Oh nein, das darf doch nicht wahr sein. Ramona, Chantall und Penny besuchen mich in Detroit. Sie haben es tatsächlich wahr werden lassen, als sie zu Hause so nebenbei erwähnt haben, dass es möglich sein kann, dass sie mich besuchen kommen.
Aber warum gerade jetzt? Und warum heute? War der Tag für mich nicht scheiße genug gewesen? Jetzt muss ich auch noch ihre Anwesenheit ertragen. Oh nein, dann haben sie auch noch ihre Freunde mitgebracht. Ben, Dustin und Domenico, um mich nur noch weiter zu demütigen. Gerade auch noch den Macho Domenico, in den ich einst verknallt war. Ich versinke gleich im Boden.
"Du bist ja so still. Alles klar? Und du bist so spät," stellt Ramona fest.
Sie trägt einen hautengen schwarzen Lederrock, dazu High Heels, aufgesetzte Fingernägel und hat sich extrem stark geschminkt. Bei Chantall und Penny sieht es nicht anders aus, nur Ramona sieht so aus als wolle sie auf die Pirsch gehen, dabei hat sie ja Dustin an ihrer Seite, der nicht mehr kann als mich anzugaffen und große Töne zu schwingen.
"Ich war arbeiten."
"Um diese Zeit? Es ist nach drei Uhr? Gehst du anschaffen?"
"Habt ihr nichts Besseres auf Lager? Ihr wisst schon, dass ich gesagt habe, dass ich hier als Putzhilfe angestellt bin!"
"Schon, aber dafür gibt's ja die Sklavenarbeiter und nicht du," meldet sich Ben zu Wort. Oh, wie sehr ich ihnen doch allen in den Hintern treten könnte.
"Ihr meint Androiden. Die sind lebende Wesen und frei. Sie sind keine Sklaven mehr."
Alle sehen mich an, als habe ich Schnaps getrunken. Das werde ich wohl auch bald machen, wenn sie nicht verschwinden.
"Du machst Witze."
"Nein, Penny. Und jetzt geht und zwar SOFORT und eure Klamotten könnt ihr gleich mitnehmen."
"Aber wir dachten, wir könnten hier wohnen, schließlich lebst du unseren Traum von einem Ankleidezimmer, einem großen Spiegel im Bad, das ist echt mega." Meine einst festen Freundinnen nicken im Einklang.
"Nein! Es ist meine Wohnung und mein Leben. Verschwindet jetzt endlich, ich bin so verdammt müde."
Widerwillig packen sie ihre Sachen zusammen und verschwinden aus meiner Wohnung. Ich weiß nicht, wann es geschehen ist, aber in den sehr frühen Morgenstunden bin ich endlich eingeschlafen.
Eine feuchte Stupsnase weckt mich aus meinem tiefen Schlaf. Ich öffne die Augen und ich entdecke mich auf dem Boden. Auf dem weichen Teppich vor der Velourcouch. Was ist geschehen? Mit mir und der Wohnung.
Schlaftrunken stapfe ich ins Bad und auf dem Spiegel steht ganz groß in rot geschrieben SCHLAMPE. Es war definitiv ein roter Lippenstift. Er riecht auch noch nach Himbeere. Es kann sich nur um den Lippenstift von Penny drehen. Mir ist es total schlecht und ich muss mich in diesem Moment übergeben.
Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Was ist denn heute Nacht nur vorgefallen? Ich weiß noch soviel, dass Connor mich nach Hause gebracht hat, ich die Tür geöffnet habe und drei Mädels laut 'Überraschung' gerufen haben. Drei Kerle haben sie noch bei sich gehabt.
Ich habe sie darum gebeten, dass sie gehen sollen, da ich todmüde bin. Auf dem Wohnzimmertisch stand Wasser...Ein zweites Mal muss ich mich übergeben und danach fühle ich eine warme Hand auf meinem Rücken. Ich drehe mich zur Seite und es ist Connor.
Er sieht besorgt aus. Kein montones sowie kaltes Gesicht, sondern warmherzig. Er trägt wieder sein graues Jackett mit der Armbinde. Mein Haar ist zersaust, mir brummt der Schädel. Nachdem ich mich das vierte Mal erbrochen habe, scheint es mir wieder besser zu gehen.
Connor hilft mir auf die Beine und scheint die Wohnung zu analysieren. Was er wohl von mir hält? Dass ich eine Nute bin, die über die Maßen hinaus trinkt.
