Das Band zwischen Adler und Mensch war eines der stärksten, die es in der magischen Welt gab. Fand ein Adler einen Menschen, dem er voll und ganz vertraute, so verband er sich mit diesem Menschen. Beide teilten ab da ihre Leben miteinander. Sie spürten, was der andere fühlte; wussten, wann es dem Anderen wie ging; konnten die Gedanken des Anderen fühlen. Sprich ein verbundener Adler und ein verbundener Mensch waren sich sehr, sehr nahe. Nichts konnte sie trennen – außer den Tod.
Je mehr Zeit verging, desto klarer wurde es Mira. Sie hatte Alec tatsächlich verloren. Es war eine schmerzliche Wahrheit, die sie vermied anzusprechen, wann immer es ging.
Sie lenkte sich ab, in dem sie sich voll auf ihr Studium konzentrierte, sich in die Pflichten als Thronfolgerin einarbeitete und ihre Beziehung zu Niko pflegte. Niko war der Einzige, der wusste, dass das Band zwischen Mira und Alec nicht mehr wirklich existierte. Einzig Niko hatte Mira davon erzählt. Alle anderen hofften, dass Alec noch lebte.
Sie wusste, dass Niko alles tat, um ihr seelisch beizustehen. Doch er würde nie das Level erreichen, wie es Alec getan hatte. Das wussten beide. Dennoch hielten sie zusammen. Die Ereignisse hatten beide zusammengeschweißt, sie zu einer Einheit werden lassen.
„Ich habe eine Idee“, meinte Niko eines Tages, als sie bei Anna waren und im Garten halfen. Kaum ausgesprochen, verschwand er für einige Zeit. Dabei ließ er eine verdutzte Mira zurück. Sie zuckte nur mit den Schultern und widmete sich wieder der Gartenarbeit. Niko hatte manchmal solche Einfälle, bei denen er alles stehen und liegen ließ.
Tags drauf entführte er sie.
„Wohin gehen wir denn?“, fragte sie.
„Lass dich doch mal überraschen“, kam es nur als Antwort. Also folgte Mira Niko einmal queer durch die Stadt.
Schließlich hielten sie vor einem Tattoostudio.
„Was soll ich hier?“, fragte Mira vorsichtig.
Niko seufzte. Dann sah er zu seiner Freundin. „Er ist nicht mehr da“, begann er leise. „Daher dachte ich, dass sein Abbild… wenn du ein Abbild von ihm auf deinem Körper trägst, dann ist er zwar physisch nicht mehr da, aber er ist noch immer bei dir.“
Mira sah ihren Freund für einen Moment sprachlos an. Dann dachte sie einen Moment darüber nach.
„Das… es war eine dumme Idee“, meinte Niko, als Mira nicht reagierte. „Entschuldige!“ Geknickt wollte er sich abwenden.
„Das ist eine tolle Idee“, erwiderte Mira da und trat ganz nah an ihren Freund, um ihm einen kurzen Kuss zu geben. „Dann habe ich ihn immer bei mir. Genauso wie dich.“