Wer in der Schule Deutschunterricht hatte, erinnert sich vielleicht daran, dass es im Deutschen verschiedene Zeitformen (Tempora) gibt. Leider sind das aber nur sehr wenige und für den kreativen Schreiberling ist es eine große Einschränkung, sich nur an die im Deutschunterricht gelehrten Zeitformen zu halten. Im Folgenden stelle ich nun ein innovatives Tempus-System vor, das gerne als Inspiration für weitere Zeitformen benutzt werden darf. Es basiert auf dem traditionellen System aus dem Deutschunterricht, ist jedoch weiter ausgebaut.
Einfache (synthetische) Zeitformen
Einfache Zeitformen bestehen nur aus einem Verb, d. h., es werden keine zusätzlichen Hilfsverben benötigt. Einfache Zeitformen sind die Basis, mit der wir die zusammengesetzten Zeitformen basteln können.
PRÄSENS
Bildung
Das Präsens entspricht dem des traditionellen Deutschunterrichts. Es gibt ein Verb, das aus einem Stamm und bestimmten Endungen besteht.
Beispiel lachen
Präsens: ich lache
Verwendung
Das Präsens wird zur Beschreibung von Handlungen, die jetzt gerade oder irgendwann vielleicht mal oder vielleicht auch nicht passieren, verwendet.
PRÄTERITUM
Bildung
Zu jedem Verb gibt es ein starkes und ein schwaches Präteritum. Das starke Präteritum wird durch Ablaut (Vokalwechsel) gebildet, das schwache Präteritum durch Anhängen bestimmter Endungen (andere als beim Präsens). Außerdem fällt im starken Präteritum bei der 1. und 3. Person Singular die Endung weg. Beim kombinierten Präteritum wird ebenfalls ein Ablaut gebildet, zusätzlich wird die Endung des schwachen Präteritums drangehängt.
Konjugation am Beispiel des Verbs lachen:
- Präsens: Ich lache
- Schwaches Präteritum, auch als „gewöhnliches Präteritum“ bezeichnet: ich lachte
- Starkes Präteritum, auch „gehobenes Präteritum“ genannt: ich luch
- Kombiniertes Präteritum: ich luchte
Das Ablautsystem zeigt viele Unregelmäßigkeiten auf, auf die hier leider nicht eingegangen werden kann. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, im Wörterbuch nachzuschlagen.
Häufig finden folgende Vokaländerungen statt:
- a wird im Präteritum zu u oder o
- e wird zu a, i oder o
- i wird zu a, seltener zu e
- o und u bleiben erhalten.
Ausnahmen:
Es gibt einige Ausnahmen, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen wird. Um den weiteren Text verstehen zu können, ist es jedoch wichtig, die Formen von „haben“ zu kennen. Das starke Präteritum von „haben“ lautet „hatte“ oder „hotte“, das schwache Präteritum ist „habte“, das kombinierte Präteritum „habtte“.
Verwendung
Das Präteritum beschreibt etwas, das irgendwann mal passiert ist.
Inhaltlich besteht zwischen den Unterarten kein Unterschied, die Verwendung richtet sich eher nach Sprechsituationen, Sprechergruppen oder Sprecherlaune. So wird das starke Präteritum fast ausschließlich im Schriftdeutschen gebraucht, während das schwache Präteritum zwar auch in schriftlichen Dokumenten vorkommen kann – vornehmlich in privatem Schriftverkehr –, jedoch auch bei förmlicheren (mündlichen) Ansprachen. Nach einem Beschluss vom 1. April 2021 darf im Bundestag ausschließlich das kombinierte Präteritum verwendet werden. Auch Zeitungen bedienen sich häufig des kombinierten Präteritums.
Zusammengesetzte (analytische) Zeitformen
Die analytischen Tempora zeichnen sich durch ihren Reichtum an Hilfsverben aus und sind deshalb ideal für schlechte Literatur geeignet.
PERFEKT
Bildung
Das Perfekt wird mit der Präsensform des Hilfsverbs „haben“ oder „sein“ und dem Partizip 2 des Vollverbs gebildet. (Vollverb: z. B. „gehen“, „lachen“, „arbeiten“ usw.) Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Faulheit werden im Folgenden nur Beispiele für Bildungen mit „haben“ (nicht mit „sein“) gegeben.
