Ich habe meine Skizze vergessen so auch den Weg zum Territorium. Ich stehe in der Nähe der Straßenbahn und kann nur hoffen, dass Nines oder ein anderer Android meinen Weg kreuzt, sonst bin ich wieder allein auf mich gestellt.
Meine Gedanken sind bei Connor als ich nun doch alleine den Wald betrete. Ich überlege noch, dass es irgendwo nach links gehen muss, auch an einem Graffiti nach rechts. Trotzdem bleibe ich am Waldesrand stehen und dann erhellt sich mein Gesicht. Connor kommt auf mich zu. Er hebt mich ein Stück vom Boden ab, umfasst meine Taille, küsst mich, als habe er mich Tage nicht gesehen und fragt ohne mit der Wimper zu zucken, ob er mich begleiten kann.
"Ja bitte. Hat dich Hank gehen lassen?"
"Ich war noch gar nicht im Büro. Ich war mit den Hunden unterwegs, dabei hat man mich in ein Gespräch verwickelt und als ich mich auf den Weg ins Präsidium machen wollte, wollte ich sehen, ob du es geschafft hast. Hank muss warten, du stehst an erster Stelle."
"Das ist lieb."
"Bereit?"
Ich nicke und mit Connor an meiner Seite finde ich den Weg viel einfacher, denn er gibt mir Eselsbrücken: "Afrikanische Elefanten haben lange Ohren. Um links abzubieten, musst du dich nach dem längsten Weg ausrichten und immer an lange Elefantenohren erinnern. An was sollst du dich erinnern?"
"An lange Elefantenohren."
"Richtig. Um den Amberbaum zu finden, dieser hat im Herbst die schönsten bunten Blätter und im Winter im Vergleich zu anderen Bäumen die schönsten Zweige. Wir können uns auf dem Nachhauseweg noch andere Bäume uns ansehen."
"Ich weiß, der schönste Herbst- und Winterbaum." Connor nickt.
"Und zum Abschluss das Graffiti in den Farben Braun, Gelb, Orange. Sieh es dir an. Was meinst du, was es darstellt?"
"Einen eckigen Löwen?"
"Ganz genau. Meinst du, so findest du heute den Rückweg?"
Ich nicke und gebe Connor einen Kuss nachdem ich meine Arme um seinen Hals geschlungen habe. Ich löse mich von ihm als die Androiden zu mir kommen. Sie lächeln uns zu und Connor geht.
"Hallo, warum hat es Connor so eilig?", fragt Markus.
"Weil er sonst mit Hank Ärger bekommt. Er ist später dran wie sonst, aber er hat mir Eselsbrücken gegeben, dass ich ohne Hilfe aus dem Wald hinaus und wieder hinein finde."
"Das ist ja schön. Seid ihr zusammen?", möchte Simon wissen.
"Ja, seit gestern."
"Das freut uns. Willst du uns etwas mitteilen?"
"Ich möchte es versuchen. Ich möchte euch begleiten."
"Wie kam es dazu?"
Ich erkläre es ihnen und die Androiden finden das eine gute Idee. Mir war nicht klar, dass Josh wirklich etwas für mich empfinden würde und als er jetzt noch durch mich erfahren hat, dass ich mit Connor zusammen bin, hat er sich dazu entschlossen im Büro zu bleiben und so wenig wie möglich Kontakt zu mir zu haben.
Irgendwie bin ich sogar dankbar, denn es ist nicht so gut einen eifersüchtigen Androiden dabeihaben zu wollen, der uns den Kunden begleitet und eine Miene zieht als habe er etwas gegen die Menschen.
"Wie läuft das jetzt genau ab?", möchte ich wissen.
"Wir vereinbaren einen Termin mit Mrs. Thrombow, an einem ihr ansprechenden Ort, entweder an der Immobilie oder woanders und fahren zu ihr. Entweder verläuft der Termin gut und sie hat nichts gegen uns oder aber sie kennzelt den Vertrag umgehend und möchte nie mehr etwas von uns hören. Dann kommst du ins Spiel," erklärt mir Markus.
"Okay."
Markus ruft über seine LED Mrs. Thrombow an und sie entscheidet sich, die Androiden gleich an der Immoblie in einer halben Stunde zu treffen. Sie weiß noch nicht, dass Markus und Simon Androiden sind. Ihre Stimmen klingen auch nicht wie die von Androiden.
"Bereit?"
"Etwas nervös."
"Wir sind bei dir und ich glaube Connor ist auch in Gedanken bei dir," versucht mich Simon zu beruhigen. Ich nicke.
Der robuste Fahrstil von Markus macht mich noch mehr nervös wie ich schon bin. Würde kein Schnee liegen, hätte ich das Fahrrad bevorzugt. Andererseits ist es im Wagen wärmer und das Tablet bleibt trocken. Auf Taxi wollte Markus nicht zugreifen.
