Mira lenkte den Wagen, einen VW Bora, zu einem schönen steinernen Haus, das beinahe direkt am Meer stand. Vom Balkon aus, übersah man die ganze kleine Bucht. Das Haus war über dreihundert Jahre alt aber wunderschön restauriert und sehr komfortabel eingerichtet. Mira hatte ihnen das Dachgeschoss mit einer kleinen Terrasse hergerichtet und schon lange bevor sie kamen die Klimaanlage eingeschaltet. Am Strand vor dem Haus saßen noch ein paar Gäste und sahen der Sonne beim Untergehen zu. Am Steg dümpelte ein Motorboot, dahinter ein kleines Tretboot. "Wie lange, glaubst du, ist es her, dass du Mirkos Boot repariert hast, Michael?" - "Vier, fünf Jahre, oder?" - "Sieben Jahre! Und es läuft immer noch wie neu! Mirko liebt dieses Ding. Er ist geschäftlich in Slowenien. Vielleicht kommt er am Sonntag heim. Er würde dich sehr gerne wiedersehn. Er lässt dir sagen, du sollst mit deinen Lieben auf die Inseln rausfahren, du kannst das Boot jederzeit nehmen!" - "Das ist lieb von ihm. Einmal fahren wir auf jeden Fall raus."
Sie bezogen ihr Reich. Tommy hatte ein eigenes Zimmer nach hinten raus, das restliche Stockwerk war praktisch ein großer Raum mit einem Wohnbereich und einem Schlafbereich und Zugang auf die kleine Dachterrasse. "Michael, das ist ja ein Paradies hier." - "Ja, das ist es! Im Dorf gibt es ein paar nette Restaurants, auch direkt am Meer..." Es klopfte. "Ja bitte?" Mira stand in der Tür. "Ihr seid sicher müde vom Flug und hungrig. Darf ich für euch mitkochen, heute?" - "Aber Mira, mach dir doch keine Umstände!" - "Ich hab so oft gekocht für dich, mein Junge und dir hat es immer so geschmeckt bei mir! Macht mir die Freude und esst mit mir zu Abend! Was sagst du dazu, Mädchen?" - "Silvia, ich heiße Silvia und ich würde sehr gerne mit ihnen essen." - "Na also, Michael! Und wir beide sagen Du, Silvia, oder hast du was dagegen?" - "Ganz und gar nicht Mira! Und danke, dass wir hier sein dürfen! Hier ist es wie im Märchen!" - "Weißt du, Silvia, die Dachgeschosssuite vermiete ich fast nie! Da wären viele Gäste scharf drauf. Aber die halte ich mir gerne frei für ganz besondere Gäste, wie für meinen Michl. Du hast dir da einen lieben Mann ausgesucht, weißt du das, Silvia?" - "Ohja, das weiß ich und ich bin auch ganz verrückt nach ihm!" Mira sah den Jungen an. "Tommy hast du einen besonderen Wunsch? Was möchtest du essen?" - "Eis!" - "Natürlich kriegst du auch ein Eis, aber vorher essen wir was Vernünftiges, ok?" - "OK!" Mira meinte, in einer halben Stunde soweit zu sein. Sie sollten sich ein Wenig frisch machen und dann einfach runterkommen.
Michael stand am Geländer und schaute auf die Bucht hinaus. Silvia ging zu ihm und lehnte sich an ihn. "Du magst sie sehr." - "Weißt du Liebes, ich hatte keine schöne Kindheit und alles was eine normale Familie ausmacht, was ich mir so gewünscht hätte, hat meine Mutter im Keim erstickt. Sie ist eine furchtbare Person. Erst hat sie meinen Vater aus dem Haus getrieben und ihm jedes Besuchsrecht verweigert, später hat sie mir das Leben zur Hölle gemacht. Mira war ihre Arbeitskollegin. Aber sie stand und steht mir noch immer näher als meine Mutter es je tat. Sie ist ein wertvoller Mensch mit einem großen Herz und ich hätte viel darum gegeben, wäre sie meine Mutter gewesen. Die letzten Jahre hab ich öfter bei ihr und Mirko gegessen als zu Hause. Mutter hat nur für sich eingekauft. Ich habe für sie gar nicht existiert." Er legte den Arm um Silvia und küsste sie auf die Schläfe. "Eine Familie, Silvie, eine kleine aber feine Familie, das war immer mein Traum..."