und hielt nun das fast nicht mehr sichtbare, fast wie durchscheinend wirkende Mal mit meiner Hand zu, zog sie weg und blinzelte wieder hin.
„Mhmhm…“, wenn man nicht wusste, dass es da war, sah man es nicht gleich, besser würde es nicht werden, toll, ganz toll, zuckte ich nun frustriert die Schultern und strich noch etwas auf meine andere Narbe an der Seite, in der mal das Messer von Bole gesteckt hatte und drehte den Topf zu. Jetzt blieb nur noch abzuwarten, wie lange es hielt, bisher hatte ich bei Narben oder Verletzungen die durchschlagenden Zeiten von acht bis zehn Stunden Wirkung erreicht, aber ein weniger gutes Gefühl sagte mir, dass ich die Hoffnung in diesem Fall nicht haben sollte. Und da ich Snape erst um neun, also erst in über sechs Stunden, treffen würde, würde ich die Salbe mitnehmen, sicher war sicher.
Ich hatte mich von der Schulschwester krankschreiben lassen und mein Geminio Zwilling lag schlafend im Bett. Alle dachten, ich hätte es beim Lernen übertrieben und wäre kurz vor einem Zusammenbruch, zusätzlich hätte ich das monatliche Problem, das uns Frauen befiehl. Und folglich war ich krank und hätte für heute meine Ruhe, die anderen trieben sich eh draußen herum und genossen den sich immer mehr ankündigenden Frühling und die Freiheit, den Mauern des manchmal düsteren Schlosses zu entkommen, aus vollem Herzen und versuchten so, der gedrückten Stimmung im Schloss zu entkommen, die seit Umbridge hier war herrschte.
Ich lief noch immer nackt durch den Raum und legte gerade meine Dolche an meine Oberschenkel an, dann wandte ich mich meinem Kleid zu, auf Unterwäsche verzichtete ich wohlweislich, würde ich eh nur verlieren also warum anziehen? Ich entschied mich für ein langes Kleid. Die Ärmel gingen bis zur Mitte des Unterarms, es hatte einen eckigen, großzügigen Ausschnitt und betonte meinen Busen, es endete leicht über den Knien und der Clou, mit dem ich zu verhindern hoffte, meiner Bekleidung verlustig zu gehen, es wurde ein Miederband um den Bauch geschlungen, was die Taille betonte und im Rücken verschnürt war. Das Kleid war in einem dunklen, warmen, braunen Ton gehalten und das beigefarbene, samtene Miederband würden die blonden Haare von mir gut betonen.
Geschminkt hatte ich mich schon und nun, fand ich, sah ich gut aus, verstaute noch meinen weißen Zauberstab am Holster an meinem Arm und war dankbar, dass andere das nicht sahen und auch nicht fühlten, aber ich würde, kurz bevor ich in das Zimmer zu Snape ging, meine Waffen ablegen und in meinem Mantel verstauen.
Als ich mich so fertig in unserem Standspiegel im Schlafsaal betrachtete, fand ich, dass es gelungen aussah und legte mir nun den schwarzen Mantel über, der mich wieder in diese finstere Gestalt der Schatten verwandelte, dann verschwand ich auch schon im Nichts und der Spiegel zeigte auch kein Abbild mehr von mir, nur das hinter mir verlassene Zimmer, das sich im Spiegel reflektierte. Es war doch wunderbar, was mit Magie möglich war und was alles ging, die Unsichtbarkeit war schon was Tolles. Die Twins waren informiert, dass ich bis spät nachts verschwinden würde, aber nur sie, lasst es mich so sagen, sie waren nicht erfreut gewesen und dass ich Draco nicht sagte, dass ich das Schloss verließ, das fanden sie nicht richtig. Scheiße, wir hatten uns darüber fast in die Haare bekommen, aber nun gut, ich hatte mich durchgesetzt, seufzte ich wehmütig, denn es behagte mir selbst gar nicht, aber es brachte nichts und deshalb schlich ich nun leise durch den verlassenen Turm, Richtung Kerker, um über den Geheimgang zu verschwinden.
