Langsam wurde es Frühling. Die Natur begann erneut zu blühen, vergaß die harte Zeit des Winters. Auch Miras Gedanken klarten auf. Der Schmerz ihres verlorenen Adlers ließ langsam nach.
Doch wenn sie ehrlich war, wusste sie, dass Alec noch nicht verloren war. Sie gab es nur nicht zu, um nicht verletzt zu werden. Sie spürte tief in sich, dass etwas in diesem Versteck der Adler geschehen war – etwas, von dem niemand auch nur ahnte, dass es passieren würde. Aber sie konnte nicht greifen, was sie da spürte.
Eines schönen Tages lief sie entspannt durch die Innenstadt, genoss die zarten Strahlen der Sonne. Sie war nicht allein, das wusste sie. Sie war zu wichtig für die magische Welt, als dass kein Schatten sie begleitete. Doch das war für Mira in Ordnung, hatte sie doch in den letzten Monaten gelernt damit umzugehen. Es gab schlimmeres.
Zum Beispiel, dass Niko momentan für eine Expedition unterwegs war. Er sollte mit einigen Männern das Versteck der Adler erneut von außen untersuchen. Vielleicht hatte sich etwas über den Winter getan und man fand einen Weg in das Versteck. König Georg hoffte, die Leiche seines Sohnes zu bergen – auch wenn dieser des Königs Tod wollte, so konnte man ihn nicht dort lassen.
Mira hielt plötzlich inne. Etwas – ein Aroma – kam ihr bekannt vor. Doch sie wusste nicht, was es war. Daher folgte sie dem Aroma, obwohl alles in ihr sich dagegen sträubte. Je näher sie diesem Aroma kam, desto stärker wurde er. Es war ein kräftiges Aroma, das ihr sehr bekannt vorkam. Sie stockte. Sie kannte dieses Aroma, nur war es mit einer Prise von Tod und Verwesung verbunden.
Erschrocken sah Mira auf und blickte zur anderen Straßenseite. Dort stand ein junger Mann – ein paar Jahre älter als sie – und sah sie dunkel an. Sein Blick war feindselig, so dass Mira schluckte. Seine Haare waren etwas länger geworden und verdeckten seinen hasserfüllten Blick nur teilweise.
Mira blieb wie gefesselt stehen. „Das kann nicht sein“, schoss es ihr durch den Kopf. „Wie kann er zum zweiten Mal seinen Tod vorgetäuscht haben?“