Es war jetzt genau eine Woche seit dem ersten Experiment vergangen. Auch die drei Jungs hatten es geschafft einer nach dem anderen mit dem Dämon zu kommunizieren. Eisenhardt war sehr froh darüber. Er hatte sich große Sorgen darüber gemacht, was passieren würde, wenn der Dämon sie immer weiter in der Finsternis jagte. Mit Anna spielte der Dämon weiterhin Go. Sie war aber nicht sehr gut darin. Eisenhardt hatte deshalb bei dem Vorstand einen Antrag für Lehrbücher zu dem Spiel beantragt. Vor ein paar Tagen waren sie auch angekommen. Nun konnte Anna aus den Büchern das benötigte Wissen entnehmen. Eisenhardt verstand immer noch nicht, warum der Dämon mit Anna ein Brettspiel spielte. Mit den Jungs unterhielt er sich nur. Mit Eduard redete er über den Handel, mit Tom über politische Themen und mit Mark meist über Essen. Es waren komplett verschiedene Themen. Auch dass verstand der Professor nicht. Was bezweckte der Dämon mit seinen Gesprächsthemen. Mit Anna sprach er nicht viel. Meist stellte er nur Fragen, die Anna selbst betrafen. Nach dem Spiel schmiss er sie immer aus seinem Schrein und Anna erwachte in der Kammer dadurch immer stink sauer. Eisenhardt musste sie dann immer beruhigen. Bei den Jungs war es ganz anders. Wenn der Dämon keine Lust mehr hatte mit ihnen zu reden verschwand er immer in seinem Schrein. Die drei erwachten immer ganz normal, wie aus einem langen Schlaf. Wie sollte Eisenhardt all die Geschehnisse nur dem Vorstand berichten?
***
Es war gegen Mittag. Der Professor saß an seinem Schreibtisch und tippte seinen Bericht für den Vorstand in den Computer. Er überlegte gerade, wie er am besten die ganzen Geschehnisse in dem Bericht zusammenfassen sollte, als in seinem E-Mail-Postfach eine Einladung zu einer Besprechung der leitenden Professoren erschien. Der Vorsitzende lud ein. Die Besprechung sollte noch am selben Tag um achtzehn Uhr stattfinden. In der E-Mail Stand:
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,
mit voller Vorfreude darf ich Sie recht herzlich zu unserer ersten Besprechung einladen.
Die Besprechung findet heute um 18 Uhr im großen Konferenzsaal statt.
Ich bitte sie, Ihre Assistenten nicht mitzunehmen, da es sonst zu voll und unkoordiniert werden könnte.
Die Themen des heutigen Abends werden zum einen die bisherigen Fortschritte und zum anderen die Zukunftsaussichten jedes einzelnen von Ihnen, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, sein.
Ich hoffe wir können einige aufgekommene Fragen von Ihnen gemeinsam klären.
Ich freue mich schon sehr darauf von Ihren ersten Ergebnissen zu hören. Bis heute Abend.
Mit freundlichen Grüßen,
Der Vorstandsvorsitzende
Eisenhardt las sich die E-Mail mehrmals durch. Was sollte er den anderen Professoren über seine Experimente erzählen? Am besten er hörte den anderen zuerst zu, um dann entscheiden zu können, was er alles sagte.
***
Um Punkt 18 Uhr stand Eisenhardt vor dem Konferenzsaal. Heute wollte er nicht zu spät kommen. Die anderen Teamleiter machten sich schon darüber lustig, dass er nie pünktlich war. Er betrat den Raum und musste zu seinem Bedauern feststellen, dass er wieder einmal der letzte war. Eisenhardt setzte sich auf den letzten noch frei gebliebenen Platz an der langen Tafel. Dann begann auch schon der Vorsitzende zu sprechen. „Guten Abend meine Damen und Herren. Eine ereignisreiche Woche neigt sich dem Ende zu und jeder von Ihnen hat bestimmt einiges interessantes zu berichten. Ich werde nicht lange um den heißen Brei reden und lasse sofort Sie beginnen. Sie werden jeder nach der Reihenfolge wie Sie sitzen angefangen bei Professor Weide berichten. Die Kollegen und Kolleginnen, welche zu dem Bericht des jeweiligen Professors Fragen haben, dürfen diese natürlich im Anschluss jedes Redners stellen.
