Ich sperre die Tür auf und Sumo bellt. Beide Hunde bellen. Ich lasse meinen Hund vom Arm runter und die Hunde beschnuppern sich. Welch ein süßes Bild und ich muss schmunzeln.
Zuerst lege ich meine Winterjacke zur Seite und gebe beiden Hunden etwas zu Fressen. Danach mache ich mich ans Werk, um die Jalousien zu säubern, die jedoch schon so sehr ergraut sind, dass ich mich selbst dazu entschlossen habe, sie zu entsorgen ohne Mr. Anderson zu fragen. In den meisten Fällen hat die Frau einfach mehr Ahnung und die besten Ideen.
Danach sauge, putze, wasche und bügele ich die Hemden von Hank. Zum Schluss koche ich ihm eine Gemüsesuppe für so einen kalten nassen Wintertag wie heute und stelle den Topf in den Backofen, da er keine Mikrowelle besitzt.
Ich bin doch etwas neugierig, da es gestern hieß, Connor würde hier wohnen. Ich schleiche die Treppen hinauf in das gegenüberliegende Zimmer zu dem, in dem ich gewohnt hätte, hätte ich nicht erfahren, dass auch der Android hier bei dem Lieutenant wohnt. Wenn ich mich mit ihm gut verstehen würde und er nicht stets einen doofen Kommentar geben würde, hätte ich das wahrscheinlich auch getan, aber so ist mir diese Freiheit doch lieber.
Die Tür ist abgeschlossen. Sehr merkwürdig. Was hat er denn zu verbergen, dass er seine Zimmertür abschließen muss? Aber vielleicht kann ich irgendwann einmal einen Blick dort hineinwerfen. Denn gerade abgeschlossene Türen machen mich neugierig.
Ich verlasse die oberste Etage und bleibe am letzten Treppenabsatz wie versteinert stehen. Ich weiß nicht was der Android getan hat, aber Connor ist ihm gegenüber friedfertig. Er lässt sich graulen und ist die Ruhe selbst. Er hat noch nie einen anderen Menschen an sich heran gelassen außer mich. Nun ja, er ist kein Mensch, er ist wie Simon ein Android. Er scheint mich zu hören, denn er steht mit meinem Hund auf dem Arm auf und dreht sich zu mir um.
Sein Gesicht ist warm und herzlich. Er kommt auf mich zu und übergibt mir meinen Hund. Ein Wunder, dass er schweigen kann und mal nichts sagt, denn ich weiß, dass es genügend Sachen gibt, über was er sich mit mir austauschen will und er alles besser wissen will. Aber vielleicht hat auch Hank mit ihm ein ernsthaftes Wort gesprochen.
Ich setze Connor auf den Boden und Connor sowie Sumo rennen die Treppenstufen hoch zu ihm, dem Androiden, der schweigsam die Treppe hochgeht, an mir vorbei. Ich sehe, dass die Tür nur angelehnt ist. Wusste er, dass ich in sein Zimmer wollte? Hat er es vorausgesehen?
Leise und langsam gehe ich die Treppenstufen wieder hinauf. So leise wie ich eigentlich will, funktioniert es aber nicht, denn es sind alte Dielen. Ich hebe meine Hand und möchte die Tür öffnen, aber ich traue mich nicht. Auch traue ich mich nicht zu fragen, ob ich herein kommen darf.
Ich bin so in Gedanken mit mir selbst beschäftigt und mit vielen Fragen, dass ich gar nicht bemerke, dass Connor seine Tür geöffnet hat und mich ansieht.
"Kommen Sie. Ich weiß, dass Sie mein Zimmer sehen möchten seit Sie wissen, dass ich hier wohne."
Vorsichtig trete ich ein und bis auf eine kleine rote Couch, einen Stuhl aus dem Wohnzimmer und eine kleine Kommode besitzt er nichts. Mein Welpe Connor pennt auf seiner Couch, Sumo liegt auf dem Fußboden direkt davor und schnarcht.
"Nehmen Sie doch neben Ihrem Hund Platz." Ich nicke nur, kann aber nur schwer meinen Blick von dem Androiden abwenden, weil er heute vollkommen anders ist wie gestern. Aber sicher hat Hank mit ihm ein ernsthaftes Wort gesprochen. Er nimmt mir gegenüber auf dem Stuhl Platz.
"Ich möchte mich entschuldigen. Ich weiß, man hat es mit mir nicht immer leicht, aber ich lerne noch. Ich wusste nicht, dass ich Sie verletzen würde..."
"Wenn du deine Ratschläge demnächst für dich behältst, dann werde ich deine Entschuldigung annehmen."
