Ostersonntag waren wir mittags bei Familie Bronner. Wir hatten natürlich viel aus Japan zu erzählen, obwohl Lis schon unermüdlich geplappert hatte. Ostermontag holten wir unsere Gäste vom Bahnhof ab. Mutti und Vati Schmitt bezogen ihre Suite im Zeppelin. Vor allem Rama war sehr angetan von der vornehmen Unterkunft, sie blühte sichtlich auf. Die Prinzessin kam durch, ihrer Königlichen Hoheit gefiel es, zu residieren. Papa hatte die beste Suite im Hause reserviert.
Danach fuhren wir zu uns. Mom hatte darauf bestanden, endlich mal wieder ein großes Fest in der Beletage zu feiern. Renate und Klarissa sorgten für die Verpflegung, Papa Bronner und ich bezahlten. Alle waren da, auch die Eltern von Renate und Axel. Als Hauptgericht gab es jungen Hammel, in der Wildnis liebevoll über einem Holzkohlefeuer gegart. Immer wieder kamen getrocknete Kräuter in die Glut. Es roch wie in Persien. Es gab viele Vorspeisen, Nebengerichte, Nachspeisen; Klarissa war in Hochform.
Der Star war natürlich Rama, sie fühlte sich wohl auch so. Die herrschaftlichen Räume unseres Stadthauses gefielen ihr sehr. Dies sei die Umgebung, die ihr so manchmal fehle, bekannte sie Mom gegenüber. Man kann halt nicht alles haben, die Liebe war ihr wohl auch wichtiger. Jetzt genoss sie den Urlaub jedoch in jeder Sekunde. Papa Bronner war hin und weg von ihr und Rama schwelgte in der Anerkennung ihrer Person.
Ihre Tochter Leila war jedoch eine ernsthafte Konkurrenz, man musste sie einfach mögen. Aus ihr war eine junge Dame geworden. Ihr Peter war da sicher nicht unschuldig daran. Dass die Zwei sich lieben, muss jedem sofort klar sein. Der Bulle von jungem Mann, hütete seine Prinzessin wie seinen Augapfel. In uns sah er keine Gefahr, als Fremder hätte ich es jedoch nie gewagt, Leila auch nur anzusprechen. Traudl erzählte mir, sie würde es nicht ausnützen, es gab keine kessen Blicke zu anderen Jungs. Sie redet freundlich mit ihnen sonst nichts. Peter sei ihr ein und alles, höchstens ich könne daneben bestehen - der geliebte Bruder.
Peter erzählte mir, er habe jetzt ein Verhältnis mit einem älteren Mädchen. Leila selbst hätte es vorgeschlagen. Er sei nun viel einfacher für ihn abzuwarten. Gelernt hätte er auch etwas. „Leila will aber nichts davon wissen. Sie sagt sie sei eifersüchtig, hätte aber eingesehen, dass dies der beste Weg sei. In ihrem Umfeld sei eine Nebenfrau nun halt einmal zugelassen. Sie müsse aber nicht unbedingt alle Details wissen. Sie habe schon so genug Mühe nicht alle guten Vorsätze über Bord zu werfen. Ich habe mir geschworen, diese dennoch und unbedingt zu halten. Ich habe es versprochen, mir fällt es ja jetzt auch leicht. Solange ist es ja auch nicht mehr. Ich helfe ihr mit Schmusen, soweit ich kann. Wir müssen da einfach durch. Wir haben es gemeinsam entschieden und werden es halten.“
„Das müsst ihr. Ich könnte mit Leila reden wegen der Eifersucht, damit sie dir ein wenig mehr Leine gibt. Zu was? Soll ich sie ändern? Sie wird deine Frau. Ich denke du willst sie so, wie sie ist. Grade raus: Sie wird dir den Schwanz abschneiden, wenn du später fremdgehst, ohne es mit ihr zu klären und dann hast du es auch verdient. Es sind unsere Frauen, die sagen, wo es lang geht. Noch kannst du aussteigen, so blöde kannst du aber gar nicht sein. Sie sollte es dir ganz sicher Wert sein. Ich kenne persische Frauen, da brauchst du keine anderen mehr.“
„Du kennst ... was frage ich eigentlich noch? Du bist mein Freund und ich vertraue dir. Leila ist meine Liebe und verdammt, ich werde sie später nie betrügen. Zur Hochzeit bekommt sie ein Messer. Das soll sie benutzen, wenn ich jemals fremdgehe. Sie gibt mir die Gelegenheit vorher - danach gibt es nur noch sie. Das ist mein letztes Wort zu dieser Angelegenheit.“ Ich war sicher, Peter meint es genau so.