Wir steigen vor der Immobilie aus. Ein kleiner feiner Bungalow im Grünen. Fast so klein wie Hanks Haus, nur noch ein bisschen kleiner. Die Dame steigt mit hochhackigen Stiefeln und einem hochwertigen Mantel aus dem Taxi. Man kann fast meinen, es sei eines meiner Exfreundinnen. Aber warum wollen sie hier heimisch werden? Um mir etwas anzutun? Außerdem wurden sie mit der Polizei abgeführt.
"Hallo, Mrs. Thrombow. Haben Sie den Weg gut gefunden? Hier ist die Übersicht des Hauses." Markus überreicht ihr eine Skizze. Anscheinend bevorzugen die meisten immer noch am liebsten Papier statt auf elektronische Geräte umzusteigen.
Simon öffnet mit einem Schlüssel die Tür, wobei er es sicher auch so wie Connor bei Hanks Tür hätte machen können.
"Das ist der Flur mit Garderobe und dann treten Sie in ein großes Wohnzimmer mit angehender Küche," beginnt Simon das Gespräch.
"Kann man hier einen Durchbruch machen? Denn ich habe gerne eine offene Küche zum Wohnzimmer."
"Tut mir leid, aber wir haben noch zwei weitere Immobilien."
"Ich sehe mir es trotzdem weiter an," gesteht die feine Dame, da ihr der Bungalow anscheinend gefällt.
Schweigend läuft sie in jedes Zimmer und wir ihr hinterher. Im Bad verharrt sie und fragt, wo denn die Badewanne ist, denn sie badet lieber als zu duschen.
"Wir müssen eine Alternative finden. Alles können wir in keiner Immobilie komplett erfüllen," versucht Markus ihr ruhig verständlich zu machen. Mich scheint sie noch gar nicht wirklich wahrgenommen zu haben.
"Was fehlt denn bei den anderen Immobilien?", möchte sie sofort wissen, ohne sich diese überhaupt erst ansehen zu wollen.
"Bei beiden kein Bungalow, sondern 100 Quadratmeter Wohnungsfläche, dafür jedoch weniger Garten und keinen Swimmingpool."
"Okay, nehme ich. Den Bungalow können Sie streichen. Ich nehme irgendeine dieser Immobilien."
Beide überreichen ihr aber beide Unterlagen, so dass sie sich die ansehen kann und entscheidet sich nun für Immobilie 3 und dass die Herren alles für den Kauf fertigstellen sollen. Natürlich Androiden, aber ich bin dankbar, dass sie meine Freunde nicht als Androiden erkannt hat und wenn doch, nichts sagt. Geld habe sie genug. Sie ruft sich ein Taxi während wir immer noch vor dem Bungalow stehen.
"Freut mich, dass es geklappt hat und es ihr nicht aufgefallen ist, dass ihr Androiden seid."
"Das finden wir auch Madeleine. Danke. Was meinst du, willst du den Bungalow haben?", fragt Simon mich und Markus nickt zustimmend.
"Ich?"
"Steht hier noch eine Madeleine?"
"Nein."
"Ist es etwas Festes zwischen dir und Connor?", will Markus wissen.
Oh, jetzt werden sie aber neugierig, aber es stimmt, diese Nacht mussten wir verdammt aufpassen, dass wir Hank nicht wecken. Ich hätte wieder mehr Platz und Connor kann kommen und gehen wann er will.
"Was meinst du?", fragen beide gleichzeitig.
"Ich glaube, ich mache es. Ja, ich glaube schon, es ist etwas Festes und wir mussten heute Nacht aufpassen, dass wir nicht Hank wecken."
"Dann wäre der Bungalow doch genau das richtige. Klein, aber fein. Sollen wir den Vertrag fertig machen oder willst du mit Connor darüber reden?", möchte Simon wissen.
"Macht ihn fertig, unterschreiben werde ich ihn morgen, wenn ich Connor davon erzählt habe."
"Dann fahren wir mal wieder zurück."
Ich träume mir bereits alles aus, wie es werden wird und vor allem hat mein Hund einen großen Garten, in dem er und Sumo sich auch einmal austoben können. Ich kann es kaum erwarten, Connor davon zu erzählen.
Ich umarme die beiden Androiden und sage, dass ich den Weg definitiv ohne ihre Hilfe nach draußen finde. Josh steht am Eingang und nickt mir nur zu. Nines, der emotionslose Android, steht am Amberbaum, aber ich schüttele den Kopf.
"Danke, dass du mich begleiten willst, aber ich brauche deine Hilfe nicht mehr."
"Sind Sie sich sicher?"
"Ja. Connor hat mir Eselsbrücken gegeben."
"Verstehe."
"Bist du mir jetzt böse? Ich würde gern, dass wir Freunde bleiben, auch wenn ihr euch nicht mögt, aber vielleicht eines Tages."
"Ich bin Ihnen nicht böse. Wenn Sie möchten, bin ich gerne Ihr Freund und wer weiß, vielleicht sind Connor und ich eines Tages keine Feinde mehr, weil es Sie gibt. Einen schönen Tag und morgen sieht man sich sicherlich wieder."
"Ja bestimmt. Nenn mich doch Madeleine."
Ich glaube, ich sehe das erste Lächeln auf Nines Gesicht als wir nun ein längeres Gespräch miteinander geführt haben wie zuvor.