Connor steht vor der Tür als ich ins Bad will. Seine Augen sind auf mich fixiert und er scheint gerade nicht reden zu können. Ein Android, der anscheinend noch nie eine Frau nur mit einem Badehandtuch gesehen hat.
"Kannst du mich vorbeilassen, ich möchte duschen."
"Natürlich. Ich möchte auch nur fragen, ob du Lust hast, etwas spazieren zu gehen?" Ich nicke und füge an, dass ich nicht lange brauche.
Nach fünfzehn Minuten bin ich fertig, lasse meine Haare offen, trage eine wärmende Winterjeanshose, meinen weißen Kashmirpullover, den ich von meiner Mom geschenkt bekommen habe sowie Stiefel, Jacke und Mütze. Es ist ungewohnt sich bei einem Androiden einzuhängen, aber bis auf seine LED, ist er von niemand anderen zu unterscheiden, da er auch Mütze, Jacke, Pullover und Stiefel trägt.
"Alles klar?"
"Ja. Die Dusche und der Schlaf haben mir gutgetan."
Connor hält meinen Hund Connor an der Leine. Voll süß. Sumo ist bei Hank geblieben. Der Android bleibt stehen und scheint irgendetwas zu analysieren. Ich sehe in dieselbe Richtung und nun verstehe ich, warum Connor so überrascht und perplex ist. Markus und Simon sitzen Arm in Arm auf einer Bank und lecken ein Eis. Paar Meter weiter gibt es auch einen Eisstand. Für mich nur verwunderlich, dass Androiden Eis essen.
"Auch Eis?", fragt Connor, "oder ist dir zu kalt?"
"Eine Kugel geht wohl, Vanille bitte. Gut. Hallo, eine Kugel Vanille und für mich Thirium-Pistazie-Schoko-Eis."
"Natürlich Connor. Ihre Freundin? Sie ist hübsch."
Der Eisverkäufer und Connor kennen sich also. Das ist schön. Thiriumeis. Ich muss die Androiden doch wirklich mal fragen, was das ist. Vielleicht nicht gerade heute, aber irgendwann. Connor schweigt bei der Frage, ob ich seine Freundin bin. Wahrscheinlich will er mich nicht überrumpeln, deshalb schweigt er lieber.
"Danke. Du hättest ruhig sagen können, dass ich deine Freundin bin, dass wäre echt schön gewesen."
"Ich war mir nicht sicher, schließlich konntest du mich vor ein paar Tagen noch nicht leiden."
"Aber jetzt schon, sonst wäre ich wohl kaum zu dir gefahren, nachdem ich bei Simon, Markus und Josh war."
"Stimmt. Gehen wir doch zu Simon und Markus, denn sie haben uns schon entdeckt."
Wir nehmen neben dem Pärchen Platz und nun verkünden sie offiziell, dass sie zusammen sind. Wahrscheinlich sind die Wogen geglättet und sie sind nun endlich beider Meinung und wenn mal wieder nicht, reden sie darüber und dies soll kein Trennungsgrund sein.
"Das ist wirklich eine Überraschung. Ich dachte, dass du Markus, mit North ein Paar seid," wendet Connor sich speziell an ihn.
"Nein. Ich glaube, dass sie auf dich steht."
"Mich?"
Connor wird ganz leise und fragt sich anscheinend wie er zu der Ehre kommt, dass North an ihm interessiert sein kann, obwohl er ihr gar keine Anzeichen geschickt hat.
"Du bist begehrt," stichelt Markus und sieht dabei mich an und ich gebe prompt zur Antwort, dass wir Freunde sind.
"Na' klar, man sieht ja schon von Weitem wie sehr ihr aneinander hängt," bemerkt das Pärchen an uns gewandt. "Ihr solltet es zulassen und dem nicht entfliehen. Genießt das Eis und die Bank, wir müssen leider."
Beide umarmen mich und bei Connor legen sie ihre Hand auf die Schulter und sehen ihn ernst an. Ob er aber versteht, was das Pärchen damit meint, das bezweifle ich stark, aber es wäre schön, wenn Connor den ersten Schritt wagen würde statt ich.