Traudl war auch mächtig gewachsen. Ich hatte fast Sorge, ob das im Sommerurlaub nicht Ärger geben könnte, so hübsch war sie. Ich sagte es ihr auch. Sie lachte nur und sagte: „Ich vertraue dir einfach. Mein Freund hat mich immerhin schon geküsst. Er ist wild auf mehr sieht aber ein, dass ich noch zu jung bin für Intimeres. Mir kommt es darauf an, nicht blind in ein Abenteuer zu stolpern, wovon wir noch keine Ahnung haben. Ich habe viel mit Leila gesprochen, ganz dumm bin ich also nicht mehr. Ich habe aber nun mal den Vorsatz, dass du mein Lehrmeister wirst, drum will ich es einfach. Vor allem weil ich gesehen habe, welch ganze Arbeit du mit Leila geleistet hast. Mein Bruder ist völlig verrückt nach ihr. Oder hast du keine Lust mehr?“
„Meine Weiber sind einverstanden. Peter auch, er ist in gewisser Beziehung ja nicht nur dein großer Bruder sondern auch dein Beschützer. Ich mag dich und die Zeit ist begrenzt. Wir werden unseren Spaß haben“, dazu bekam sie auch noch einen Kuss. „Es wird harmlos bleiben. Die Jungfrau Traudl wird aber schon etwas lernen. Ich habe genug Erfahrung mit Lis. Die ist natürlich immer noch unbeschadet. Es ist uns zur Ehrensache geworden. Sie ist übrigens nicht eifersüchtig wie ...“
„Wer ist nicht eifersüchtig?“, unterbrach uns Lis.
„Die Rede war von dir, meine geliebte Elisabeth. Ich sagte, du würdest mir in einem gewissen Rahmen sehr viel Freiheit lassen - wenn es um andere Frauen geht“, grinste ich.
„Ich bin sogar sehr, sehr eifersüchtig. Auf alles, was hinter meinem Rücken geschieht, was ich nicht unter Kontrolle habe. Ich bin bereit Augen auszukratzen, um meine Rechte zu verteidigen. Wenn ich jemand kenne, wie dich Traudl, dem räume ich Freiheiten ein, vorausgesetzt ich weiß davon. Bei dir und Paul ist alles klar. Im Urlaub schmusen ohne ... eben dem. Ich traue dir und vor allem Paul, es ist ohnehin sein letzter Sommer ohne mich. Ich wünsche euch viel Spaß. Übrigens, wenn Kim einen gewissen Anteil an Paul hat, das ist einbezogen. Sie ist nett und sauber, das habe ich gesehen. Paul soll nicht verhungern und Kim kenne ich. Wenn diese kleine Person mit ihm zurechtkommt, so soll sie. Besser als jemand den ich nicht kenne, um das auch einmal zu erwähnen. Also keine neue Hellen mein Schatz! Dich Traudl, wird er aber auf keinen Fall schänden. Klingt heiß, was? Paul ist ein lieber Mensch. Darum heirate ich ihn ja auch.“
Als Traudl ging, kam Leila an meine Seite. „Mein lieber Bruder“, begann sie das Gespräch. Dazu wollte sie in den Arm genommen werden. „Mit Peter komme ich wundervoll klar. Ich würde ja liebend gerne mit ihm ... na das, tun. Er ist da aber ganz hart und das ist gut so. Wir halten durch. Wir bekommen das hin.“ Ihre Augen hatten da aber schon etwas sehr Sehnsüchtiges. Ich vermute sie und ihr Peter, sind mit ihren Liebesspielen schon recht fortgeschritten.
„Lis geht es ja ähnlich, wie du weißt“, tröstete ich sie. „Wir schmusen inzwischen recht heftig, im Übrigen ist es ja nur noch ein gutes halbes Jahr. Ich hab’s ja besser, mit Renate. Aber Lis beansprucht natürlich ebenfalls viel Zeit und das zu Recht.“
„Peter hat jetzt, auf den Rat von Lis hin, ebenfalls eine Bumsfreundin. Eifersüchtig? Nein. Wir lieben uns. Aber ein bisschen Angst soll er schon um mich haben, drum spiele ich auf eifersüchtig. Ich mag es, wenn Liebe bestätigt wird“, lächelte sie.
Ich kam mir fast vor, als würde ich ebenfalls Hof halten. Rama musste es ähnlich ergehen. Sie wurde von Papa Bonner und Pop belagert. Friedrich schäkerte mit Mom, Mama Bronner und Mama Schäfer. Die Damen schienen sich köstlich zu amüsieren.
