Nachdem wir mit der Küche fertig sind, gehen wir noch eine kleine Runde mit den Hunden Gassi. Sumo ist schon sehr schwerfällig. Ich weiß nicht, welches Alter er bereits erreicht hat und wie alt Bernadiner werden, aber wenn er von uns geht, glaube ich, dass der Schmerz für Hank nicht so groß sein wird, da dort ja noch ein weiteres kleines Nervenbündel ist, nämlich mein Malteser und dass auch mein Hund Sumo nicht allzu sehr vermisst, da er den Androiden Connor als seinen Freund hat.
Connor schweigt, aber ich spüre den Blick im Seitenwinkel, der auf mir ruht. Was er wohl denken mag? Dann dreht er wieder um und nur mit Betasten der Tür schließt er sie auf. Die Hunde huschen hinein ins Warme und Connor schmiegt sich an seinen großen Freund. Connor hilft mir aus der Jacke und wir schleichen die Treppenstufen hoch, um Hank nicht zu wecken. Ich muss grinsen, denn ich habe noch nie solch ein lautes Schnarchen gehört. Auch Connor muss grinsen.
Er steht an meiner Tür und wünscht mir eine gute Nacht. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und gebe ihm wieder einen Wangenkuss. Dabei steigt mir wieder der Geruch von Marzipan in die Nase. Eigentlich brauche ich ihn nur fragen, ob er Aftershave mit Marzipanduft benutzt, aber ich traue mich nicht. Seine synthetische Haut fühlt sich gar nicht so an, sondern hauchzart wie die der menschlichen. Ich nehme von ihm Abstand und ich schließe die Tür.
Ich warte noch ein wenig und frage mich, wenn er in den nächsten Minuten nicht zu mir kommt, muss ich Eigeninitiative ergreifen und in sein Zimmer schleichen. Und tatsächlich, es bleibt still um meine Tür. Ich ziehe mein Seidennachthemd an, obwohl dieses für den Winter viel zu kalt ist, aber er soll mich ja auch wärmen.
Ich schleiche auf den Treppenflur und öffne Connors Tür. Er sitzt auf dem Stuhl. Anscheinend ist er unter Hypnose oder er lädt sich auf. Leise flüstere ich seinen Namen und stehe vor ihm. Seine Augen öffnen sich und seine LED rotiert augenblicklich hektisch in Rot und Orange. Er steht auf und sieht zu mir hinab. Er hat sicher eine Körpergröße von 1,90, denn jetzt kommt er mir größer vor wie noch vor Minuten und die vergangenen Tage.
Irgendwie unheimlich und ich denke mir, was habe ich mir da nur gedacht. Ich möchte wieder gehen, aber er nimmt meine Hand und kurzerhand sitze ich auf seinem Schoß auf seinem Stuhl. Wir schauen uns an. Er streift mit seinen schmalen großen Fingern über meine nackten Arme und bleibt an meinem bedeckten Busen hängen. Er lässt seinen Blick hinunter zu meinen Schenkeln schweifen und ich studiere genau seinen Gesichtsausdruck, aber auch seine LED, die immer noch zwischen Orange und Rot hin und her rotiert.
Warum ist mir das nicht schon eher aufgefallen, welch ein hübscher Android er ist? Anscheinend habe ich mich zu sehr über das, was er gesagt hat, geärgert, so dass ich auf all das andere nicht mehr geachtet habe. Aber diesen Androiden, auf dessen Schoß ich nun sitze und er mich studiert, kann man gar nicht hassen. Ja, ich bin mir definitiv sicher, ich habe mich verliebt.
Connor hebt wieder seinen Kopf, streift über mein schulterlanges blondes Haar und ganz zaghaft kommt er mir näher. Nur noch paar Millimeter trennen uns unsere Lippen voneinander. Mein Herz klopft, als er es endlich wagt. Seine Lippen sind so weich. Unvorstellbar, dass er ein Android ist. Am liebsten würde ich gleich hier und ganz schnell es mit ihm treiben wollen, aber es ist für mich genauso das erste Mal wie wahrscheinlich für ihn und wir brauchen sicher dafür mehrere Tage, deshalb konzentrieren wir uns jetzt erstmal nur auf das Küssen und die leichten Streicheleinheiten.
Außerdem schläft Hank direkt gegenüber. Das Schnarchen lenkt uns auch ständig ab. Es wäre echt dumm, wenn er uns beim Liebesakt erwischen würde. Ich kann ihm dann nie mehr unter die Augen treten.
"Deine Haut ist ganz weich und zart. Du bist wunderschön."
