Das nächste Zimmer, in das wir eintraten, war recht spartanisch eingerichtet. Wenige Möbel waren vorhanden, auch wenn diese von wunderbarer Qualität waren. Sie waren nicht aus beschichteten Pressplatten, sondern ganz aus Eichenholz gefertigt. Der Teppichboden war in einem hellen Laubgrün herrlich anzusehen. Neben dem Bett waren noch ein Schreibtisch und ein Schrank. Auf dem Tisch stand noch eine altmodische Schreibmaschine.
Der Inspektor hatte im Zimmer einen seiner Männer zum Schutz der Frau postiert. Als wir in den Raum traten, hob sie den Kopf und die Verzweiflung war ihr deutlich anzusehen.
Die Frau sah jung aus, meiner Einschätzung nach musste sie um die 20 sein, mit blonden Haaren und eisblauen Augen. Das war noch recht jung für jemand aus meiner Ethnie, die Areaner. Selbst in einer Situation wie dieser strahlte sie eine gewisse Anmut aus. Sie trug einen langen, weißen Rock und eine hellblaue Bluse. Sie hatte die Haare ihre lockigen Haare zu einem langen Zopf gebunden, der über ihre Schulter fiel.
Die Trauer stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben und ich konnte nicht anders als mein Beileid auszudrücken. Es war immer schwer, jemanden zu verlieren, der einem wichtig war.
Die junge Dame schluchzte. Mein Magen krampfte sich zusammen. Alyrun hingegen war auf einen gewissen Gegenstand an ihrem Finger fixiert. „Ist der von Ihrer Schwester?“
„Ja. Sie hat ihn mir geschenkt, als ich 23 Jahre alt wurde. Ich kann das alles einfach nicht glauben.“ Alyrun sah ihr fest in die Augen und erwiderte dann mit ruhiger Stimme: „Wann haben Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen?“
„Gestern Abend, bevor ich zu meiner Verabredung gegangen bin.“, berichtete die junge Frau. „Hören Sie, ich habe es den Inspektor schon gesagt, Tom würde niemals so etwas tun!“ Morgen sah sie scharf an. „Er ist vorbestraft, Miss Andersson! Zahlreiche Einbrüche! Und er ist Sportschütze!“
„Sie haben doch selbst gesagt, dass nichts fehlt! Sie kennen ihn doch überhaupt nicht!“
Die Frau schrie den Inspektor direkt an, dem anzusehen war, dass er seine Geduld verlor. „Jetzt hören Sie auf so herumzuschreien! Wenn er der Mörder Ihrer Schwester ist, ist es meine Pflicht, ihn zu überführen!“
„Inspektor!“, unterbrach ich ihn und erhob meine Stimme. Dadurch, dass er die Frau hier unter Druck setzte, ging er eindeutig zu weit! Überrascht von meinem Wutausbruch schwieg er augenblicklich. Alyrun sah mich amüsiert an, anscheinend gefiel ihm meine temperamentvolle Reaktion.
Der Inspektor jedoch bedachte mich mit einem Blick, der allzu deutlich zeigte, was er von davon hielt. „Meine Herren!“ Mit diesen Worten schritt er zur Tür und befahl dem Offizier, ihm zu folgen. Dieser aber senkte den Kopf zur Seite, weil er nicht wusste, was sein Boss von ihm wollte. „Schauen Sie nicht so blöd und trommeln sie die Jungs zusammen. Es geht zur Badstreet!“
Mein erster Eindruck von dem Mann hatte sich binnen Sekunden gewandelt. Ich hatte schon viele mies gelaunte Personen erlebt, aber der Inspektor schlug sie alle um Längen. Mit seinem Hitzkopf konnte er sich die Heizkosten sparen. Aber ich war dennoch klug genug, das für mich zu behalten.
Die Frau brach in Tränen aus. Ich konnte das Ganze nicht mit ansehen und versuchte, sie zu trösten: „Bitte beruhigen Sie sich, Miss Andersson.“
„Ich kann es einfach nicht glauben! Tom ist ein guter Mensch, er war stets ehrlich zu mir. Er hat mir erzählt, dass er...“
Alyrun versuchte sie mit seiner gelassenen Haltung zu beruhigen „Entspannen Sie sich. Es ist jetzt wichtig, dass Sie ganz genau meine Fragen beantworten.“ Die Frau zog ein Taschentuch aus ihrer Bluse und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ich war beeindruckt, dass der Deduktive nach wie vor so gelassen war. Er hörte der Frau geduldig zu und ermutigte sie, zu berichten, was sie in den letzten Tagen erlebt hatte.