In der Hütte angekommen suchte Niko einen etwas abgelegenen Tisch, an dem sie in Ruhe sprechen konnten. Mira beobachtete dieses Gehabe skeptisch. Niko verhielt sich seltsam, als würde er etwas verheimlichen. Doch sie wusste auch, dass er schon mit der Sprache herausrücken würde.
Als sich die Beiden gesetzt hatten, zog Niko einen magischen Kreis um sie, damit niemand sie belauschen konnte.
Mira legte den Kopf schief. Was hatte das zu bedeuten?
„Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, meinte Niko entschuldigend, woraufhin Mira die Augenbrauen skeptisch hob.
Doch ehe sie darüber sprechen konnten, trat die Bedienung zu ihnen.
„Hallo“, begrüßte sie die Beiden und warf Niko einen interessierten Blick zu, den dieser allerdings ignorierte. „Was kann ich euch bringen?“
„Für mich eine große Johannisbeerschorle und ein Schnitzel Wiener Art“, bestellte Mira.
„Für mich auch das gleiche Schnitzel und eine große Cola“, bestellte auch Niko.
„Danke“, meinte die Bedienung, nachdem sie beides notiert hatte. „Kommt sofort!“ Dann verschwand die Bedienung und Niko atmete auf.
„Also“, meinte Mira. „Was ist los? Warum willst du mit mir über Alec reden und machst dabei so ein großes Geheimnis daraus?“
„Naja“, begann Niko und schluckte. Niko wusste, dass Mira nichts von ihrer wahren Herkunft wusste. Dass ihre Eltern sie nur aufgenommen hatten und für andere groß gezogen hatten. Doch er musste klein anfangen. Zuerst musste er mit ihr über Alec sprechen. Mehr lag auch nicht in seiner Befugnis. „Ich habe mal recherchiert. Alec ist nicht der einzige Adler, der verschwunden ist.“
Mira nickte bedächtig. Das war in der Tat neu für sie.
„Die Bestände der Adler sind, wie du weißt, schon seit Jahren bedroht. Und jetzt scheinen auf einmal alle Adler mit einem Mal verschwunden zu sein.“
„Alle?“, hakte Mira ungläubig nach. „Auch… die der Königsfamilie?“
Der König war das höchste Oberhaupt der magischen Welt. Ihm unterstanden verschiedene Minister, die in für unterschiedliche Bereiche und Regionen zuständig waren. Gemeinsam regierten sie die magische Welt. Doch über den König und seine Familie war nichts bekannt. Es gab nur wenige, die etwas über den König wussten.
Niko nickte. „Auch die.“
„Das“, begann Mira, musste sich aber unterbrechen, weil die Getränke und das Essen kamen. „Das ist beunruhigend.“
„Sehr“, gab Niko zu. „Und da ist noch etwas.“
„Was?“, fragte Mira.
Niko wusste, dass es nicht seine Aufgabe war, Mira über ihre Herkunft aufzuklären. Doch sie musste noch etwas wissen. „Der König hat zwei Kinder – einen Sohn und eine Tochter“, begann er. „Der Sohn ist der ältere von beiden. Er… Da der Sohn der Thronfolger ist, wollte der König seiner Tochter ein unbeschwertes Leben ermöglichen und gab sie als kleines Kind weg.“
Mira schluckte. Die Worte weckten eine sehr frühe Kindheitserinnerung von ihr, die sie im Laufe der Jahre verdrängt hatte. „Klingt nett“, meinte sie.
Niko lächelte gezwungen. „Der König weiß allerdings nicht, wo seine Tochter ist. Nur ein einziger Vertrauter wusste es und dieser…“ Niko unterbrach sich, denn etwas hatte sich verändert. Er spürte es, und Mira genauso. Er sah es an ihrem Blick. Dann blickte er auf das Essen. Sie waren noch nicht fertig, dennoch legte er das Geld auf den Tisch. „Wir sollten jetzt gehen“, sagte er eindringlich.
Mira nickte nur und folgte ihm.
„Dieser Vertraute und der Thronfolger wurden vor drei Monaten ermordet“, flüsterte Niko, als sie die Hütte verließen.