CN: Diskussion von Krieg/Kriegsverbrechen
Auch auf der Fahrt zurück zu Roberts Apartment, konnte Pakhet ein gewisses mulmiges Gefühl nicht vertreiben. Sie verfluchte Robert ein wenig, dass er sie überhaupt mitgenommen hatte. „Aber der Film ist cool“, hatte er gesagt. Wobei „cool“ halt relativ war. Die mechanische Rüstung machte wenig Sinn. Ein komplett computeranimierter Finalkampf war wenig spannend. Doch das war es nicht, was sie so wurmte.
„Du bist still“, stellte Robert nach zehn Minuten fest.
Pakhet murrte und zuckte mit den Schultern, die Augen auf die Straße gerichtet.
„Ach, komm, sag mir nicht, dass der Film für dich auch so schlecht gewesen war. Ich mein, das war deutlich besser, als die Filme, die ich sonst immer mitbringe.“
„Kommt sehr auf deine Definition von besser an“, erwiderte sie.
Gut, sie war nicht in Afghanistan gewesen, nur im Irak. Doch lief es am Ende nicht auf dasselbe hinaus? Sie war da gewesen. Und was der Film gezeigt hatte dahingehend war lächerlich.
Robert stöhnte. „Was ist denn jetzt wieder dein Problem? Ich meine, es ist einfaches Popcornkino.“
Pakhet drückte etwas stärker auf das Gaspedal. Es war später Abend und die Straßen größtenteils verlassen. „Du weißt, dass ich ungerne Kriegsfilme sehe.“
„Kriegsfilm?“ Robert klang verständnislos. „Ich meine, das war kein Kriegsfilm. Das war ein Superheldenfilm. Oder habe ich etwas verpasst?“
„Den gesamten ersten Act, würde ich sagen.“
„Das war halt die Origin Story.“
„Ja. Inklusive Afghanistan. Aber natürlich einem schön einfachen Afghaistan, wo alles von einer bösen Terrororganisation ausgeht und die lokale Bevölkerung durchweg nicht dahinter steht und in dem die Amerikaner schön die Guten sind und es allgemein klare Seiten gibt.“
„Jetzt übertreibst du. Ich meine, ich weiß nicht, ob du den dritten Act des Films ganz verpasst hast, aber der Bösewicht war Amerikaner und hatte Waffen an die Terroristen verkauft.“
„Ja, ein Einzeltäter und nicht etwa die Regierung.“ Sie wurde lauter, als sie es eigentlich werden wollte. Aber verflucht noch mal, es frustrierte sie. Der Film war vom Pentagon gesponsert worden, das hatte sie gesehen. Und es wunderte sie nicht. Beschissene Selbstbeweihräucherung vom DoD.
„Das nimmst du zu ernst. Es ist halt einfach nur Popcornkino. Und die Vorgeschichte war halt auch früher in den Comics schon so oder so ähnlich.“
„Das macht es nicht okay“, erwiderte sie. „Es ist letzten Endes Kriegspropaganda. Kriegspropaganda, wo es letzten Endes doch klare Seiten gibt. Wo es am Ende eine tolle Sache ist, wenn die Amis in ein Land marschieren und Leute erschießen und dabei natürlich immer wissen, wer Terrorist ist und wer nicht.“ Der großkotzige Superheld war ja nicht mal ein Soldat gewesen. Chancen standen gut, dass so ein Großmaul nichts davon getan hätte oder einfach alle umgelegt hätte.
„Ist es das nicht?“ Nun klang auch Robert ein wenig streitsüchtig - defensiv.
„Nein“, erwiderte Pakhet kühl. „Die Terroristen laufen nicht alle in Uniform herum, Robert. Die Hälfte der Zeit sind das Guerilla-Kämpfe. Als ich im Irak war, haben wir …“ Sie hielt inne. „Da haben sie Kinder erschossen. Und alte Leute. Da war eine Hochzeit und sie haben einfach alle …“ Sie brach ab. Ihr war übel. Sie hasste es, daran zu denken. Sie hasste die Erinnerung daran. An die Hilflosigkeit. Kriegsgesetz. Soldaten hatten keine Wahl.
Jetzt war es Robert, der in Schweigen verfiel. Für eine ganze Weile. Sie wusste nur zu gut, dass er über diese Dinge nicht reden wollte. Aber er wusste zu gut, dass sie solche Filme nicht mochte.
Schließlich seufzte er. „Es tut mir leid.“
Als Antwort deutete sie ein Schulterzucken an. „Geh in solche Filme besser mit deinen Jungs, ja?“
Er nickte. „Ja.“
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FINGERÜBUNG
Prompt: Popcorn
Die Charaktere entstammen meinem Urban Fantasy Thriller Mosaik.