Ich stand an meinem ersten Ziel an diesem Tag, die Luft war schön warm und duftete herrlich frisch, nach dem langen Winter war es belebend, dass nun endlich die Sonne wieder hervorkam. Dieses kleine, beschauliche Dorf, das im Südwesten Englands lag, war zu niedlich, wie es friedlich vor mir lag und in seiner Idylle erstrahlte, dieses Dorf war uralt, einer unserer Schulgründer wurde hier geboren.
Godric´s Hollow war ein typisch englisches Dorf, in dem sich magische und nicht-magische Menschen angesiedelt hatten.
Mein Ziel war eine alte, relativ bekannte Dame in der Welt der Zauberer, deren Name war Bathilda Bagshot, sie lebte schon lange hier und war mittlerweile recht alt aber ich hoffte, gerade aufgrund ihres Alters, einige wichtige Informationen zu erhalten.
Sie war eine bekannte Historikerin der magischen Welt. Ihr Buch „Geschichte der Zauberei“, war seit der ersten Klasse unser Buch in Binns Unterricht und es war sehr gut und informativ, was man von dem Unterricht des Geistes leider nicht behaupten konnte.
Als ich forschen Schrittes auf den Dorfplatz zuschritt und dem in der Mitte des Platzes aufgebauten Kriegerdenkmals ansichtig wurde, dachte ich kurzzeitig, mir würde schlecht werden, es verwandelte sich vor meinen Augen. Aus dem mit Namen beschriebenen Obelisken, welcher für die Muggel ein Kriegsdenkmal war, wurde ein Andenken an die Potters. Es zeigte Lily, James und Harry Potter als Familie. Das war grotesk, schmalzig und sehr abenteuerlich, Harry würde vor Scham über die Statuen im Boden versinken, sollte er dies jemals sehen, oh Mann, das war fast so schlimm wie der Brunnen im Ministerium, sollte mich nicht wundern, wenn derselbe Künstler Hand angelegt hatte und ich fand, dass man ebenfalls Hand an den Künstler legen und ihn für diese Scheußlichkeit würgen sollte.
Ansonsten fühlte man sich recht wohl hier. Es herrschte eine beschauliche, nette Atmosphäre, als ich langsam die Straße entlang schritt. Ich hatte die Kapuze zwar auf, aber sie war nicht in mein Gesicht gezogen sondern lag mehr auf meinem Hinterkopf. Ich wollte zu dieser frühen Stunde nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen und eine Person, die sich öffentlich tarnte, tja, die würde in diesem geruhsamen, kleinen Örtchen sehr wohl auffallen.
Als ich vor einem typischen, putzigen Vorstadthäuschen ankam, an dem der Name Bagshot angebracht war, lächelte ich, das war leicht gewesen.
Ich führte ein sehr spannendes Gespräch mit einer leider schon sehr alten und deshalb zum Teil sehr anstrengenden Frau, die aber, wenn sie noch geistig völlig auf der Höhe gewesen wäre, mir niemals dies alles so vertrauensselig anvertraut hätte, wie sie es jetzt tat, das schien eine Lücke zu sein, die der gute Direktor von Hogwarts übersehen hatte.
Sie hatte vorsichtig die Tür geöffnet. Sie war eine rundliche, kleine, zusammengesunkene, einsame, alte Frau mit strohigem, weißem Haar und geflickten Klamotten, da sie sich augenscheinlich dafür nicht interessierte was sie trug. Aber sie freute sich sichtlich über die Abwechslung ihres tristen Alltags und den Besuch einer jungen, hübschen Frau, wie sie sagte. So tranken wir Tee in ihrem, von oben bis unten mit Andenken und Nippes vollgestellten Wohnzimmer und ich horchte sie gezielt aus.
Sie war ausgezehrt von menschlicher Nähe und dem Zuhören und dies machte ich mir hinterlistig zunutze.
So erzählte ich ihr, um ihr Vertrauen zu gewinnen, dass mein guter Freund Albus mir erzählt hatte, dass seine Familie Anfang des 20. Jahrhunderts von Mould-on-the-Wold hierhergezogen sei und sie, die berühmte und bekannte Bathilda Bagshot, eine gute Bekannte von ihm sei.
