Varunna konnte sich vor Glück kaum fassen, als Dabog nun erneut im Geiste zu ihm sprach: «Wir haben es geschafft! Linus ist befreit. Es geht ihm gut und seine Macht ist gewachsen…» Einige unglaubliche Bilder von den spektakulären Taten des mittlerweile 15- jährigen Halb- Dämons, zuckten durch die Gedanken des Tauren.
«Das ist ja eine unglaubliche Geschichte!» rief er aus. «Und den Dämonen habt ihr gefangen genommen?»
«Ja, Linus kann ihn gefügig machen, wohl auch ein Erbe seines Hexenmeistervaters. Du musst es Gwydyon und den anderen sofort erzählten! Ich schicke Banar wieder zurück, damit er euch unseren Aufenthaltsort mitteilen kann. Ich selbst gehe auf keinen Fall mehr mit einem grobstofflichen Körper in den Nether. Das war ziemlich übel.»
«Das kann ich mir vorstellen. Aber es hat sich scheinbar gelohnt. Wirklich gute Arbeit Dabog!» Wärme und Freude, flossen dem Verlassenen, aus dem Herzen des Tauren, zu.
«Danke! Zum Glück musste ich mich nicht ganz allein dem Feind stellen.» Varunna sah, durch Dabogs Gedanken, was sich weiter zugetragen hatte.
«Aeternias hat sich also tatsächlich wieder auf eure Seite geschlagen?! Unglaublich! Und diese… Egeria, war mal seine Frau?»
«Nicht ganz, eher eine Kopie von ihr, allerdings ohne Seele. Aber sie hat uns auch geholfen. Ich glaube irgendetwas verbindet sie noch immer mit Aeternias. Ich weiss nicht ob man es Liebe nennen kann, aber immerhin ist sie ihm noch immer loyal, so wie er ihr scheinbar auch.»
«Eine traurige und zugleich schöne Geschichte. Ich bin so froh, dass es euch gut geht! Sobald ich weiss, wo ihr euch genau aufhaltet, werde ich mich darum kümmern, dass ihr schnellstmöglich zurückkehren könnt. Bis dahin müsst ihr euch einen sicheren Aufenthaltsort suchen! Meint ihr wirklich ihr könnt den Dämonen unter Kontrolle halten, bis wir ihn in den Kerker stecken?»
«Ja, ich denke das schaffen wir. Linus ist selbst wahrhaft mächtig geworden. Ich hoffe einfach, er bleibt dem Licht treu. Solch eine Macht kann einem leicht verderben.»
«Ja, darum müssen wir so bald als möglich nach Darnassus. Aber jetzt da Linus bald wieder bei uns ist, bin ich zuversichtlich. Ich werde den anderen sogleich die freudige Kunde verbreiten. Bis bald Dabog und achtet gut auf euch!»
Es dauerte nicht lange und Banar kehrte in den Hain der Silberschwingen zurück. Gwydyon und die anderen liefen sogleich zu ihm hin und der junge Blutelf fragte: «Und wo halten sich Linus und Dabog jetzt auf?»
Der Leerwandler erwiderte: «Sie befinden sich, wie angenommen, auf dem Glutnebelgipfel und sie haben das Artefakt, welches dort von den Orcs der Brennenden Klinge aufbewahrt wurde, gleich mitgenommen. Ausserdem haben sie auch den Dämonen gefangen genommen, der Linus entführt hat.»
Gwydyon runzelte etwas die Stirn: «Warum denn das?»
«Linus will unbedingt einen neuen Körper für Dabog erschaffen. Mit dem Artefakt und der Hilfe dieses mächtigen Dämons, hofft er, dass es gelingt.» gab Varunna zur Antwort.
«Da hat sich mein Sohn aber etwas Ungewöhnliches vorgenommen. Nun ja… ich werde mit ihm dann noch ein ernstes Wörtchen reden. Wenn sie also auf dem Glutnebelgipfel sind, können wir sie gleich mit den Flugreittieren abholen. Das Brachland ist nicht so weit entfernt von hier. Höchstens eine knappe Stunde Flugdauer. Ich werde gleich zum Flugmeister gehen und zwei Hippogryphen mieten. Ich hoffe sie haben genug da.»
