Du bist Aji.
„Wir können doch die Siedlung nehmen“, schlägst du vor, während deine Gefährten weiter überlegen. „Dort gibt es sicherlich einige Verstecke, aber wir würden uns nicht zu schnell verirren.“
„Das klingt für mich auch am besten“, sagt Allyster und klopft dir auf die Schulter. „Oder?“
Arthrax zuckt mit den Schultern. Siwa neigt den Kopf ein wenig von einer Seite auf die andere, unsicher.
„Ich weiß nicht … andererseits, es könnte funktionieren. Wir müssen nur vorsichtig sein. Aber gefährlich ist sowieso jeder Weg.“
Somit schwimmt ihr los, in einer Reihe hinter Siwa. Euer Ziel sind einige der höheren Tunnel mittlerer Größe, die über der Hauptstraße in den Berg führen.
Es gibt keine Straßen an sich. Immerhin können die Graumeerer ja auch schwimmen. Ihre Gebäude sind natürliche Höhlen im Stein, deren Eingänge verschlossen wurden. Die Tunnel dazwischen bewegen sich nicht nur links und rechts, sondern auch über und unter euch, und die Behausungen können ebenfalls überall liegen. So entsteht ein verwirrendes Geflecht, in dem Siwa nur knapp vor euch schwimmen kann. Normalerweise würde er den Weg vor euch erkunden, doch dafür gibt es hier zu viele Kurven. Ihr würdet euch hoffnungslos verschwimmen!
Als ihr Stimmen hört, ist es zu spät, um zu reagieren. Im nächsten Moment schwimmen Graumeerer um eine Kurve. Sie stocken verdutzt und starren euch an, wie ihr mit den Pikuns durch ihre Gänge irrt, nur begleitet von Siwa.
„Hallo.“ Arthrax grüßt freundlich.
„H-hallo.“ Eine der beiden Frauen hebt zögerlich eine Hand. Sie hat ähnliche Tattoos wie Siwa, ihre blonden Dreadlocks trägt sie aber offen.
Siwa lächelt die beiden gewinnend an. „Einen wunderschönen Tag wünsche ich.“
Die beiden Frauen lächeln und schwimmen weiter. Ab und zu drehen sie sich noch nach euch um, aber sie sind lediglich verwirrt.
„Genau so etwas hatte ich befürchtet“, murmelt Siwa und schwimmt weiter. „Los, beeilen wir uns.“
Offenbar hast du eine dumme Entscheidung getroffen. Du versuchst, die aufkeimende Sorge zu unterdrücken. Immerhin war da niemand sonst, der die Wahl getroffen hätte. Also musstest du es tun! Die anderen hätten ja widersprechen können …
Ihr eilt durch das Wohngebiet. Siwa sieht sich nervös um, doch Allyster ist entspannt.
„So schnell können die beiden nicht Alarm schlagen“, sagt dein Mentor ruhig. „Und sie wirkten nicht sonderlich beunruhigt.“
„Trotzdem, es braucht nur einen Bewohner, der misstrauisch wird“, sagt Siwa.
„Wir könnten auch unsichtbar werden“, schlägt Arthrax vor. Er tastet nach dem Stein um seinen Hals.
Allyster überlegt. „Sie würden uns aber noch hören und vor allem unsere Bewegungen im Wasser spüren können. Graumeerer sind empfindlich bei allen Formen von Schwingungen.“
Siwa nickt bestätigend. „Wir können hier nicht schleichen. Das hier ist nicht das Oberland, meine Freunde.“
„Und dort hättet ihr bleiben sollen.“
Ihr wirbelt herum, als diese fremde Stimme erklingt. Aus einer der nahen Türen schwimmt ein Graumeerer mit etwas dunklerem Haar, ein kräftiger Mann mit blutroten Tattoos. In der Hand trägt er einen Speer, und er ist nicht allein. Weitere braunhäutige Gestalten kommen aus allen möglichen Winkeln zu den Seiten der Straße.
Arthrax tastet nach seiner Axt. Allyster zieht dich hinter sich, doch in eurem Rücken sind weitere Menschen erschienen. Ihr seid mit einem Mal umzingelt.
„Wie es in der Prophezeiung hieß“, spottet der dunkelhaarige Graumeerer. „Die Kalynorer sind zu hochmütig. Sie wählen den Weg, der ihnen als Kompromiss erscheint, und das wird ihr Untergang!“
„Was für eine Prophezeiung?“, fragt Allyster zornig. „Genug mit dem Hokuspokus!“
„Es wäre besser, du würdest an unsere Legenden glauben, Kalynorer“, zischt der Mann. „Denn dann hättest du vielleicht auch begriffen, welche Macht der Selenit besitzt!“
Die Hände deines Mentors, die sich um deine Schultern klammern, packen mit einem Mal so fest zu, dass es wehtut.
Zukunftsvisionen! Allyster sagte dir immer, dass das unmöglich sei, doch hier ist eine Gruppe Graumeerer, die euch aufgelauert hat. Der Dunkelhaarige, offenbar ihr Anführer, grinst breit und siegesbewusst.
„Und jetzt“, sagt er ernst, „werdet ihr für eure Ignoranz bezahlen!“
Die Männer des Hinterhalts schwimmen vor. Siwa ruft euch eine Warnung zu, doch dann fliegen bereits die ersten Speere durch das Wasser. Hier kann man sie längst nicht so weit werfen wie an Land, doch die Graumeerer schaffen es trotzdem, euch zu durchbohren. Sie sind stärker, als sie aussehen.
Du krümmst dich um den Speer, der deinen Bauch durchstoßen hat. Hektisch atmest du in die Maske hinein, deine Sicht verschwimmt. Als kalte Hände dich packen und an den Lederriemen zerren, trittst und schlägst du trotz der Schmerzen um dich. Du weißt, dass das Pikun deine einzige Überlebenschance ist.
Das Wasser um dich herum ist von rotem Blutnebel gefüllt. Mehrere Hände umklammern deine Arme, sodass du dich nicht mehr wehren kannst. Jeder Atemzug brennt, als würde dich der Speer in der Mitte entzweireißen. Dann spült Kälte gegen dein Gesicht, vertreibt die Hitze, die sich unter der Maske gesammelt hat. Plötzlich ist da nur noch Wasser um dich herum. Du blinzelst gegen das Salz, das in deinen Augen brennt, und erkennst wage, dass die Graumeerer zurückschwimmen, um euch drei eurem Schicksal zu überlassen, während Siwa von weiteren Speeren hingerichtet wird.
Du ringst verzweifelt um Atem. Die lange Strecke, die ihr bereits geschwommen seid, steht dir deutlich vor Augen. Selbst ohne die Wunden, selbst ohne die Feinde, kämst du nicht mehr herauf zur Oberfläche.
Die Graumeerer wissen das. Seelenruhig sehen sie zu, wie ihr verendet, in diesem Reich, in dem ihr nichts zu suchen hattet.
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Ajis Teil der Geschichte zu erreichen, musst du das Labyrinth wählen.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!