"Ich gebe mir Mühe, aber ich meine es auch nur gut für Ihren Hund und Sie. Hier, einen Apfel und ein Leckerli für Ihren Einzug."
Ist schon etwas witzig, ich bekomme einen Apfel und der Hund bekommt nun jetzt doch von Connor ein Leckerli, obwohl er gestern noch strickt dagegen war.
"Danke."
"Auf eine hoffentlich dicke Freundschaft zwischen mir und Connor. Wir tragen schließlich denselben Namen."
Jetzt muss ich doch lächeln, was ich eigentlich gar nicht wollte, aber es bleibt mir keine andere Wahl, allein schon, wenn ich meinen Hund ansehe, wie er seinen Kopf in den schmalen Händen des Androiden vergraben hat, als er ihn auf seine schmalen Hände gehoben hat, kann ich ihm nicht mehr böse sein.
"Darf ich Sie heute mit dem Taxi nach Hause bringen?"
"Einverstanden."
Ich schreibe Hank noch einen Zettel, dass sich das Essen im Backofen befindet, aber er es sich auf dem Herd erwärmen muss, da er keine Mikrowelle hat. Ich habe mir eine Portion von der Suppe abgefüllt und sitze nun neben Connor während er den Welpen-Connor hält und er immer noch schläft.
Er steigt selbst in den Aufzug statt die Treppen zu nehmen. Es ist doch seltsam gerade neben diesem Androiden zu stehen. Ich bin eigentlich nicht die Person, die gleich jemanden in meine Wohnung hineinlässt, der mich noch einen Tag zuvor geärgert hat und die ich nicht kenne. Was mich da geritten hat, weiß ich auch nicht, denn ihn kann man nicht mit den anderen Androiden vergleichen.
Ich schließe die Haustür auf und der Android legt Connor in sein Hundebettchen. Er steht nun im Flur vor mir und scheint mich zu fixieren.
"Wenn du dich umsehen willst, bitte."
Er zieht nun seine Schuhe aus, legt seine Hände auf den Rücken und geht durch jedes Zimmer. Ich bin etwas nervös, weil ich mich frage, was er wohl an der Wohnung auszusetzen hat, aber anscheinend nicht. Er fragt nur, ob er sich auf die Couch setzen darf. Ich nicke.
"Ich stelle bei Ihnen eine innere Unruhe fest. Ist es wegen mir oder weil Sie mit der Höhe nicht klarkommen?"
"Vielleicht beides, aber letzteres kann sich noch ändern." Er nimmt die Visitenkarte zur Hand, die auf dem Wohnzimmertisch liegt.
"Sie kennen schon Josh, Simon und Markus?"
"Sie haben mir die Wohnung empfohlen. Simon war in meinem Zugabteil als ich auf dem Weg nach hier war."
"Sie sollten mit ihnen reden, denn sie sind Immobilienmakler. Kaufen, Verkaufen und Vermieten."
"Oh. Darf ich fragen, warum ihr euch 'Androiden-Territorium' nennt?"
"Das kann Ihnen Markus morgen erzählen. Ich gebe Ihnen morgen frei. Klären Sie erstmal das Problem mit der Wohnung. Wissen Sie, warum Hank Sie eingestellt hat?" Ich schüttele den Kopf.
"Damit ich ihm nicht mehr helfe. Ich habe vorher alles gemacht, aber nicht aus Frust, sondern gerne."
"Das heißt, du willst den Putzjob wieder haben? Nur ich muss erstmal etwas Neues finden."
"Das wird es."
Ich bin besorgt um meine Zukunft, meinen Arbeitsplatz und dass Connor nicht mehr Sumo sehen darf, denn sie lieben sich als würden sie sich schon ewig kennen.
Connor erhebt sich und mein kleiner Welpe wird wieder wach. Connor geht in die Knie und streichelt dem Malteser über sein kleines Köpfchen, dann geht er schwanzwedelnd zurück in sein Bettchen. Ich sehe zu beiden Connors hin und her und frage den Androiden, was er getan hat.
"Das er schlafen soll, dann wird er groß und stark wie ich werden. Gute Nacht Miss Holmes."
Er öffnet die Tür und geht. Eigentlich hätte ich mich bei ihm bedanken müssen für den schönen Abend, denn ich hatte schon lange nicht mehr so ein entspanntes Gespräch geführt und wer hätte das geahnt, dass mein Hund Connor leiden kann und insgeheim ich auch ein wenig, denn er ist ja nicht gerade von schlechtem Aussehen und wenn er lächelt, entstehen an seinen Mundwinkeln kleine Grübchen, das ist voll süß.