Jones Edward
Ich war recht erfreut, den Inspektor kennenzulernen. Dieser erwartete uns in der Wohnung der Frau. Auf mich wirkte er wie jemand, der äußerst gewissenhaft seinem Job nachging. Er war allerdings recht ernst und auch sein Blick spiegelte diese Strenge auch wider. Er war das genaue Gegenteil von Alyrun, der gelassen seinen Blick erwiderte und außergewöhnlich ruhig wirkte. „Nun, Inspektor, mir wurde gesagt, Sie brauchen meine Hilfe?“
Der Inspektor deutete auf die Frau, bevor er uns auf den neuesten Stand der Dinge brachte. Er sagte uns den Namen der Frau, ihr Alter und ihren Beruf. Ich wusste nur vage, was deren Aufgabe war und ließ es mir von Alyrun erklären: „Magiekoordinatoren sind so etwas ähnliches wie Techniker für elektrische oder mechanische Geräte. Sie kombinieren diese mit Odemartigen, sprich, magischen Energiequellen Und entwickeln daraus Konzepte für Technologien.“
„Ganz recht, Alyrun! Man sollte auch anmerken, dass diese Frau schon sehr angesehen war in ihrem Beruf.“, ergänzte der Inspektor, „sie lebte hier mit ihrer Schwester zusammen. Die haben wir natürlich auch schon befragt.“
Ich erkundigte mich kurz, wie es der Schwester ging. „Sie steht unter Schock. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie ihre Schwester tot aufgefunden hat.“
„Wie kommen Sie dann darauf, dass es Mord war?“, fragte Alyrun.
Der Inspektor zeigte Alyrun die Leiche. „Man sieht deutlich die Einschussstellen, eine am rechten Bein und eine am Unterkörper. Anscheinend wurde aus unmittelbarer Nähe auf sie gefeuert.“
Alyrun warf mir einen kühlen Blick zu. „Edward, würden Sie...“
Ich nickte, froh, etwas tun zu können. Ich musste zugeben, dass es ziemlich aufregend war. Der Inspektor wollte etwas anmerken, aber Alyrun erklärte ihm, dass ich Arzt sei. Ich kontrollierte zuerst ihren Puls, was ein unerfahrener Mediziner wahrscheinlich für töricht halten würde, aber es gab viele magische Wirkstoffe, die man durch den Puls noch nach dem Tod wahrnehmen konnte. Jeder konnte lernen, magische Energien wahrzunehmen, aber es gab da viele Details zu beachten und es dauerte Jahre, sich die zahlreichen Merkmale einzuprägen. Ich jedoch hatte in der Armee ein ständiges Training absolviert und war daher erfahren in diesem Bereich. Aber an ihr war nichts, was mich stutzig gemacht hätte. „Also, ich finde nichts ungewöhnliches.“
Alyrun zog eine Augenbraue hoch, der Inspektor hingegen schien nicht überrascht. Ich untersuchte nun die Wunden.
Das Einschussloch am Bein zeigte, dass die Kugel durch das Fleischgewebe durchgedrungen war. Aber diese musste recht klein gewesen sein und sie war nicht auf den Knochen gestoßen. Allerdings fiel mir direkt die Verfärbung am Rand der Schusswunde auf. Die obere Verletzung war auf der rechten Seite, knapp unter der Niere. Solche Wunden führten aber nie zu einem schnellen Tod. „Verblutet, aber da ist etwas, das mich irritiert, nämlich die Wunde an der Stirn.“
„Die Leiche liegt nah am Holztisch, Mister Edward. Ich gehe davon aus, dass sie gegen den Tisch gestürzt ist, nachdem die Kugel sie ins Bein getroffen hatte“, meinte Morgan. Alyrun hingegen schien das Interesse bereits verloren zu haben und wollte sich stattdessen mit der Schwester unterhalten.
Zuvor hatte ich aber aus dem Augenwinkel gesehen, dass er etwas auf dem Teppich untersucht hatte.
Ich wandte mich von der Leiche ab und wollte Alyrun darauf hinweisen, dass es vielleicht besser wäre, wenn wir noch warten würden. Aber in seinem Blick war etwas, das mich davon abhielt, weiter darauf zu beharren. Was es wohl war? Skepsis? Misstrauen? Oder war es Zurechtweisung? Vielleicht auch eine Bitte nach mehr Vertrauen? Ich weiß es bis heute nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass er damals schon mehr über mich wusste, als ich ahnte.