„Partizip 2“ ist hier als Überbegriff für drei verschiedene Partizipien zu verstehen. Bei allen drei wird vor den Verbstamm ein „ge-“ gesetzt, die Endung unterscheidet sich jedoch.
Das bekannteste Partizip 2 ist das Partizip 2a, das für das schwache Perfekt gebraucht wird. Die Endung lautet „-t“ oder „-et“.
Beispiel: ich habe gelacht
Das starke Perfekt wird dagegen mithilfe des Partizips 2b gebildet, das die Endung „-en“ hat. Beim Perfekt-Upgrade wird an das Partizip 2a noch ein zusätzliches „-et“ gehängt. Die Gesamtendung lautet also „-tet“. Man spricht hier auch vom Partizip 2a'.
Überblick
- Partizip 2a: gelacht
- Partizip 2b: gelachen
- Partizip 2a': gelachtet
- Schwaches Perfekt: ich habe gelacht
- Starkes Perfekt: ich habe gelachen
- Perfekt-Upgrade: ich habe gelachtet
Verwendung
Das Perfekt beschreibt etwas, das schon vorbei ist.
Das Perfekt ist formloser als das Präteritum. Das schwache Perfekt dient der alltäglichen mündlichen Kommunikation, das starke Perfekt wird hauptsächlich im Internet verwendet. Das Perfekt-Upgrade wird in der Kommunikation mit älteren oder ranghöheren Menschen gebraucht.
PLUSQUAMPERFEKT
Bildung
Das Plusquamperfekt wird mithilfe des Hilfsverbs „haben“ oder „sein“ im Präteritum und des Partizips 2 des Vollverbs gebildet. Dadurch ergeben sich folgende Unterarten:
- Plusquamperfekt 1: „haben“ im schwachen Präteritum + Partizip 2
- Plusquamperfekt 2: „haben“ im starken Präteritum + Partizip 2
- Plusquamperfekt 3: „haben“ im kombinierten Präteritum + Partizip 2
Plusquamperfekt 1
- Plusquamperfekt 1a: ich habte gelacht
- Plusquamperfekt 1b: ich habte gelachen
- Plusquamperfekt 1a': ich habte gelachtet
Plusquamperfekt 2
- Plusquamperfekt 2a: ich hatte gelacht
- Plusquamperfekt 2b: ich hatte gelachen
- Plusquamperfekt 2a': ich hatte gelachtet
Plusquamperfekt 3
- Plusquamperfekt 3a: ich habtte gelacht
- Plusquamperfekt 3b: ich habtte gelachen
- Plusquamperfekt 3a’ ich habtte gelachtet
Verwendung
Das Plusquamperfekt beschreibt etwas, das ewig lange her ist. Die verschiedenen Unterarten werden je nach Region unterschiedlich verwendet.
DOPPELPERFEKT
Bildung
Das Doppelperfekt besteht aus der Präsensform des Hilfsverbs „haben“ oder „sein“, dem Partizip 2 des Vollverbs sowie dem Partizip 2 von „haben“. Dadurch ergeben sich folgende Formen:
a. Ziemlich normales Doppelperfekt/Schwach-schwaches Doppelperfekt/Voll schwaches Doppelperfekt:
ich habe gelacht gehabt
b. Stark-schwaches Doppelperfekt:
ich habe gelachen gehabt
c. Upgrade-schwaches Doppelperfekt:
ich habe gelachtet gehabt
d. Schwach-starkes Doppelperfekt/Ausgeglichenes Doppelperfekt:
ich habe gelacht gehaben
e. Upgrade-starkes Doppelperfekt:
ich habe gelachtet gehaben
f. Stark-starkes Doppelperfekt/Voll starkes Doppelperfekt/en-Doppelperfekt:
ich habe gelachen gehaben
g. Schwach-upgegradetes Doppelperfekt
ich habe gelacht gehabtet
h. Stark-upgegradetes Doppelperfekt
ich habe gelachen gehabtet
i. Upgrade-upgegradetes Doppelperfekt/Megaupgradedoppelperfekt
ich habe gelachtet gehabtet
Verwendung
Das Doppelperfekt beschreibt etwas, das schon ganz schön lange her ist. Die Verwendungsweise der Unterarten schwankt stark.
