Stunden später lagen Mira und Niko nebeneinander auf dem Gras im Garten der Herberge. Lotus ruhte neben ihnen. Doch der Schein täuschte, Lotus beobachtete aufmerksam die Gegend, damit die Beiden ungestört miteinander reden konnten. Er würde jeden unerwünschten Eindringling verscheuchen, darauf konnten sich die Beiden verlassen.
„Als ich den König gesehen habe, hatte ich eine Erinnerung aus frühster Kindheit“, begann Mira. „Ich hatte den König schon mal gesehen. Deutlich jünger als jetzt. Sein Antlitz hat sich in mein Hirn gebrannt, bis ich es plötzlich vergessen hab.“
„Vergessenszauber?“
„Ich vermute es“, bestätigte Mira. „Denn ich erinnere mich an Frederick, wie er mich immer geärgert hat, wie Vater immer einschreiten musste.“ Mira drehte sich zu Niko. „Ich glaube, ich bin wirklich die verschollene Königstochter. Die ganzen Erinnerungen kommen langsam zurück.“
Niko drehte sich so, dass er Mira gegenüber lag. Vorsichtig strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich ahne es schon eine ganze Weile“, meinte er. Kurz zögerte er, aber dann sprach er aus, was er wusste. „Ich habe es schon geahnt, bevor mein Vater es mir bestätigt hat. Ich wollte es nur nie wahrhaben.“
„Woher…?“
„Nicht jeder kann eine solch innige Verbindung zu einem Adler aufbauen, wie du sie mit Alec hast“, erklärte Niko. „Erinner dich an die Situation, als dein Flugobjekt abgestürzt ist. Alec war da und hat dich gerettet. Oder auf dem Bergsattel. Alec hat die Gefahr erkannt, bevor sie da war – und er hat alles getan, um dich zu retten. Und ich würde meine Hand ins Feuer legen, dass er dich immer und überall beschützen würde. Das hat er ja schon damals getan, nachdem du ihn gerettet hast. Und er hat es nicht nur aus Dankbarkeit getan.“
Mira überlegte einen Moment. „Es gab öfters solche Momente, wo er mich einfach beschützt hat – ich es aber nicht begriffen habe.“ Sie legte sich zurück und starrte in den Himmel. „Er fehlt mir.“
„Das glaube ich dir“, meinte Niko zärtlich. „Ihr habt ein besonderes Verhältnis. Und…“ Er unterbrach sich.
„Und was?“
„Ich kenne nur eine weitere Person, die ein solch inniges Verhältnis zu einem Adler hat.“
„Mein Vater?“
„Dein Vater.“
„Es deutet alles darauf hin, oder?“, fragte Mira.
„Ja“, antwortete Niko und schluckte.
Das ließ Mira aufblicken. Sie setzte sich auf und sah Niko an. Da war noch mehr.
Niko sah sie gequält an. „Frederick lebt“, meinte er schließlich zögerlich. „Und ich vermute, er steckt hinter den Angriffen der Maskierten.“
„Was?“ Mira war entsetzt. „Warum?“
„Weil er an die Macht will“, ertönte da eine fremde Stimme. Mira und Niko zuckten überrascht zusammen und sahen in die Richtung, aus der Stimme. Zwei Männer waren zu ihnen getreten, beide verdeckten mit Kapuzen ihre Gesichter. Trotzdem schlug Lotus nicht an, ließ die beiden Männer näherkommen. „Frederick will an die Macht und der König und du, Mira, ihr steht ihm im Weg“, erklärte der Mann, der bereits gesprochen hatte.
„Vater!?“