„Das geht nicht! Wir können doch nicht beide in einem Bett schlafen“, protestierte Raoul, wurde aber wieder mal durch Damians forsche Handbewegung unterbrochen.
Manche Dinge änderten sich nie.
„Wenn du darauf bestehst, kann ich auch ein extra Bett herkommen lassen“, bot der Kriegsfürst an. „Aber ich würde mich freuen, wenn du dieser Bitte nachkommen könntest. Der alten Zeiten wegen.“
Raoul schüttelte den Kopf. „Ich bin ein einfacher Soldat und du bist …“ Peinlich berührt darüber, dass er den anderen mit ‚Du‘ angesprochen hatte, verstummt er.
„Es ist gut, dass du dich langsam wieder an die vertraute Anrede gewöhnst“, antwortete sein Gesprächspartner zufrieden. „Und mach dir darüber keine Gedanken – wenn ich beschließe, dass es sich gehört, wird es niemand wagen, öffentlich dagegen zu protestieren.“
„Wohl war. Sie werden aber hinter deinem – unseren Rücken reden“, murmelte Raoul mit besorgter Stimme.
„Leute reden immer“, entgegnete der Fürst leichthin. „Egal, was ich tue. Trotzdem werden sie meine Entscheidungen akzeptieren.“
Der Soldat schüttelte zweifelnd den Kopf. Womöglich hatte sein ehemaliger Freund recht – oder war es die Arroganz, die ihn so reden ließ?
Zu seiner Überraschung seufzte Damian vernehmlich. „Hör zu, Raoul. Mir selbst gefällt die Sache auch nicht. Als sie mich zu dem machten, was ich heute bin, hatte ich mir eigentlich geschworen, dich aus allem rauszuhalten. Was mir zugegeben nicht leichtgefallen ist.“
Nun war es an seinem Gegenüber, verwundert aufzublicken. „Meinst du damit, du hättest gerne Kontakt mit mir gehalten?“
„Du selbst hattest damals darauf hingewiesen, mein Freund – Kriegsfürsten vergessen nichts.“
Eine kurze Pause, dann fuhr er fort: „Die Luft ist dünn, wenn man ganz oben an der Spitze steht. Und man ist einsam – entweder die Menschen erhoffen sich Vorteile, indem sie mir schmeicheln, oder sie schätzen mein strategisches Geschick. Aber man wird keine engere Verbindung mit einem Kriegsfürsten ein, der scheinbar ohne Gefühle ist.“
Raoul schluckte. Damian war erstaunlich offen zu ihm.
Natürlich konnte dies alles auch zu den bekannten taktischen Spielchen gehören, die diese Anführer so perfekt beherrschten, und der Fürst behauptete dies nur, um ihn zu überzeugen. Etwas in ihm weigerte sich jedoch, das zu glauben.
So zwang er sich, nachhaken: „Und – hast du Gefühle?“
Es war nicht ohne Risiko, eine so direkte Frage zu stellen. Aber in Moment redete Damian sehr offen darüber und keiner konnte sagen, wie lange das so bleiben würde. Weiter schien der Fürst bereit zu sein, diese Dinge ehrlich zu beantworten und Raouls Nachfragen sogar zu begrüßen.
Nach kurzem Zögern nickte Damian. „Ja. Man kann meine Emotionen aber nicht mit denen normaler Menschen vergleichen. Ein Anführer ganz ohne Mitgefühl wäre wohl auch nicht fähig, kluge Entscheidungen zu fällen. Besser kann ich es dir im Augenblick leider nicht erklären, aber du wirst es mit der Zeit herausfinden.“
Beide Männer schwiegen darauf.
Es war jedoch keine unangenehme Stille, sondern ein einvernehmliches Schweigen, das dem Soldaten die Möglichkeit bot, über all das nachzudenken, was Damian ihm erklärt hatte, während er beherzt zu einer weiteren Tasche griff. Als Soldat war er nicht verwöhnt, was die Qualität seines täglichen Essens betraf, und somit würde dieser Punkt zweifellos eine Verbesserung darstellen.
„Wann werde ich meinen Dienst bei dir antreten?“, ergriff er schließlich wieder das Wort.
„Sofort. Wir brechen aber erst in drei Tagen auf. Somit hast du die Möglichkeit, dich in Ruhe von deinen Kameraden zu verabschieden. Hast du jemand, der dir am Herzen liegt und den du gerne mitnehmen möchtest?“
Der Soldat sah angesichts dieser unerwarteten Frage überrascht auf. „Du bietest tatsächlich an, dass mich jemand begleitet?“
Die Miene des Fürsten war nicht zu deuten. „Ich vertraue deinem Urteil. Vor allem aber weiß ich den Wert einer Freundschaft zu schätzen – heute noch viel mehr als vor meiner Verwandlung.“
„Ich danke dir!“ Raoul dachte sofort an Aron, seinem langjährigen Kameraden. Ob dieser jedoch das Angebot überhaupt annehmen würde, stand wieder auf einem anderen Blatt.
„Es sind jedoch noch zwei Dinge, um die ich dich bitten möchte!“, drang Damians Stimme an sein Ohr.
„Was wünscht du?“
„Zum einen brauchst du angemessene Kleidung. Nichts Übertriebenes, aber als mein Leibwächter hast du einen gewissen Status. Ein Diener wird dich begleiten und dafür sorgen, dass du das Passende auswählst.“
Diese Eröffnung war für Raoul nicht wirklich überraschend. Er legte keinen übertriebenen Wert darauf, lehnte aber neue Kleidung nicht grundsätzlich ab, da seine vorhandene alt und verschlissen genug war.
„Meine zweite Bitte mag etwas überraschend für dich kommen. Aber ich muss dringend schlafen. Leider darf ich es nicht mehr hinausschieben, ich bin schon lange überfällig.“
„Dringend heißt?“, fragte Raoul vorsichtig. Damian ließ ihm wenig Zeit, wie es schien.
„Jetzt!“, kam die schlichte Antwort.