DOPPELPLUSQUAMPERFEKT
Bildung
Das Doppelplusquamperfekt ist eine der schönsten und vielfältigsten
Zeitformen und wird gerne von Meistern der schlechten Schreibkunst genutzt. Insgesamt gibt es folgende Doppelplusquamperfektarten:
Doppelplusquamperfekt 1
a. Ich hatte gelacht gehabt
b. Ich hatte gelachen gehabt
c. Ich hatte gelachtet gehabt
d. Ich hatte gelacht gehaben
e. Ich hatte gelacht gehabtet
f. Ich hatte gelachen gehaben
g. Ich hatte gelachen gehabtet
h. Ich hatte gelachtet gehabtet
i. Ich hatte gelachtet gehaben
Doppelplusquamperfekt 2
a. Ich habte gelacht gehabt
b. Ich habte gelachen gehabt
c. Ich habte gelachtet gehabt
d. Ich habte gelacht gehaben
e. Ich habte gelacht gehabtet
f. Ich habte gelachen gehaben
g. Ich habte gelachen gehabtet
h. Ich habte gelachtet gehabtet
i. Ich habte gelachtet gehaben
Doppelplusquamperfekt 3
a. Ich habtte gelacht gehabt
b. Ich habtte gelachen gehabt
c. Ich habtte gelachtet gehabt
d. Ich habtte gelacht gehaben
e. Ich habtte gelacht gehabtet
f. Ich habtte gelachen gehaben
g. Ich habtte gelachen gehabtet
h. Ich habtte gelachtet gehabtet
i. Ich habtte gelachtet gehaben
Verwendung
Das Doppelplusquamperfekt beschreibt etwas, das schon vor ewig langer Zeit ewig lange her war. Die Unterarten können nach individuellen Vorlieben verwendet werden.
FUTUR
Bildung
Das Futur wird mit der konjugierten Präsensform des Hilfsverbs „werden“ und weiteren Wörtern gebildet.
Am bekanntesten ist das Futur 1, bei dem das Vollverb im Infinitiv gebraucht wird.
Beispiel Futur 1: Ich werde lachen
Ein weiteres, vielleicht aus dem Deutschunterricht bekanntes Futur ist das Futur 2. Es setzt sich zusammen aus konjugiertem „werden“ + Partizip 2 des Vollverbs + Infinitiv von „haben“. Dadurch ergeben sich folgende Unterarten:
- Futur 2a/Schwaches Futur 2: Ich werde gelacht haben
- Futur 2b/Starkes Futur 2: Ich werde gelachen haben
- Futur 2a'/Upgegradetes Futur 2: Ich werde gelachtet haben
Eine weitere Form ist das erweiterte Futur, manchmal auch Futur 3 genannt. Es wird wie das Futur 1 gebildet, jedoch folgt hier noch ein zusätzliches „werden“.
Erweitertes Futur: Ich werde lachen werden
Daneben existieren auch noch das Ultrafutur (Futur 4) und das Super-Ultrafutur (manchmal als Futur 5, manchmal auch als Futur 4² bezeichnet). Die Bildungsweise ist den folgenden Beispielen zu entnehmen.
- Ultrafutur 1/Schwaches Ultrafutur: Ich werde gelacht haben werden
- Ultrafutur 2/Starkes Ultrafutur: Ich werde gelachen haben werden
- Ultrafutur 3/Ultrafutur-Upgrade: Ich werde gelachtet haben werden
Super-Ultrafutur:
1. Ich werde gelacht gehabt haben werden
2. Ich werde gelachen gehabt haben werden
3. Ich werde gelachtet gehabt haben werden
4. Ich werde gelacht gehaben haben werden
5. Ich werde gelachen gehabtet haben werden
6. Ich werde gelachtet gehaben haben werden
7. Ich werde gelachtet gehabtet haben werden
8. Ich werde gelacht gehabtet haben werden
9. Ich werde gelachen gehaben haben werden
Verwendung
Das Futur beschreibt etwas, das wahrscheinlich sowieso nie passiert und nie passiert sein werden wird. Je unwahrscheinlicher etwas ist, desto mehr Hilfswörter werden in der Regel verwendet, demnach beschreiben besonders Ultrafutur und Super-Ultrafutur etwas sehr, sehr Unwahrscheinliches.
Selbstverständlich kann dieses Tempussystem noch weiter ausgebaut werden.
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