"Hatten Sie heute Nacht noch Besuch?" Ich schildere ihm alles, was mir einfällt.
"Man hat Ihnen K.O.-Tropfen ins Wasserglas gefüllt, um es nun so aussehen zu lassen, als wäre jemand bei Ihnen eingebrochen und hat Sie überfallen. Wir müssen sie finden und zur Rede stellen."
"Ich kann nicht mehr. Immer tun sie etwas, was mich an den Rand der Verzweiflung bringen."
"Es wird alles gut werden."
Simon und Markus betreten die Wohnung und ich sehe ihr verzerrtes Gesicht. Als Connor ihnen alles erklärt, werden ihre Gesichter sanft und sie kommen auf mich zu und umarmen mich. Im Blickwinkel sehe ich Penny und die anderen wie sie in die Wohnung stürmen und auf "entsetzt tun". Connor hält sie auf sich mir nicht zu nähern.
"Was? Das, das sind doch Androiden Madeleine? Warum dürfen wir nicht zu dir?", fragt Ramona erbost.
"Ich weiß, was ihr getan habt. Connor, kannst du es ihnen sagen?" Er nickt und ich lasse mich von Markus und Simon aus der Wohnung bringen, vorbei an Dustin, Ben und den einstigen Domenico, in den ich mal verliebt war und er mir mein Herz gebrochen hat.
Bei Hanks Wagen angekommen, höre ich sogar von der Straße bis in die zehnte Etage Chantall und Ramona Connor angiften und fluchen. Ich schaue zu Boden und schäme mich für sie.
"Yeah, sie müssen für die Kosten der Wohnung aufkommen. Willst du für eine Weile zu Hank und Connor ziehen bis wir für dich eine Alternative gefunden haben," fragt Simon.
"Nein. Ich bleibe bei Hank. Er hat es mir schließlich vorgeschlagen und jetzt nehme ich sie an."
"Okay. Wir müssen leider los. Können wir dich hier paar Minuten alleine stehen lassen?"
"Natürlich."
"Gute Besserung."
Keine Minuten später kommt Connor an den Wagen. Im Schlepptau hat er meine Exfreundinnen mit Anhang und die Policeoffiziere haben ihnen Handschellen angelegt. Sie sehen mich finster an. Ich kann ihre Blicke nicht länger ertragen und setze mich in den Wagen. Connor nimmt am Steuer Platz und fragt, ob alles in Ordnung ist.
"Nichts ist in Ordnung. Ich wusste ja, dass sie etwas speziell sind, aber dass sie in der Lage sind mir K.O. Tropfen zu geben, nur weil ich ihnen verweigert habe bei mir zu schlafen, dass hätte ich niemals ihnen zugetraut."
"Menschen ändern sich. Das sagt Hank mir oft. Entweder zum Guten oder Schlechten. Können wir fahren? Wenn Sie etwas vergessen haben, können wir es später noch holen."
"Nein, fahr los und duze mich ruhig."
Bei Hanks Haus angekommen, hilft mir der Lieutenant aus dem Wagen und bedauert mich für den Vorfall. Beide helfen mir mit den Koffern. Connor ist bereits bei Sumo und nun kommt er glücklich zu mir gelaufen und schlabbert mein Gesicht ab.
"Ich bin wieder da, mein Schatz. Alles gut. Na' geh zurück zu Sumo, er vermisst dich schon. Ich werde mich erst einmal hinlegen."
Ich erhebe mich, gehe die Treppen zu meiner neuen Bleibe hoch und Hank legt seine Hand behutsam auf meine Schulter. Connor ist in meinem Zimmer und schaut aus dem Fenster als ich es betrete.
"Kann ich noch etwas für dich tun?"
"Nein. Danke für deine Hilfe. Ich werde erstmal versuchen etwas Schlaf zu finden."
Das Zimmer ist etwas eng und da noch die Koffer in dem kleinen Zimmer zwischen Bett und Schrank stehen, quetscht sich Connor an mir vorbei und ich komme seinem Körper nah wie jemals zuvor. Aber es ein angenehmes Gefühl, weil er auch noch verdammt gut nach Marzipan riecht, zumindest glaube ich das.
"Bis später." Ich nicke und verschließe hinter mir die Tür. Insgeheim wünsche ich mir, er würde bleiben.