Später Papa Schäfer kam zu mir. Er wollte alles über Hans wissen. Ich sagte ihm noch einmal, was ich wusste. Auch, dass ich es gut fände, wie die beiden miteinander umgingen. „Wenn er einen Antrag macht, dann sicher mit allen Zeugnissen. Hans ähnelt dem Wesen von Renate so sehr, dass die beiden Zwillinge sein könnten. Wir haben versucht, ihn so gut wie möglich zu testen. Auch mit bösen Tricks. Einen gewissen sehr wichtigen Test, hat Renate sicher gebeichtet. Ich habe es ihr zumindest dringend geraten.“
„Das hat sie, ich denke es war auch gut so. Das muss ja auch klappen. Es wäre sehr bedauerlich, wenn ein Jahr warten, in einem Fiasko enden würde. Sie hat uns auch von dieser Kikki erzählt. Da ihr es zusammen ausgeheckt habt, wird es schon so am besten sein. Die heutige Jugend! Für uns wäre das früher undenkbar gewesen“, seufzte er tief.
„Mehr als ein Jahr ist eine sehr lange Zeit“, erklärte ich ihm. „Da werden wohl viele Blätter Briefpapier voll geweint. Renate ist ein cooles Mädchen, aber manchmal kann sie halt auch nicht aus ihrer Haut. Wir werden ihr helfen, wo es geht, aber packen müssen die beiden es schon alleine. Eines ist für sie aber sehr, sehr wichtig: Das mit Hans darf keinesfalls nach Persien durchsickern. Sie würde sonst wichtige Privilegien verlieren. Die Zwei wissen das. Sie und ihre Frau vergessen vorläufig wohl am besten Hans wieder. Die Chance mit Persien wollen sie ihrer Tochter doch sicher nicht verderben.“
Er nickte. „Das hat Renate auch schon gesagt. Noch ist sie offiziell deine Nebenfrau. Na ja, Nebenfrau ...“
***
Es waren tolle Tage. Rama war natürlich auch bei Papa im Laden. Der war erstaunt über ihre Kenntnisse von Teppichen. Die wenigen Teppiche aus seinem alten Bestand erkannte sie auf Anhieb.
Mein Reich wollte sie ebenfalls sehen. Ich veranstaltete sogar ein Shooting für sie. Es hing da noch ein Termin für eine Kundin, die für IGDuM posieren wollte. Ich machte harmlose schöne Bilder und Rama war sichtlich beruhigt über meinen Job. Er war ihr zuvor wohl doch etwas anrüchig erschienen.
Die Damen wollten natürlich auch zum Shopping. Dazu hatte ich nun überhaupt keine Lust. Ich gab aber Lis genug Geld mit, damit sie unsere Freunde auch zum Essen einladen konnte. Sie war ja schließlich, zumindest was Rama anging, meine Frau. Ich hatte auch Renate und Lis noch einmal eindringlich gewarnt, etwas von Hans verlauten zu lassen. Marni hätte Renate sicher auch so genommen, der Status der Nebenfrau brachte aber Vorteile. Renate zumindest war das völlig klar.
Die Damen verputzten ein riesiges Mittagessen im Ratskeller. Nach dem Einkauf, ich zählte zwölf Tragetaschen und die sahen keineswegs sehr leer aus, ging es noch zum Konditor.
Leila schrieb Lis später, Rama hätte ihre Garderobe in Stuttgart gewaltig aufgemotzt. In Konstanz würde es ja keine ordentlichen Läden geben. Sie, Leila, hätte aber auch was Nettes gefunden, für ihren Peter. Wir rätselten einen ganzen Abend, ob es für Peter denn etwas zum Anziehen oder mehr zum Ausziehen war.
***
Nach dem lieben Besuch lief das gewohnte Leben wieder ab. Vier bis fünf Shootings am Freitagmittag und am Samstag. Montag bis Donnerstag wurde gepaukt. Es gab keine Aussetzer mehr. Für Renate kam jetzt jede Woche ein Brief von Hans. Ein paar Mal lagen ein paar Zeilen von Kikki dabei. Wie Renate sagte, war dies das einzige Zeichen für eine Verbindung zwischen den beiden.
Auch Lis bekam Post aus Japan. Kikki schickte ihr ein Buch mit sehr erotischen japanischen Zeichnungen. Sie schrieb dazu, sie hätte wieder so richtig Lust am Leben, das hätte sie nicht zuletzt ihr zu verdanken. Das mit Hans sei ja ursprünglich auch ihre Idee gewesen. Sie hätte lange überlegt, mit was sie Lis dafür eine Freude machen könnte, da sei ihr dieses Buch in die Hand gefallen.
Lis hatte ihre Freude an dem Buch, denn es wurden vor allem Handlungen gezeigt, die ihr, der Jungfrau, zusammen mit einem Mann nachzuvollziehen zugestanden sind. Leidtragender war ich. Die Japaner haben irgendwie eine auswuchernde Fantasie. Ich war überrascht, was man wo für Reaktionen auslösen kann. Wir lernten fleißig.
