Du bist Allyster der Sehende.
Das Gedränge der Graumeerer ist dicht und beinahe erstickend. Die Pikuns verstärken den Eindruck noch, denn das Atmen darunter ist immer noch schwierig. Du wirst dich nicht daran gewöhnen, und hoffentlich wirst du es auch nicht müssen. Sobald ihr die Hauptstraße hinter euch gelassen habt, seid ihr frei und werdet sicherlich nie wieder unter die Wellen gehen müssen. Du kannst es kaum erwarten.
Zunächst steht euch aber ein wahrer Spießrutenlauf bevor. Arthrax hat euch erneut unsichtbar gemacht. Ihr atmet so wenig wie möglich, denn die Luftblasen, die aus den ‚Rüsseln‘ der Pikuns aufsteigen, könnten euch verraten. Genauso wie jede heftige Bewegung. Aji greift ab und zu nach dem Ametrin, aber er scheint keine Ziele zu finden. Der Junge würde euch nur zu gerne helfen, indem er die Graumeerer mit plötzlich auftauchenden Toten ablenkt. Aber das funktioniert nicht, also müsst ihr euch unsichtbar mitten durch das Gedränge schleichen und aufpassen, dass niemand in euch hineinschwimmt.
Viele Graumeerer strömen in den Berg, andere kommen aus ihren Häusern oder kreuzen die Hauptstraße über schmalere Tunnel, weil sie zu irgendeinem Ziel wollen. Es geht auf den Abend zu, die Arbeiter von draußen suchen die Sicherheit der Stadt auf. Für euch bedeutet das, dass Feinde von links, rechts, oben oder sogar aus dem Boden kommen können. Es ist vollkommen unmöglich, alles im Blick zu behalten, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis euch euer Glück verlässt.
Es geschieht nah am Ausgang, wo die Wachen die ankommenden Bauern mit Stapeln von Algen, Netzen voller Fischen und ähnlichen Waren kontrollieren. Während ihr nach einem Schlupfloch in den Kontrollen sucht, kippt ein schwimmender Karren neben euch um und übergießt euch mit Krabbenscheren – die eure Umrisse für die Graumeerer gut sichtbar herausstellen.
„Die Kalynorer!“, brüllt einer der Graumeerer sofort. „Sie sind hier!“
Ehe du auch nur reagieren kannst, sind Wachen überall um euch herum und richten ihre Speer ein einem dichten Kranz auf den Haufen abgetrennter Krebshände. Da kommt ihr nicht mehr hindurch.
„Ergebt euch und werdet sichtbar!“, verlangt eine Wächterin. „Oder wir verwandeln euch in ein Fischernetz!“
Während deine Gedanken noch darum kreisen, wie viele Löcher so ein Netz hat, lässt Arthrax den Ammoniten los. „Ihr könnt meine Schwester retten, ja?“
Darauf erhält er keine Antwort. Ihr werdet gefesselt, die Schöpfersteine stecken die Wachen ein, dann ziehen sie euch die Hauptstraße zurück, während die Graumeerer ängstlich Platz machen und euch anstarren. Nur der Besitzer der Krabben beginnt damit, seine Waren wieder einzusammeln.
Ihr dagegen werdet zurück in den Palast geführt und dort schließlich in eine große Halle mit reich verzierten Wänden. In einer Art senkrechtem Bett aus Seetang, das sich am Kopfende der Halle erhebt, schwimmt ein weiterer Graumeerer mit blondweißem Haar und dunkelbrauner Haut, geschmückt mit Bronze und Schmuck, unter dem du Einflüsse anderer Jenseitsvölker zu erkennen glaubst. Das muss der Herrscher des Graumeers sein, laut Ekana der Vorsitz eines Rats aus mehreren weisen Meermenschen.
Zu diesem Mann jedenfalls schwimmt der Anführer der Wachen, um ihm die Schöpfersteine zu überreichen.
„Diese Steine hatten euch erwählt?“, fragt der Herrscher euch.
Ihr tauscht einen unsicheren Blick – was sie mit euch vorhaben, wisst ihr noch immer nicht –, dann nickt ihr.
„Ich besaß den Selenit“, erklärst du leise. „Arthrax war mit dem Ammoniten und dem Vesuvian verbunden, mein Schüler Aji mit dem Ametrin. Der Blutjaspis hat sich uns nicht geöffnet.“
Der Herrscher lehnt sich zurück und nickt seinerseits, als hätte sich ein Verdacht bestätigt. Gemurmel geht durch die Graumeerer, die euch umschwimmen.
„Hmm … Es ist eine seltene Gabe, die ihr besitzt. In unserem Volk gab es nur einen, der von einem Schöpferstein erwählt wurde. Ihr habt ihn ermordet, obwohl er sich dafür aussprach, mit euch zu verhandeln.“
Die Stimme des Herrschers zittert vor unterdrückter Wut. Der Tod des Albinos war offenbar ein Verbrechen, das ihr besser nicht begangen hättet.
„Unsere Gesetze verbieten es, Gefangenen Leid zuzufügen“, fährt der Graumeerer fort. „Somit werdet ihr in unsere Zellen gesperrt.“
„Herr!“, protestiert Ekana. „Das könnt Ihr nicht machen! Ihre Pikuns …“
„Das wäre aber tragisch“, sagt der Anführer mit einem spöttischen Ausdruck. Er klatscht in die Hände. „Wachen! Führt die Gefangenen ab. Sie sollen alleingelassen werden, weder befragt noch gefoltert. Nur die Mahlzeiten sollen ihnen jeden Abend gebracht werden.“
Die anwesenden Graumeerer – einige sind gekommen, um eure Verhaftung zu beobachten – schweigen zu diesem unausgesprochenen Todesurteil. Eure Pikuns werden keine Tage mehr halten, nur noch einige Stunden!
Einen kleinen Lichtblick habt ihr: Offenbar ist dem Herrscher jetzt auch egal, was aus Brenna, Elred und Karja in Barkan’dor wird. Er will euch nicht mehr nach ihnen befragen lassen. Doch das ist eine hohle Hoffnung, wie auch Arthrax weiß, der sich vergeblich aufheulend gegen seine Wachen stemmt.
Brenna wird sterben, weil ihr sie nicht warnen könnt. Welche geringe Chance ihr hattet, sie zu retten, sie ist nun vertan. Arthrax tobt, sein zorniger Blick trifft Aji. Der Junge hat euch die Entscheidung abgenommen … und Brenna nun zum Tode verurteilt! Vielleicht ist der Tod durch Ertrinken nicht das schrecklichste, was ihm bevorsteht …
Dies ist kein Canon-Ende, deswegen gibt es hier keine Fortsetzung.
Um das Canon-Ende für Allysters Teil der Geschichte zu erreichen, musst du den Weg durch das Labyrinth wählen.
Vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß beim Weiterspielen!