Ich wälzte mich in meinem Bett hin und her. „Saskia! Aufstehen Süße!“, hörte ich meine Mutter rufen. Ich zog mir die Bettdecke über den Kopf. Heute war mein sechzehnter Geburtstag und ich hatte gar keine Lust darauf, mein Bett schon so früh verlassen zu müssen. Doch May, das war meine Mutter, zog mir meine warme Decke weg und sang „Happy Birthday“. Auf einem Teller hatte sie mir ein Stück Kuchen mit Kerzen ans Bett gebracht. Ich grinste. Ich hatte wirklich die allerbeste Mum die man sich wünschen konnte. Obwohl sie so viel arbeitete, hatte sie immer Zeit für mich. Wir wohnten zu zweit in einer Wohnung in einer kleinen Stadt. Meinen Vater kannte ich nicht. Er war verschwunden bevor ich überhaupt zur Welt kam und meine Mutter wollte mir nichts über ihn verraten. Das störte mich jedoch nicht im Geringsten. Ich liebte mein Leben so wie es war! Nachdem ich das Stück Kuchen gegessen hatte, stand ich auf, duschte und zog mich an. Danach bekam ich noch tolle Geschenke von meiner Mum. Eines war eine Uhr mit einem Bild von mir und ihr als Hintergrund auf dem Ziffernblatt. Natürlich zog ich sie sofort an. Dann klingelte es an der Wohnungstüre. Ich öffnete sie und vor der Türe stand Fabiola, meine beste Freundin, mit einem Riesigen Geschenk in der Hand. „Alles Gute zum Geburtstag!“, rief sie entzückt und drückte mir das Geschenk in die Arme. „Wow, danke Fabi!“, sagte ich. Nur ihre besten Freundinnen durften sie Fabi nennen und das waren nur Valina und ich. Valina, meine zweite beste Freundin, würde ich aber erst in der Schule treffen, da sie aus einem anderen viertel der Stadt kam. „Jetzt pack es doch aus, Saski!“, rief Fabi ungeduldig. Ich riss sofort das Papier von dem Karton und ein Wunderschöner Bilderrahmen mit einem Foto von Valina, Fabi und mir kam zum Vorschein. „Aw, du bist die Beste!“, rief ich freudenstrahlend aus und umarmte sie stürmisch. Meine Mum kam zu uns in den Flur. „Oh, Guten Morgen Miss Greene“, sagte Fabi fröhlich. Meine Mum lächelte Fabi an und sah dann das Geschenk in meinen Armen. „Das ist ja ein tolles Geschenk!“, meinte meine Mum, „das werden wir heute nach der Schule sofort in dein Zimmer hängen.“ Ich nickte. „Wir sollten langsam los düsen, sonnst flippt unser Deutschlehrer aus!“, meinte Fabi gut gelaunt und schleuderte mir ihre langen schwarzen Haare, beim Umdrehen, beinahe ins Gesicht. „ich komme gleich“, rief ich Fabi hinterher, da sie schon die Treppe hinunter gelaufen war. Ich drehte mich nochmal zu meiner Mum um und umarmte sie. „Viel Spaß meine Große!“, sagte sie leise und fuhr mir durch mein langes braunes Haar. Ich sah ihr in die Augen und lächelte. Ich wusste genau, dass sie in mir immer noch ihre Kleine Saski sah, auch wenn ich nun sechzehn war. Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange, packte meinen Rucksack und lief Fabi hinterher. Fabi hatte nämlich recht, wenn sie sagte, dass unser Deutschlehrer ausflippen würde, wenn wir zu spät in seine Stunde kämen.