Auf dem Rückweg begegnen wir noch anderen Androiden. Connor ist sehr bekannt in der Stadt und man liebt ihn, ob weibliche Androiden oder seinesgleichen, die männlichen. Nines kommt auch auf uns zu. Sie scheinen wohl Rivalen zu sein. Denn sie grüßen sich nur kurz, aber sehen sich nicht wirklich an. Mir gegenüber ist er jedoch freundlich und nickt mir zu.
"Ihr scheint euch nicht zu mögen."
"Nein. Ich sollte durch ihn ersetzt werden. Das heißt, ich deaktiviert und er mit der neusten Technik wäre er auf dem Markt zugänglich gewesen, aber zum Glück kam alles anders."
"Er ist nun aber auch ein Abweichler, aber anders, nicht wie ihr?"
"Genau. Er übt keine Rache, tötet niemanden, aber fühlen und leben wie wir kann er nicht."
"Irgendwie bedauernswert, oder?" Connor bleibt stehen und sieht mich vorwurfsvoll an.
"Nein."
"Okay."
"Wir sollen zurückgehen, denn du frierst, deine Temperatur sinkt."
"Gute Idee."
Sonst habe ich für Hank gekocht, nun hat er für sich und mich etwas Warmes gemacht und das nehme ich gerne an, denn ich friere. Semmelknödel, Rotkraut und Rouladen, das richtige Essen für den Winter. Jetzt muss es nur noch schmecken. Connor sitzt bei uns und beobachtet uns schweigend.
Ist schon irgendwie komisch. Die Menschen genießen ein warmes Essen und ein Android sitzt am Tisch des Menschen und kann dieses Essen gar nicht kosten, aber Hank hat sich anscheinend schon an diese Situation gewöhnt, ich muss es noch, aber ob ich jemals kann, weiß ich nicht so recht.
"Das Essen ist echt fantastisch," lobe ich Hank.
"Das freut mich zu hören."
"Können Sie Schach?", fragt Hank.
"Nein."
"Dann werden wir wohl gemeinsam gegen Connor verlieren."
"Oder er schummelt, damit wir auch einmal eine Chance haben," schlage ich vor.
Connors LED blinkt Rot als ich diesen Vorschlag gemacht habe und Hank und ich müssen herzhaft lachen. Connor ist aber gar nicht nach Lachen zumute, da Schummeln eine Straftat ist, zumindest in seinen Augen. Hank muss daher Connor den Sinn erklären, was Schummeln im Sinne des Spielens im privaten Kreis bedeutet und es dann keine Straftat ist.
"Du bist ein Android. Du wirst immer gegen uns gewinnen. Wirst immer die Spielzüge von uns voraussehen können, deshalb setze dein Spiellevel etwas niedriger, damit wir auch noch eine Chance haben," erklärt Hank ihm und ich nicke bestätigend und sehe ihn zusätzlich noch bittend an.
Er sieht in unsere Gesichter und er gibt sich tatsächlich geschlagen, aber nur sehr ungern. Er setzt seinen Level niedriger an und darüber bin ich ihm dankbar. Ich kann nicht mehr an mich halten, stehe auf und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Hank lächelt uns zu. Connor scheint etwas verwirrt zu sein, was dies nun wieder zu bedeuten hat.
"Connor, Madeleine freut sich darüber, dass du unserer Bitte gefolgt bist. Außerdem kann sie doch noch gar kein Schach. Sie muss es erst noch lernen. Sie möchte dir auf diese Art danken."
"Okay."
Connor streift mit seiner Hand über meine und lächelt wieder so als er mich vor einiger Zeit nach Hause gebracht hat. Jetzt sieht man wieder seine kleinen Grübchen an seinen Mundwinkeln. Dabei bleibt mir fast das Herz stehen.
Ich wende mich jetzt jedoch von ihm ab, da ich mit Hank Connor schlagen will, was uns beiden sogar dreimal gelingt. Dann haben wir wieder eine komplette Nullrunde und es kommt mir so vor als habe Connor wieder sein Level aufgestockt. Ich bin mir sicher, frage ihn aber nicht danach.
Als es kurz vor dreiundzwanzig Uhr ist, beenden wir unser Spiel und Hank verabschiedet sich von uns. Ich und Connor machen gemeinsam den Abwasch. Einer ist doch zuviel und Connor macht es für Hank wirklich gerne. Vielleicht soll ich es bei Markus und Simon ausprobieren und mir einen Ruck geben, genau wie Connor sich einen geben soll. Wäre schön, er würde mir einen Kuss geben.