Enttäuscht schaute Manodriil seinem Gefährten nach. Doch kein Laut kam über seine Lippen und er konnte auch keinen Schritt tun, um ihm zu folgen. Als der Drache aus seiner Sichtweite verschwunden war, machte er sich daran, weitere Schlingpflanzen auszureißen und auf den brennenden Haufen zu werfen. Wenn er genug arbeitete, würde ihm das Feuer nicht ausgehen. Er musste nur dafür sorgen, dass es immer genug Brennmaterial gab. Dass er hungrig wurde, ignorierte der Junge, so lange er konnte. Nur manchmal, wenn er eine Pause machte, spürte er wieder seinen Bauch. "Was soll ich denn tun?" Er hatte laut gesprochen, als habe er jemanden vor sich. Doch er war allein.
Er blickte sich um, war zufrieden mit seinem Fortschritt - und sah doch, dass es noch weit mehr zu tun gab. Der Wald schien ziemlich groß, ja von seinem kleinen gelichteten Radius aus betrachtet, unendlich zu sein. Na, klasse, nun bin ich dem Moor entronnen, nur um erneut festzusitzen. Er kratzte sich an der Nase und merkte, dass sie ihre Form verändert hatte. Längst nicht so dick, wie er sie in Erinnerung hatte. Ob er auch sonst sein Aussehen verändert hatte? Ein Spiegel wäre nicht schlecht. Doch wo sollte hier einer versteckt sein? Vielleicht hinterließ der Nebel an einem geschützten Plätzchen genug Tau, damit er sich darin anschauen könnte? Er beschloss, am nächsten Morgen auf die Suche zu gehen.
Er setzte sich eine Weile ans Feuer und schaute in die Flammen. Sie züngelten gelbrot an den toten Lianen entlang und sprühten Funken, als wollten sie sagen 'schaut her, wir wandeln das Tote in etwas Lebendiges'. Er lächelte. Ja, die Funken selbst kamen ihm lebendig vor, wie sie Platz schafften für Neues, das erstickende Material in Raum und Rauch auflösten, der als Asche irgendwo niedergehen würde, um Nährboden zu werden.
So hätte auch seine Laterne sein sollen: Wärme geben und nähren. Seine Laterne? Er sprang auf und schaute sich um. Vergeblich. Seine Laterne hatte er im Moor gelassen.
Im Moor? Moment, der ganze Sumpf hatte sich verformt, ohne dass er es mitbekommen hatte. Von einem Moment zum anderen war er auf dem trockenen Hügel gewesen. Und hatte die Früchte mit dem Drachen geteilt. Der Drache!
Er setzte sich wieder und begann zu weinen. Dieses Mal waren es Tränen der Trauer, weil er seinen Freund verloren hatte. Sie kamen aus dem Herzen und reinigten seine Augen. Er ließ sie frei laufen, es fühlte sich richtig an. Wie lange mochten sie sich gekannt haben? Ewig? Nur wenige Tage? Beides erschien ihm irgendwie richtig und doch nicht ganz wahr zu sein.
Er schaute wieder ins Feuer und warf gedankenverloren kleine Zweiglein hinein. Doch sie verpufften in Blitzen, die ihn so blendeten, dass er sich die Augen zuhielt. Dabei hatte er das Gefühl, das ein Knistern von ihnen ausging, das mehr war als eine chemische Reaktion. Er öffnete die Augen wieder - doch das Feuer war so normal wie zuvor. Da hockte er sich in sichere Entfernung vom Feuer hin, tastete nach weiteren kleinen Zweiglein und warf sie hinein.
Wieder blitzte es auf wie eine Energie, die sich entlud. Eine Kraft. Was das wohl war? Er versuchte es mit unterschiedlich großen Stücken Holz. Die Blitzeffekte variierten entsprechend. Dass sie darüber hinaus eine Wirkung haben müssten, spürte er instinktiv. Aber worin sie bestand, erschloss sich ihm nicht. Schließlich gab er es auf, das Geheimnis ergründen zu wollen. Stattdessen schaute er in die Flammen und lauschte ihrem knisternden Lied.
Leben sind wir
spenden dir
verbrennen dir
erneuern hier
Als er aufwachte, stand die Sonne am Himmel. Die Flammen waren fast vollständig herunter gebrannt. Als er dessen gewahr wurde, sprang er auf, und holte neues Brennmaterial. Sofort züngelten die Flammen auf. Er atmete erleichtert durch. Sollte der Drache nicht wieder kommen, war er auf den Erhalt des Feuers angewiesen, wenn er nicht wieder vernebeln wollte.
Die Gedanken an den Drachen machten ihn traurig. Er ließ seine Tränen laufen, während er arbeitete. Vor seinem inneren Auge zogen alle Bilder ihrer Begegnung wieder und wieder vorbei. So ging ein weiterer Tag zur Neige. Da fiel ihm ein, dass er nach einem Spiegel hatte suchen wollen. Na gut, morgen wäre auch noch ein Tag, dachte er. Doch seine Wut auf sich selbst konnte er nicht zähmen. Reflexartig trat er gegen einen Ast, der ins Feuer fiel und in einem Energieblitz explodierte. Mutwillig ließ er einige Äste folgen, bis er genug von dem Schauspiel hatte und sich an seinen Platz setzte. Er saß aufrechter als bisher, aber darauf achtete er nicht.