Ich weiß, dass das platt ist.
Platt und plump.
Und keine Ahnung, wie sie normalerweise darauf reagieren würde. Ohne meine Tricks.
Aber dazu ist meine Gier einfach zu groß.
Ich habe sie noch nicht einmal geküsst und lade sie quasi zu einem One-Night-Stand ein.
Der natürlich nicht ganz so ablaufen wird, wie sie denkt.
Überhaupt nicht! Dieser Gedanke gefällt mir und irgendwie kommt es mir so vor, als lache diese Vorstellung in meinem Kopf.
Nun warte ich scheinbar geduldig, bis sie ihr Glas leergetrunken hat.
„Kommst du Rosi?“ Meine Stimme ist warm und verführerisch.
Sie schluckt aufgeregt. „Ja, Alessandro. Ich hoffe nur, du hast jetzt keinen falschen Eindruck von mir. Normalerweise bin ich keine, die so leicht zu haben ist.“
Ich nicke verstehend. „Das weiß ich. Auch bei mir ist das ungewöhnlich, aber als ich dich gero.. gesehen habe, da wusste ich es. Du musst es sein. Das mit uns zwei, das ist etwas ganz Besonderes, Rosie.“
Sie nickt gerührt, ehe sie ihr nun leeres Getränk beiseiteschiebt und flüstert: „Hast du eine Idee, wo?“
„Ja, da gibt es einen gewissen Ort. Was ist mit deinen Freunden? Siehst du sie jetzt irgendwo? Nicht, dass sie sich Sorgen machen und nach dir suchen.“
„Nein. Vielleicht sind sie an den Tisch zurückgekehrt und dachten, ich bin gegangen. Ich hatte ihnen gesagt, dass ich nicht mehr so lange bleibe.“
Sehr gut! Ich liebe es, dass ihre Bekannten so nachlässig sind.
„Hattest du eigentlich gar eine Jacke? An deinem Platz hatte ich keine gesehen, und eine Garderobe gibt es hier nicht.“
„Nein, die liegt im Auto. Ich habe ganz in der Nähe geparkt und ich mag nicht immer darauf aufpassen. Mir wurde schon einmal eine gestohlen, und seitdem bin ich da vorsichtig. Auf meine Handtasche aufzupassen, reicht mir eigentlich“, erklärt sie mir und deutet auf die schwarze schmale Ledertasche, die mit einem Riemen über ihrer Schulter hängt.
„Das ist kein Problem. Mein Auto steht ein wenig abseits, aber du wirst nicht frieren, das verspreche ich dir.“
Kurz bin ich versucht, ihr meinen Umhang auszuleihen. Als Gentleman der alten Schule, sozusagen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass in meinem Mantel kein Zauber mehr innewohnt, ich ihn ihr also gefahrlos umlegen könnte.
Aber irgendwie mag ich das nicht. Ich habe einen großen Besitzanspruch, was dieses Kostüm angeht und werde es auch nicht leihweise hergeben.
So springe ich also nur galant vom Barhocker und bin auch schon neben der Sterblichen, um ihr meine Hand zu reichen. Die letzten Augenblicke ihres Lebens sollen schön sein.
Sie wird auch nicht mitbekommen, dass ich sie leersauge, sondern es für einen leidenschaftlichen Kuss halten, nehme ich mir vor. Wenn ich ihre Wahrnehmung in die Irre leite und schnell trinke, wird sie ohnmächtig werden, bevor sie realisiert, was wirklich passiert.
Es wird ein Todeskuss sein, den sie von mir bekommt.
Dankbar nimmt sie meine Hilfe an und schon schlendern wir Richtung Ausgang. Ich löse unseren Griff und lasse meine Hand sanft zwischen ihre Schulterblätter wandern, damit ich sie nach draußen dirigieren kann.
Beim Herausgehen blicke ich nochmals Bruno an und vergewissere mich, dass er noch eine Weile bleiben möchte.
Ob es wirklich nötig wäre, bezweifle ich, denn der Mann scheint sich köstlich zu amüsieren. Ich höre deutlich sein Lachen, während er sich mit den anderen über Fußball unterhält. Wirklich Sorge, dass es ihm langweilig werden könnte, habe ich nicht.
Bei Roswitha ist es hingegen viel wichtiger. Sie soll sich bei mir wohlfühlen. Daher bin ich weiter in ihrem Kopf und sorge dafür, dass sie keine Kälte fühlt. Die Illusion meiner Körperwärme halte ich ja schon die ganze Zeit aufrecht.
Mein Körper ist mittlerweile fast völlig untot. Noch nicht ganz, vielleicht noch zwei bis drei Grad zu warm. Die normale Temperatur liegt bei uns Vampiren bei etwa zehn Grad. Auf jeden Fall ist mein Gehirn wohl schon das eines Blutsaugers.
Wird ja auch Zeit.
„Fahren wir irgendwo hin oder was hast du jetzt vor, Alessandro?“, fragt die Frau mich leise, als wir das Gebäude verlassen haben.
Sie kommt fast um vor Ungeduld, dafür habe ich gesorgt. Aber sie möchte das nicht offen zeigen. Viel zu sehr befürchtet sie, einen schlechten Eindruck bei mir zu hinterlassen.
Die Arme denkt vermutlich über eine feste Beziehung mit mir nach oder hofft darauf.
Soll sie! Und diese Sorge kann ich ihr nehmen, zu lange warten zu müssen. Ich habe kein Problem damit, als ungezügelter Hengst dazustehen, diesen Part übernehme ich gerne.
Sagt man das nicht eh den Männern nach?
„Ich will nicht mehr lange, warten, das kann ich nicht Rosi“, flüstere ich deshalb in ihr Ohr. „In meinem Auto ist viel Platz und dank einer kuschligen Decke werden wir es beide sehr bequem haben.“