So dauerte es nicht lange und Gwydyon war mit zwei Flugreittieren unterwegs ins Brachland.
Die anderen beschlossen im Hain auf seine Rückkehr zu warten.
Balduraya war unglaublich aufgeregt. Sie konnte es kaum erwarten, Linus aber auch ganz besonders Dabog, wieder zu sehen, denn nun hatte dieser wieder eine Seele. Vielleicht bestand, nachdem was sie vernommen hatte, ja wirklich noch Hoffnung für sie und den einstigen Menschen- Krieger. Ihr Herz klopfte wild, wenn sie daran dachte. Bisher hatte sie diese Gefühle so gut als möglich verdrängt, doch nun schien eine Lösung endlich zum Greifen nahe. Natürlich teilte sie auch ein wenig die Bedenken, weil es immerhin dämonische Kräfte waren, die für die Bildung eines neuen Körpers genutzt werden würden. Und dennoch…die Vorfreude darauf, vielleicht doch endlich das Glück mit Dabog zu finden, überwog eindeutig.
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Dabog schaute zum Himmel empor und sah, wie sich zwei Flugreittiere in schnellem Tempo näherten. Er hatte sich, zusammen mit den anderen, ein Stück entfernt vom Lager der Brennenden Klinge, das durch Linus Zauber vollends vernichtet worden war, versteckt. Varunna hatte ihn informiert, dass Gwydyon sie mit zwei Hippogryphen abholen würde. Das musste er sein. Der beseelte Untote, kniff seine Augen zusammen, um sicher zu gehen und kurz darauf erkannte er die schlanke, hochgewachsene Gestalt des Blutelfen, dessen langes, rotes Haar, wie Flammenzungen im Wind flatterte. Er hob die Arme und wedelte wild damit herum, um Gwydyon auf sich aufmerksam zu machen. Auch Linus eilte nun an seine Seite und winkte dem Blutelfen zu.
«Vater! Es ist Vater!» rief er und klang wieder begeistert wie ein kleines Kind. Dabog lächelte und legte den Arm um die Schultern des mittlerweile
15-jährigen Halbdämonen. Gwydyon hatte sie entdeckt und winkte nun ebenfalls. Sein Gesicht strahlte, wie es Dabog noch nie zuvor erlebt hatte und innige Freude erfüllte ihn dabei.
Mit rauschenden Schwingen landeten die wunderschönen Reittiere, deren Gefieder und Fell in schillernden orange- blauen Schattierungen leuchteten.
Den Untoten beeindruckte die anmutige Schönheit der Tiere sehr. Seine Gefühle und Wahrnehmungen wurden zwar wieder etwas durch den grobschlächtigen, langsam zerfallenden Körper eines Verlassenen gedämpft, doch es war auch zugleich ein seltsam vertrautes Gefühl ein Gefühl, seit langem mal wieder mit sich allein zu sein und seine Gedanken nicht mit Varunna teilen zu müssen. Auch wenn er den Tauren sehr mochte und im vollends vertraute, genoss er auch das Alleinsein mit sich, sehr. Es war ihm erstaunlich leicht gefallen, seinen alten Körper wieder zu beziehen. Dieser musste also wirklich bereit dafür gewesen sein, seine Seele wieder aufzunehmen und seltsamerweise verabscheute er jetzt diesen Körper nicht mehr so sehr, wie bisher. Denn trotz des Untoten- Körpers, hatte sich Balduraya schlussendlich in ihn verliebt.
Der rötliche Kristall, mit welchem der nun jammernde, sich windende Dämon, ein Abbild von Egeria, Aeternias einstige Liebsten erschaffen hatte, leuchtete gespenstisch durch das grobe Jutegewebe des Beutels, in den Linus diesen gesteckt hatte. Und das erste Mal wagte Dabog Hoffnung zu schöpfen, dass er vielleicht irgendwann... doch einen neuen Körper erhalten würde.