(Vorgeschichte zu diesem Promptbeitrag ist eine Mini-Diskussion angeregt bei Tiane in einem Kommentar unter einem ihrer Promptbeiträge.)
Es ging um das Wort Alptraum vs Albtraum.
Gleich vorweg: Keine Bange, beide Schreibweisen sind, laut Duden, anwendbar.*
Was nicht heisst, dass ich das gut finde. Denn ich plädiere für den Albtraum mit ›b‹ - da es vom Wort: Alben abstammt, welches Naturgeister sind und eben Menschen ärgern. Während der Alp(en)traum mich dann wohl von bösen Bergen träumen lässt.
Was ist denn da passiert? Na ja, da gab es mal eine so genannte »Lautverschiebung«*, das ist nichts Schlimmes, passiert andauernd und Alp/Alb - Traum ist eines der besten Beispiele dafür. Da werden dann mal ch zu ck, oder ein d zum t.
Das ist auch der Grund wieso sich die Sprachfamilie so ähnlich ist. Wie zum Beispiel: Tag und Day oder make und machen. Familien halt, da tanzen immer welche aus der Reihe.
In letzter Zeit habe ich mir viele Gedanken zur Sprachentwicklung gemacht und ich erinnere mich an einen Grammatik-Kurs in der Uni damals, in dem wir frei erfundene Wörter dekliniert haben. Und wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich damals überhaupt kein Problem mit »morpfiges Gebubbele ö«. Und so langsam werden mir daher Kamerd:innen, Lehrer*Innen und Ärtzx und Alpträume auch egal.
Immerhin: Nach den letzten Reformen haben wir jetzt ein ›ß‹ als Versalie*, nach der niemand verlangt hat. *lach Ich am allerwenigsten, denn ich habe einen solchen Buchstaben und bin damit aufgewachsen ihn auf amtlichen Bögen mit ›SS‹ angeben zu müssen. Ich mein, der Buchstabe ist bekannt als ›scharfes S‹ oder ›Esszett‹ (nein, nicht die Schokolade) oder ›Kringel-S‹, es wäre also richtiger gewesen ›SZ‹ zu schreiben, statt ›ß‹. Aber dann klingen die Namen alle, als stammen sie ursprünglich aus Tschechien. Was auch wieder nicht richtig ist, weil das ›ß‹ eben kein ›sz‹ ist, aber ein ›ss‹ wie in Wasser ist es eben auch nicht. ARGH.
Rein formal gesehen, ist das ›SS‹ nicht korrekt und somit sind theoretisch, wenn man es genau nimmt, sämtliche Zeugnisse und ja sogar Ausweisdokumente zum Teil ungültig. Denn auf ihnen steht nicht mein Name. Und ja, es ist wirklich ein Unterschied ob jemand einreist mit dem Namen Voß, Vos, Voss oder Vosz (Beispielname). Im schlimmsten Fall verhaftet man schlichtweg den Falschen.
Genauso wenig wie vor einigen Jahren jemand »sitt« brauchte für »ich bin nicht mehr durstig«. Und heute ist es mir das erste Mal passiert, dass mein Mini-Ork sagte: »Mama satt.« Obwohl er seine Wasserflasche meinte und nicht mich oder sein Frühstücksbrot. Da hab ich dann gesagt: »Wie du bist sitt?« Das war so: Hm, in der alltäglichen Anwendung klingt das echt ungewohnt, aber gut, dass ich das präzise Wort dafür kenne, denn es geht eben nicht um Hunger. So wie er das Wasser nicht wollte, streckte er den Finger zeigend aus: »Mama Nane?« (gelbe, gebogene Frucht.) Es ist eben doch ein Unterschied.
Kleiner Einschub: Ich höre auch die beklopptesten Dinge, wenn ich mich mit Leuten unterhalte, weil ich bei meinem Kind immer so viel raten muss. Neulich beim Arzt sagt eine Dame des nichtärztlichen Fachpersonals zur anderen: »Guck mal, ob er noch (...) .« Ich habe verstanden: ›lebt‹. Die Dame sagte: »red’t« also: redet. In einem sehr verschliffenem Umgangston. Daher meine Fassungslosigkeit: »Wie bitte was? Der Herr lebt nicht mehr?« Wir haben danach sehr gelacht. Entwarnung: Der Arzt telefoniert nicht mehr, lebt aber wohl doch noch.
Jeder Buchstabe geschrieben wie gesprochen kann also schon einen semantischen Unterschied machen.
Womit ich wieder beim Berg und den Elfen wäre. Es ist eben doch ein Unterschied. Warte ELF, ich meine natürlich ALB - verdammte Lautverschiebungen! Was ist die verdammte Sprache auch so umtriebig und wandert immer rum? Man könnte glatt meinen sie kriegt Bonusmeilen.
Überhaupt, wir mit unseren Ü’s und ß’s und *innen meinen wirklich das wäre schon chaotisch? Find ich witzig, denn wenn ich daran denke, dass wir immer noch nicht alle Keilschriften, Runensprachen und Hieroglyphen enträtselt haben, kommt mir das was wir machen recht einfach vor. Immerhin hab ich meinen Mini-Ork nicht: »#0rx« genannt oder »> M^t3«, so wie gewisse Mehrfach-Milliardär-Unternehmer*.
Wenn euch das alles noch nicht durcheinander genug ist, Sprache ist noch viel schlimmer, als ihr denkt. Denn auch wenn man vom Sprechen redet, ist die Zeichensprache (Gebärden) auch eine Sprache, obwohl gerade dort nicht ein Ton von sich gegeben wird. Auf ihre Anatomie* bin ich auch noch nicht eingegangen. Wie jetzt? Aber Sprache ist doch ein »gedankliches Konstrukt«, wie kann sie eine Anatomie haben - Anatomie ist doch irgendetwas mit Körper. Ja ja, aber das Wort kommt ja von woanders und hieß ja auch mal was ganz anderes und korrekter angewendet hätte es weniger mit Körper mehr mit »zerschneiden« zu tun. Also wenn ich jetzt die Banane von meinem »> M^t3« einmal längs mit einem scharfen Messer ritze, dann betreibe ich Anatomie an ihr. Habt ihr noch nie so gesehen? Ich auch nicht, wozu auch, die kleine Made isst die Nane eh am Stück. Macht viel mehr Spaß.
Und das ist unterm Strich
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alles was ich damit sagen will. Wir sollten unseren Spaß mit unserer Sprache haben. Sie ist wie Kaugummi, lässt sich lange kauen, schmeckt nur im ersten Moment nach Pfefferminz, ist sehr dehnbar und wenn mal so ne Blase zu sehr mit Aufmerksamkeit gefüttert wird, zerplatzt sie. Vor allem aber: Hören wir nie auf zu neologisieren. Denn das ist eine der schönsten Bereiche, die wir als Autoren zur Verfügung haben. Erfinden, Re-kre-ieren und Basteln. Macht die Sprache noch chaotischer, als sie schon ist. Die Sprache kann das gut ab, sie lebt davon wie der Tod vom Sterben - äh, hä? Was? Na, ihr wisst schon.
In diesem Sinne: Morpfiges Gebubbele ö!
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https://www.duden.de/rechtschreibung/Albtraum
https://home.uni-leipzig.de/krueger/lehrews/geslaw/Beitrag%20germ.%20Lautverschiebungen.pdf
https://www.quarks.de/gesellschaft/bildung/wie-du-das-grosse-eszett-tippen-kannst/
https://www.swr3.de/aktuell/nachrichten/musk-sohn-name-100.html