Lis fand das Buch zwar absolut toll aber keinesfalls für ihre Freundinnen geeignet. Nur Renate durfte ein paar Blicke hineinwerfen, in die wenigen Kapitel wo zwei (Jung-)Frauen für Liebesspiele benötigt wurden. Sie waren für lange Zeit voll auf damit beschäftigt.
***
Blondi rief an: „Willi ist auf dem Weg zu dir. Sei vorsichtig, er dreht durch. Deine Bilder aus Japan haben ihn geschafft und das Konsortium wohl auch.“
Willi kam. Meine Frauen waren beide ebenfalls da. Er umarmte sie herzlich.
„Euer Paul ist wirklich der tollste Bursche, den ich kenne. Das Direktorium war knapp vor einem Schlaganfall. So viele der hübschesten Mädchen in ihrer Wäsche. Es gibt eine neue Fiesta - Deutsche Mode in Japan.“ Wir haben uns mit dem Verlag geeinigt, 40% einer japanischen Auflage zu zahlen. Kikki Okura hat uns eine genaue Statistik verschafft, was die japanischen Mädchen wollen, besser, was sie getragen haben. Alles, mit Größe, Farbe und Modell. Das war dem Konsortium so viel Wert, dass ich einen neuen Etat bekam. Ich fürchte fast, ihr müsst auch noch in andere Länder. Der Verlag ist bereit in jeder Sprache zu drucken, sie wollen ja auch verkaufen. Das brennt aber nicht. Ich wollte aber auch Lis und Renate vordringlich danken. Dann möchte ich deine Mutter kennenlernen, vielmehr Beatrix Mai.“
Ich rief runter, wir hatten inzwischen ein Haustelefon. Mom wollte ihn gerne empfangen. Renate brachte ihn.
Später saßen wir zusammen beim Kaffee. Lis hatte für heute einen Kuchen gebacken. Er schmeckte prima, Mom lobte prompt.
„Wenn jetzt bald Renate weg ist, muss ich halt schon mal anfangen, mich etwas mehr in den Haushalt einzubringen. Leider bin ich es halt nicht so gewohnt wie Renate. Aber lernen muss ich es sowieso, warum nicht gleich“, belehrte sie uns.
„Mein Gott Kinder, ihr denkt wohl an alles. Ich denke auch schon mit Grauen daran, dass du Renate uns schon bald verlässt. So jemanden wie dich finde ich kaum mehr. Lis, du hast sicher den guten Willen, aber weder die Zeit noch die Ausbildung diese Arbeit zu übernehmen. Da muss uns dringend dazu was einfallen“, stöhnte Mom.
„Ich habe schon eine Weile eine Idee im Hinterkopf, sie ist noch unreif. Ich lasse dich aber nicht hängen, Mom. Ich möchte nicht das Gespenst der Unruhe hier im Haus sein, wenn ich gehe. Aber jetzt ist Willi dein Gast und wir reden nur über Privates“, schockierte Renate.
„Entschuldigen sie bitte Herr Wollweber. Bei uns in der Familie geht es dauernd so zu. Renate und Lis sind nun mal Familie. Irgendwie gehören sie auch schon dazu, zumindest bei manchen Tischreden. Mich persönlich hat beeindruckt, wie sie mit Blondi umgegangen sind. Sie haben es wohl auch aus meiner kleinen Geschichte erkannt. Ich erinnere mich leider kaum an Blondi, ich kenne hauptsächlich die Geschichte mit Pauls Ohnmacht. Ich bewunderte ihren Mut, glaube aber sie haben recht getan, ihr zu vertrauen. Inzwischen löst sich die WG ja immer mehr auf. Mickis Welt ist bald vorbei. Wie ich hörte, ist Micki selbst die Nächste und Klarissa hat ihren Portier, wenn auch ein Empfangschef daraus wurde, aber was tut das zur Sache. Die Stufe raufzufallen tut nicht so weh, wie runterzufallen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung“, dabei klopfte sie auf ihre kaputten Knie.
„Das Micki und Marie die WG weiter leiten, spricht für ihr neues Ehrgefühl; sie kümmern sich um den Rest. Von Frettchen bekam ich gestern einen Brief. Sie hat ihn auch, ihren Zukünftigen. Er ist Klempner, noch an der sehr langen Leine. Noch darf er sie nur hofieren, doch die Junggesellenzeit für ihn nähert sich dem Ende, ob er will oder nicht. Sie schreibt, sie habe gespart, etwas Geld komme aus der WG, als Anzahlung für eine eigene Werkstatt muss es reichen. Sie lernt jetzt abends Buchhaltung. Es ist etwas Erstaunliches mit diesen Mädchen. Ich wollte, ich könnte mal mit den Schwestern in dem Kloster reden.“ Sie blickte in die Ferne.