Sie erstrahlte über das ganze faltige und mit Runzeln übersäte Gesicht und lachte herzlich, dabei meinte sie, sie hätte auch schon früh seine Genialität und Brillanz erkannt. Sie hätte ihm damals zu einer wissenschaftlichen Zeitschriftenveröffentlichung, über die sechs Verwendungen von Drachenblut, gratuliert und dadurch hätte sie sich auch mit der sehr zurückgezogenen und abweisenden Familie Dumbledore befreundet und ein wenig Kontakt mit der doch recht einsamen Kendra, der Mutter Dumbledores, erlangt.
Über Dumbledore schwärmte sie in den höchsten Tönen und ich hörte mir alles geduldig an, über seinen nichtsnutzigen Bruder Aberforth schimpfte sie göttlich und beschwerte sich über dessen immer lustloses Verhalten. Das Einzige, was ihn aus seiner eigenen, ichbezogenen Welt holen konnte, wäre Ariana gewesen und da horchte ich gleich auf.
Bisher hatte ich von Ariana Dumbledore nur den Namen aus dem geklauten Stammbaum aus den Archiven des Ministeriums und ihr Geburts- und Sterbedatum, über sie existierte sonst nichts. Wie ein Phantom oder Geist, der nie einen Fuß auf diese Erde gesetzt hatte, war ihre Existenz getilgt worden. Aufgrund des Stammbaums wusste ich, dass Ariana nicht alt geworden war. Der Stammbaum hatte ihren Tod verzeichnet, auf den 30.08.1900 war er datiert worden, also war sie mit 15 Jahren verstorben.
Ich warf ein, dass ich es schockierend fände, dass ein Mädchen so jung hatte sterben müssen, was mir von ihr einen verwunderten Blick einbrachte. „Albus hat Ihnen von Ariana erzählt?“, zeigte sie sich mehr als erstaunt, sie war vollkommen überrumpelt und hatte sich erst sammeln müssen: „Dann muss er Ihnen sehr vertrauen, da er nie über sie sprach“, meinte sie dann noch gedankenverloren und trank einen Schluck Tee.
Die Erzählung war zu traurig, diese arme Familie! Zuerst starb der Vater in Askaban, was ich wusste, dank des Ministeriums, denn auch über seinen Vater gab es keine Aufzeichnungen mehr, Percival Dumbledore war ebenso von seinem Sohn aus der Geschichte getilgt worden wie Ariana.
Dieser war als Muggelhasser und Mörder zu Askaban verurteilt worden und dort verstorben, was ihn dazu gebracht hatte, stand leider nicht in den Akten, was interessant gewesen wäre, da Kendra Dumbledore eine muggelstämmige Hexe war, irgendetwas musste passiert sein, dies blieb aber im Dickicht der Vergangenheit verborgen.
Aber ich konnte Dumbledore verstehen, ein junger, aufstrebender Geist, hochbegabt, alle Türen der Welt standen ihm offen, wer wollte da mit einem Häftling in Verbindung gebracht werden?
Und so erzählte Mrs. Bagshot weiter: „Nun, da Sie von Ariana wissen, es gibt ein großes Geheimnis um sie, aber ich denke, Ihnen kann ich es verraten…“, zwinkerte sie mir wie ein junges Mädchen verschwörerisch zu: „Ihre Mutter hat es mir nach einem Zusammenbruch, kurz nachdem ihr Mann in Askaban verstarb, erzählt, obwohl diese Frau alles tat um abweisend zu erscheinen. Es ist wirklich schrecklich, dass Ariana mit sechs Jahren von drei jungen Muggeln brutal vergewaltigt wurde und ihr Mann dafür Rache nahm und sie nun mit ständigen unkontrollierten und unberechenbaren Magieausbrüchen zu kämpfen hatten, da sich der Geist der Kleinen zerrüttet hatte, aber sie wollten sie nicht ins St. Mungos geben, die Schande war eh schon groß genug für den Vater.“
Ich zeigte mich sichtlich schockiert über das eben Gehörte und das war ich wirklich, was für ein grausames Schicksal, die Arme tat mir schrecklich leid und wie dumm musste der Vater gewesen sein? Natürlich hätte auch ich Rache genommen und natürlich hätte auch ich diese drei Monster umgebracht, aber so, dass man mir nichts nachweisen kann, Dilettant!