In der Schule angekommen wartete Valina schon im Klassenzimmer auf uns. „Alles Gute zum Geburtstag Saski!“, sagte Valina und umarmte mich. Danach bekam ich auch von ihr noch ein Geschenk. Es war eine Tasse mit einem Bild von uns drei. „Danke! Aus der werde ich morgens auf jeden Fall meinen Kakao trinken!“, meinte ich fröhlich. Dann läutete die Schulglocke und der Unterricht begann. Während des Deutschunterrichts begann mein Kopf zu schmerzen. Doch Herr Dölk redete erbarmungslos weiter über den Konjunktiv. Nach einer Ewigkeit beendetet die Schulglocke endlich die Stunde. Leider beendete sie aber nicht meine Kopfschmerzen. Langsam erhob ich mich von meinem Stuhl, um meine Englisch Mappe zu holen und um die Deutsch Mappen weg zu räumen. Nach der Englischstunde wurden meine Kopfschmerzen nur noch schlimmer. Aber glücklicherweise hatten wir nun eine Doppelstunde Kunstunterricht. Vielleicht würde es dann besser werden. Ich setzte mich zu den Mädels und wir plauderten ein wenig während wir malten. Frau Langer hatte Glücklicherweise nichts dagegen. Im Gegenteil! Meistens brachte sie uns immer ein paar Brötchen oder etwas Obst mit und setzte sich an das Pult und plauderte mit uns. Auch heute hatte sie uns etwas mitgebracht. Sie hatte extra für mich Muffins gebacken. Die Gute Frau Langer. Die Klasse sang sogar „Happy Birthday“ für mich. Mit einem leckeren Muffin im Magen und einem Glas kalter Limo wurden sogar meine Kopfschmerzen erträglicher. Nach dem Kunstunterricht hatten wir noch Biologie und Chemie. Leider kamen die Kopfschmerzen wieder zurück. Doch da war der Unterricht für Heute auch schon geschafft. Ich verabschiedete mich von Valina und Fabi, die mich komisch ansahen. „Saski, geht es dir gut?“ wollte Valina besorgt wissen. Ach herrje, sah man mir dir Kopfschmerzen so an? „Ich habe nur ein wenig Kopfschmerze. Ansonsten geht es mir gut“, beschwichtigte ich die beiden. Dann umarmte ich sie und lief zum Bus.
Zuhause hastete ich die Treppen in den dritten Stock hoch und klingelte an der Wohnungstüre. Mum öffnete die Türe und wurde blass wie die Wand hinter ihr. „Saski…“, fing sie an und legte sich die Hand auf den Mund. Sah ich denn so schlimm aus? „Ja, ich habe in bisschen Kopfschmerzen, aber ansonsten ist alles gut“, versuchte ich sie zu beruhigen, doch sie blieb weiß. „Schatz…“, wisperte Mum leise. Was war denn los? Ich brauchte dringend einen Spiegel! Ich schlüpfte an ihr vorbei und schloss die Türe. Dann setzte ich Mum aus Sofa und ging ins Badezimmer. Ich wünschte ich hätte es nicht getan! Ich sah in den Spiegel und erstarrte vor Schreck! Ich hatte größere, rundere Augen als vorher. Nachdem ich mich von diesem Schrecken erholt hatte sah ich noch etwas anderes. Schockiert fuhr ich mir über den Kopf und wollte es nicht wahrhaben! Auf meinem Kopf waren zwei hellbraune dünne Beulen. Als ich sie anfasste fühlten sie sich hölzern an. Was war da? Und wie bekam ich das wieder von meinem Kopf? Erstmals suchte ich mir eine Kappe, um die Dinger zu verbergen. Als ich mir im Badezimmer die Kappe über den Kopf streifte machte ich die dritte schlimme Entdeckung an diesem Tag. Meine Ohren waren an den Enden Spitz geworden. Das war zu viel für mich! Ich begann haltlos zu weinen. Was war mit mir Los? Die Augen waren ja noch schön, aber die Stecken auf meinem Kopf und die angespitzten Ohren waren das nicht. Ich rannte zu Mum in das Wohnzimmer und fragte sie unter Tränen: „Mum, was ist mit mir los? Warum habe ich plötzlich so große Augen, spitze Ohren und warum wachsen mir Äste auf dem Kopf?“ Mum sah mich hilflos an. „Sollen wir vielleicht zu einem Arzt gehen?“, fragte ich sie hoffnungsvoll. Mum überlegte kurz und meinte dann: „Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit.“ Wir zogen uns also an und gingen in die Tiefgarage zu Mum‘s kleinem Auto. Während der Autofahrt schwiegen wir aber ich sah, dass Mum die ganze Zeit Tränen über die Wange liefen. Was war nur los mit ihr? Wir gingen nur zu einem Arzt. Der würde uns doch helfen. Heute fuhren wir ungewöhnlich lange. Mum fuhr irgendwann von der Autobahn ab und wir waren in einer sehr Ländlichen Gegend. „Gehen wir zu einem speziellen Arzt?“, fragte ich sie deshalb. Sie sah mich nur verwirrt an und nickte dann aber. Irgendetwas war hier komisch, das spürte ich. Und als wir an einem Friedhof, neben einem großen Wald hielten, wusste ich ganz genau, dass hier etwas faul war. „Ich dachte wir wollten zu einem Doktor?“, fragte ich verwirrt. „Ja, Saski“, sagte sie und tätschelte meine Wange, „der Doktor ist gleich hinter diesem Wald, aber mit dem Auto kommen wir dort nicht hin, also stelle ich hier unser Auto ab.“ Sie stieg aus und mit einem unbehaglichen Gefühl, folgte ich ihr.