Statt einer Antwort gebe ich ihm einen Kuss und greife unter seinen Hoodie und ertaste harte Bauchmuskeln, die sich in einem Zuge verkrampfen als meine kalten Hände darüber streifen. Seine LED rotiert nun nur noch in einem dunklen Rot.
Connor steht auf, wendet seinen Blick aber nicht von mir. Im Gegenteil. Nun ist er es, der mich immer mehr küsst, auf seine Arme hebt und in den Flur in mein Zimmer schleicht.
Dort bettet er mich vorsichtig in mein Bett und legt die Decke darüber. Ich denke, er will gehen, aber er zieht vor meinem Bett seine Jeans und den Hoodie aus und legt sich zu mir direkt unter die Decke. Es ist wahrlich ein wunderschönes Gefühl. Wahrscheinlich wollte er nicht länger zusehen wie ich friere.
Mein Rücken liegt an seiner synthetischen warmen Brust. Sicher sind Androiden kalt, aber er gibt mir Wärme, damit ich endlich nicht mehr friere. Ich möchte sein Gesicht sehen und lege mich auf den Rücken.
"Connor, du hast eben gesagt, ich bin wunderschön. Du aber auch," flüstere ich. Er legt seine Lippen auf meine und gräbt seine Arme unter meinen Rücken.
Wäre ich nicht der Mensch, der gerne soviel Nähe zulässt, dann hätte ich mich wahrscheinlich jetzt aus seiner Umarmung gerissen.
"Darf ich dich etwas fragen?" Connor nickt.
"Benutzt du Aftershave mit Marzipanduft?" Er grinst und schüttelt den Kopf.
"Aftershave schon, aber Hank denkt auch, dass es Marzipan sei. Es ist Karamell."
"Oh. Aber es riecht gut, es passt zu dir. Ein Android, der immer gern das letzte Wort haben will."
"Ich werte dies mal als ein Kompliment."
Ich sage nichts dazu, eigentlich sollte es kein Kompliment sein, denn es ist echt nervend, aber jetzt ist mir alles völlig egal. Danach begibt er sich weiter auf Spurensuche entlang meines Körpers unter der Bettdecke. Ich genieße seine Berührungen so sehr, dass ich einschlafe.
Aus weiter Ferne höre ich ein Klopfen und eine brummende Stimme. Es ist Hank.
"Madeleine, sind Sie wach?"
"Nein, aber jetzt schon..."
"Sorry. Sind Sie in zwanzig Minuten fertig und können die Hunde aausführen. Ich muss aufs Revier und erreiche Connor nicht. Bis später dann."
Ich setze mich auf und sehe jetzt erst, dass ich im Bett die ganze Nacht über splitterfasernackt gelegen habe und alles auf dem Boden liegt. Ich drehe mich um und Connor liegt entspannt neben mir als wäre nichts gewesen.
"Du Schuft. Hank hätte auch die Tür aufreißen können," flüstere ich noch.
"Hat er aber nicht."
"Hatten wir Sex?" Connor grinst breit und ich möchte ein Kissen nach ihm werfen, aber er wehrt es ab stattdessen liege ich wieder auf der Matratze.
"Es ist nichts passiert. Aber du hast im Schlaf gestöhnt. Sicher hattest du etwas Schönes geträumt. Ich habe dich nur erkundet und gestreichelt."
"Gestöhnt?"
"Keine Sorge. Leise genug ohne Hank zu wecken. Soll ich mit Connor und Sumo gehen?"
"Hast du dafür noch Zeit?" Er nickt, steht auf und ich sehe, er hat seine blau-grauen Boxershorts noch an, also sagt er die Wahrheit. Wir hatten also nichts miteinander. Ein Mensch hätte mich wahrlich ausgenutzt.
Während Connor im Bad ist und ich mittlerweile die Hunde höre, aber sie unten bleiben, da sie raus müssen, warte ich auf Connor auf seinem Stuhl. Er kommt und nimmt sich seine Uniform aus der Kommode. Er lächelt.
"Ich will dir noch schnell etwas sagen."
"Ja."
"Ich möchte es versuchen, Markus, Josh und Simon zu helfen."
"Was hat dich dazu gebracht?"
"Du."
"I-ich?"
"Ich konnte dich auch nicht leiden und jetzt siehst du doch selbst, was passiert ist. Vielleicht kann ich so den Käufer überzeugen, dass ich einst genauso war wie sie."
"Durchaus. Ich muss jetzt aber. Wir sehen uns später."
Er gibt mir einen Kuss und flitzt die Treppen hinunter zu den Hunden. Ich gehe nun auch ins Bad und dabei entdecke ich Connors Karamell Aftershave. Steht sogar darauf, aber wenn man etwas anderes riecht, dann glaubt man dem nicht so sehr, was auf der Dose steht.