Als sie mir weiter das große Familiengeheimnis der Familie Dumbledore anvertraute. Das endgültige Drama begann als Ariana ihre Mutter bei einem Magieausbruch tötete. Albus war gerade mit der Schule fertig und wollte eine Weltreise unternehmen, als dieser Unfall passierte und er dessen Zeuge wurde.
Das war heftig, aber auch hier gab es keine Aufzeichnungen über diesen Unglückfall, dass die Tochter die Mutter tötete, ich wusste nur, knapp ein Jahr später sollte die Tochter der Mutter folgen.
Ich zeigte mich bestürzt. „Ja, ja, meine Liebe, die Familie Dumbledore hat viel Leid ertragen müssen, so musste Albus also hierblieben und sich um Ariana kümmern“, erklärte sie zittrig. Ja genau, dachte ich, ich konnte mir nicht vorstellen, dass der große Albus Dumbledore seiner Schwester besonders zugetan war, ich meine, er hat sie bestimmt als Klotz am Bein betrachtet?
Und Mrs. Bagshot, bestätigte meine Vermutung gleich darauf: „Albus tat mir so leid, er saß nun Zuhause rum und wurde immer griesgrämiger im Gesicht, da habe ich ihn mit Gellert bekannt gemacht, dieser hat zu dem Zeitpunkt Durmstrang leider verlassen müssen und er war mit seinen sechzehn Lenzen aber ebenso brillant wie Albus, wenngleich er ein Jahr jünger war!“, erzählte sie verklärt.
„Sie meinen Gellert Grindelwald?“, echote ich schockiert, damit hatte ich nicht gerechnet, dass Albus diesen Mann hier kennengelernt hatte, persönlich!
„Ja, meine Liebe, ich bin seine Großtante“, bekannte sie da leicht verschämt und versuchte, sich sofort zu rechtfertigen.
„Aber damals, meine Liebe Mrs. Cale, damals war er ein lieber, aufgeweckter, hübscher Junge und er und Albus freundeten sich schnell an. Gellert zog dann auch für das Jahr rüber ins Haus der Dumbledores, sie waren ständig zusammen und waren so glücklich…“, lächelte die Alte versonnen und schwelgte in Erinnerungen an damals.
Ich saß da wie vom Donner gerührt! Hatte ich das… noch mal langsam, also erstens Gellert Grindelwald? Hallo, das bestätigte meine allerschlimmsten Befürchtungen und noch schlimmer, Dumbledore hatte ein Verhältnis, ein enges Verhältnis zu seinem späteren erbitterten Rivalen gehabt, dem größten Schwarzmagier aller Zeiten vor Lord Voldemort. Ich war platt, meine Festplatte zeigte ein Empty an, ich konnte gerade fast nichts mehr aufnehmen.
Der gute alte Professor, nur keine schwarze Magie, Dumbledore, ja genau! Dies dachte ich nun zynisch und unterdrückte ein abfälliges Schnauben.
„Verstehe ich das richtig, dass die zwei mehr waren als Freunde?“, musste ich nachfragen und sie legte spielerisch die Finger an die lächelnden Lippen, kicherte vergnügt und nickte peinlich berührt, während sie errötete. Ok, alles klar, Dumbledore war schwul und sein Geliebter war Gellert Grindelwald gewesen, ich konnte mir nur noch mit Müh und Not ein hysterisches Lachen verkneifen.
Neugierig fragte ich, wie es weiter ging. „Och, die zwei waren unbändig, wissbegierig, haben immer gelesen und geplant! Da… da sehen Sie diese kleine goldene Buch? Das hat es Ihnen besonders angetan, keine Ahnung warum, als Gellert ging ließ er es da und meinte es solle hier bleiben...“, stöhnte sie wehmütig und schnäuzte leicht in ein Taschentuch. Ich rief das Buch rasch aus dem Regal magisch zu mir und hielt es in der Hand.
Sie redete einfach weiter und so steckte ich das Buch von ihr unbeobachtet ein.