Also wollen wir mit dem Austausch der Ergebnisse beginnen. Professor Weide, wenn ich bitten darf.“ Der Vorstand zeigte auf Weide um ihm das Zeichen zu geben, dass er beginnen dürfe. Eisenhardt war nach der Reihenfolge der fünfte, der an der Reihe war. Professor Weide begann aufgeregt zu berichten, dass seine Probanden mehrere Verletzungen hatten und von dem Dämon immer in einer unterschiedlichen Form durch einen langen schmalen Gang gejagt wurden. Der Bericht von Weide ähnelte den Berichten der nachfolgenden Professoren. Das einzige, was sich immer änderte, war die Form des Dämons und der Ort, an denen die Probanden gejagt wurden. Nun kam Professor Eisenhardt mit seinen Ergebnissen zur Sprache. Er berichtete davon, dass bei seinem ersten Experiment Proband Nummer zehn mit dem Dämon kommuniziert hatte und in den folge Experimenten auch seine restlichen Probanden Nummer fünfundzwanzig, drei und vierzig auch nicht mehr gejagt wurden, sondern mit dem Dämon redeten. Alle Professoren beglückwünschten Eisenhardt für seinen Erfolg. Einige sahen ihn neidisch an. Andere belächelten ihn nur müde. Nur Professor Linde grinste hämisch. Linde war eine bildhübsche Frau mit einer perfekten Figur und langem braunen Haar, welches sie zu einem strengen Dutt zusammengebunden hatte. Sie saß neben Eisenhardt und war somit nach ihm an der Reihe. Professor Linde erzählte grinsend, dass sie längst mit Phase 1 der Experimente fertig sei. Alle anderen Professoren sahen sie geschockt an. Linde erzählte, dass es ihr schon während des zweiten Experimentes gelungen ist, den Dämon in einen ihrer Probanden ein zu sperren. Proband Nummer 14 hatte auch schon einen neuen Namen von ihr bekommen. Dieser war Storm. Fuhr Linde dann fort. In ein zwei Tagen würden die beiden auch schon in den für Phase 2 hergerichteten Bereich des Komplexes ziehen.
Professor Weide fragte, nachdem Linde geendet hatte begeistert nach den Kräften des Probanden, aber Linde schüttelte bestimmt den Kopf. Dieses Detail würden alle erst in Phase 2 des Experimentes erfahren. Eisenhardt bemerkte nach diesem Kommentar ein paar enttäuschte Gesichter. Professor Esche fragte, dann Linde zum Schluss etwas nervös, ob er ihre restlichen Probanden haben könnte. Linde sah ihn daraufhin fragend an. Auch die anderen Professoren waren durch diese Frage verwirrt. Esche wurde durch die Blicke der Professoren immer nervöser und wurde immer kleiner auf seinem Stuhl. Dann begann er zu erzählen, dass all seine Probanden tot wären. Alle Professoren atmeten schwer ein und sahen Esche geschockt an. Der kleine Mann sank immer mehr in dem Stuhl ein. Er saß an vorletzter Stelle. Er wusste nicht, ob er fortfahren sollte oder nicht, da noch andere vor ihm an der Reihe waren. Der Vorsitzende nickte ihm zu und meinte, dass er fortfahren solle.
Die anderen Professoren seien bestimmt auch seiner Meinung, dass die Erzählungen von Esche vorgezogen wurden. Diese nickten zustimmend. Dann begann Esche zu erzählen. Der Dämon schien die Gesichter seiner Probanden nicht zu mögen, denn er tötete pro Experiment einen anderen. Diejenigen, die am Anfang überlebt hatten, wurden von dem Dämon verstümmelt. Und nun hatte Esche keinen einzigen Probanden mehr, den er für die Tests verwenden könnte. Als Esche geendet hatte sahen ihn alle Professoren voller Mitleid an. Professor Linde ergriff dann, dass Wort und meinte, dass er ihre übrig gebliebenen Probanden haben könne, da sie diese ja eh nicht mehr benötigte. Esche bedankte sich erleichtert bei Linde. Nun ging es wieder nach der ursprünglichen Reihenfolge weiter. Die restlichen Professoren hatten aber nicht mehr so bahnbrechende oder erschreckende Neuigkeiten wie die Vorgänger. Es wiederholten sich wieder die Erzählungen. Hin und wieder hatte ein Proband es geschafft mit dem Dämon zu reden. Als alle an der Reihe gewesen waren, übernahm der Vorsitzende wieder das Wort. Er setzte eine weitere Besprechung an. Diese sollte genau in einer Woche zur selben Zeit und am selben Ort stattfinden. Die Professoren stimmten dem Vorschlag des Vorstandes zu. Dann beendete dieser die Besprechung mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen für die kommende Woche viel Glück mit ihren Experimenten. Haben Sie noch einen schönen Abend. Bis bald.“ Mit diesen Worten war die Besprechung zu Ende und jeder ging wieder seine eigenen Wege.
