- Teil 15 -
„So ein Mist!“, fluchte Jade, als sie erst sich und dann ihren Bruder aus der stinkenden Brühe zog.
Das modrige, schlammige Wasser war ihnen bei dem unfreiwilligen Bad unter die Regenjacken gedrungen. Es durchnässte ihre gesamte Kleidung. Brummelnd setzte sich Max am Rande des Tümpels auf einen Grasstreifen. Er zog die Gummistiefel aus und ließ die braunschwarze, ekelige Flüssigkeit herauslaufen.
„Sag mal“, baute sich seine Schwester vor ihm auf, „hast du das Amulett eben zwischendurch ausgemacht?“
Sie funkelte ihn zornig an, trat bei den Worten einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ihr Stiefel erzeugte einen quatschenden Laut.
Max zog eine Augenbraue skeptisch in die Höhe und wies auf ihre Gummistiefel. „Hast du da etwa Frösche drin?“ Er blickte bei der Frage so ernst drein, dass Jade das prustende Lachen nicht unterdrücken konnte.
So viel zu dem Versuch, Ernst zu bleiben.
„Ach Max, ich hoffe nur, wir sind im richtigen Sumpf gelandet.“ Sie unterdrücke den Reflex, durch sein nasses Haar zu strubbeln.
„Ich auch“, murmelte er, und wrang seine nassen Socken aus.
Einige Minuten später waren Jade´s Stiefel ebenfalls von Wasser und Schlamm befreit, ihre Hosen und Pullover notdürftig ausgewrungen. Suchend blickten sich die beiden sich um.
„Und wohin jetzt, hast du eine Idee?“, wollte Max wissen.
Seine große Schwester sah sich noch einen Moment länger schweigend um.
Sie standen am Rande eines kleinen, sumpfigen Tümpels. Einer von hunderten, möglicherweise tausenden weiterer, die alle gleich erschienen. Dazwischen lagen jeweils schmale, mit bräunlichem Gras und kümmerlichen Büschen bewachsene Streifen. Immerhin, dort kam man einigermaßen trocken durch die trostlose Landschaft.
In der Ferne erspähte sie eine Erhebung in dem endlosen Einerlei.
„Dort hinten, da müssen wir erstmal hin.“ Sie wies in die Richtung des kleinen Bergs, wie es schien.
„Boah, das ist aber weit“, maulte Max. „Wieso müssen wir denn jetzt so weit laufen? Und warum genau dahin?“ Seine Unternehmungslust war durch die nasse Kleidung getrübt.
„Na ist doch klar“, sagte Jade, „vom Berg aus können wir weiter sehen. Oder erkennst du hier irgendwo einen Krieger Atréju, den unsere Hilfe braucht?“
„Nö“, musste Max ihr Recht geben.
„Na siehst du. Und das A und O in so einer Situation ist, sich erstmal Überblick zu verschaffen.“
Sie reckte das Kinn in die Höhe und stapfte los. Ihr Bruder folgte ihr leise murrend.
Es waren nur wenige Minuten vergangen, die Kinder zu zwei gelben Punkten in der Landschaft geschrumpft, da waberte und flackerte die Luft über dem Tümpel erneut. Wieder schienen sich dort Welten zu überlagern. Man konnte in einer kleinen Öffnung einen weiteren Sumpf erblicken. Grau und trist wirkte die dortige Landschaft, regelrecht farblos. Gerade so wie eine alte schwarz/weiß Kopie. Der Rand der Öffnung schimmerte kurz grünlich auf und begann sich schon wieder flimmernd zu schließen, da sprang eine haarige, vierbeinige Gestalt von der anderen Seite hindurch.
Sie landete ebenso wie die Kinder mit einem lauten Platschen im stinkenden Wasser. Mit einem angewiderten Knurren machte sie einen Satz ans trockene Ufer. Dort schüttelte sie sich die Brühe aus dem schwarzen Pelz. Sie schnüffelte den Boden ab, auf dem die beiden Kinder noch vor kurzen gestanden hatten. Dann richtete sich die Gestalt auf ihre mächtigen Hinterläufe, riss das riesige, mit langen Reißzähnen gespickte Maul auf und stieß eine langes, klagendes Heulen aus.