„Als Aberforth in den Ferien heim kam und bemerkte, was da lief, kam es zum Streit. Ich habe nie erfahren, was genau passierte. Nur dass eines Tages Ariana tot war und Albus sie ins Grab der Mutter legen ließ, nicht mal ihr Name ziert den Stein, es ist zu traurig.“, schüttelte die Dame tadelnd das alte Haupt.
„Was dann war? Keine Ahnung, Albus ging mit Gellert weg aufs Festland, mit Aberforth blieb er zerstritten, aber auch das Verhältnis zu Gellert hatte sich gewandelt. Danach weiß ich nichts mehr, leider, keiner ist mehr hierher zurückgekehrt und Aberforth hat das Haus veräußert.“ Hier griff sie hinter sich auf ein kleines Tischchen, wo lauter sich bewegende Fotographien waren und zog eines hervor, das zwei gutaussehende, strahlend lachende Jungen zeigte, die beide Zauberergewänder trugen und auf diese Kleidung war ein Zeichen aufgestickt, das auch auf der Vorderseite des Buches, welches ich eigesteckt hatte, zu sehen war. Was es bedeutete wusste ich nicht und so fragte ich nach.
„Keine Ahnung, meine Liebe, aber es war ihnen sehr wichtig?“, kam es verschwörerisch von ihr.
So saß ich nun auf einer Bank in der Mitte des Dorfplatzes und sah dem rotleuchtenden Sonnenuntergang zu und versuchte alle Informationen, die mich doch in ihrer Masse überwältigten, zu verdauen, wer hätte das gedacht?
Ich saß immer noch hier und ließ mir den Wind um die Nase wehen und mein nur kinnlanges, blondes Haar strich immer wieder leicht kitzelnd über mein Gesicht, meine Gedanken wanderten. So fühlte ich mich mal wieder bestätigt, nicht dass ich arrogant wirken wollte, aber ich hatte mal wirklich wieder recht in meiner Behauptung, dass es nichts rein Weißes gab und auch nichts ganz Tiefschwarzes, ich denke, Dumbledores Vergangenheit zeigte das gerade ganz eindeutig. Von seiner Vergangenheit lag immer noch ein Teil gefährlich im Dunkeln.
Er war auch nicht diese „Lichtgestalt“ des Guten, als die er, nach seinem Sieg über Grindelwald, seinem Geliebten, überall dargestellt wurde und er sich, wie man zu seiner Schande eingestehen musste, auch überall so feiern ließ, als der Heilbringer des Lichtes.
Ich mochte so was nicht, ich fand das verlogen. Ich meine, gut, ich denke, er ist jetzt nicht wirklich böse und gemein, nein, so meine ich das nicht, aber der liebe, gütige, immer lächelnde Opa, den kein Wässerchen trüben kann, ist er auch nicht. War dies eine Taktik um dem Gegner vorzuspielen, man wäre schwach? Nein, wohl eher nicht, dafür hatte er seine Vergangenheit und die beteiligten Personen zu gut verschwinden lassen. Also eins musste man Dumbledore lassen, er war gründlich, wenn Bathilda tot wäre, würde es außer Grindelwald und Aberforth niemanden mehr geben, der auch nur die kleinste Ahnung von den Geschehnissen hätte. Grindelwald saß in Nurmengard und könnte nichts sagen und niemand würde ihm glauben und Aberforth würde immer schweigen, vielleicht weil er Albus‘ Bruder war oder auch er Mitschuld an dem Tod seiner Schwester hatte, wer wusste schon, was an jenem schicksalshaften Nachmittag in dem Haus mit den 4 Beteiligten wirklich geschehen war.
Wenn ich mich jetzt wirklich frei bewegen könnte, würde ich mich schon aus reiner Neugier auf den Weg nach Nurmengard machen, um mit Grindelwald zu sprechen, das wäre doch ein Spaß und da spürte ich, wie es mich richtig in den Fingern juckte, es zu wagen. Aber Schluss jetzt, schüttelte ich mir die Flausen aus dem Kopf, das war ein Traumgespinst. Sieh zu, dass du erst mal heute Abend überlebst, meine Liebe und bei dem Gedanken begann es ganz leicht in meinem Magen zu kribbeln.
Er wartete, Snape!