***
Nach der Besprechung saß Eisenhardt noch lange wach an seinem Schreibtisch und dachte nach. Er musste die ganzen Erzählungen der anderen Professoren noch verarbeiten. Es gab die ersten Toten! Der Professor hatte nicht gedacht, dass es so schnell geschehen würde. Eisenhardt wollte sich nicht vorstellen, was wäre, wenn sein Dämon einen der vier Probanden umbringen würde. Wie würde er dann reagieren? Er hatte die vier jetzt schon viel zu sehr gern. Tom hatte vor vielen Dingen Angst. Auch vor dem Professor, aber langsam fasste er Vertrauen ihn ihm. Er taute auf und begann mit ihm über ganz normale Dinge nicht so angespannt wie sonst zu reden. Eduard fand er zwar etwas zu ich bezogen und eigebildet aber auf ihn konnte man sich verlassen.
Bei Mark ging es fast den ganzen Tag nur um sein Training oder das Essen, aber wenn man sich über diese Themen mit ihm unterhielt merkte man, dass er mit Leib und Seele dabei war. Und Anna, ja mit Anna redete Eisenhardt am meisten. Sie kam jeden Tag vorbei und schaute, dass der Professor auch etwas aß. Sie schien recht schnell bemerkt zu haben, dass er das Essen immer wieder vergaß. Zudem lieh sie sich fast alle zwei Tage ein anderes Buch aus seinem Regal aus. Besonders die Bücher über Japan verschlang sie regelrecht. Anna erinnerte ihn an jemanden aus seiner Vergangenheit. Ja genau, es war seine geliebte verstorbene Kollegin. Klara!
Sie war damals genau wie Anna. Sie las alles über Japan und dessen Kultur und Geschichte. Als sie dann irgendwann mit der Idee kam, dass die Fragmente in Japan sein könnten musste Eisenhardt den Kopf schütteln. Das lag bestimmt daran, dass sie das Land so liebte, hatte er sich damals gedacht. sie starb leider auf tragische Weise… Eisenhardt war monatelang am Boden zerstört gewesen. Dann hat er den Entschluss gefasst, dass er der Idee von ihr folgen wollte.
Vor einem Jahr bekam er die Genehmigung des Vorstandes die Reise nach Japan an zu treten. In der Nähe von Kyoto fand die Ausgrabung eines alten unterirdischen Tempels statt. Dort fand er die dreizehn Fragmente in einer alten verrosteten Kiste. Als er die Fragmente gerade bergen wollte, begann die Tempelanlage einzustürzen. Eisenhardt kam gerade noch mit dem Leben davon. Während seiner Flucht verlor er aber das Buch, indem all die verschiedenen Aufzeichnungen über die Dämonen, die Teufel und die Todsünden standen. Dem Vorstand war das egal, das Eisenhardt die Fragmente heil mitgebracht hatte war ihm wichtiger. Ab da begann die Suche, nach geeigneten Probanden.
Damals war er auf seinen Fund sehr stolz gewesen, denn er hatte Klaras Idee verwirklicht. Aber nun war er es nicht mehr. Dass die Organisation junge Leute kitneppte und in Gefahr bringen würde, hatte er nicht gedacht. Dass den anderen Professoren die Leben der Probanden aber nun total egal waren, erschreckte ihn. Hätte er nur nie die Fragmente gefunden. Ihm tat all das so sehr leid. Er hoffte nur, dass der Dämon nicht doch wieder anfing die Probanden zu jagen. Eisenhardt wollte die vier auf keinen Fall sterben sehen!