Ein markerschütternder Schrei brachte die Decke der Halle zum Beben.
Die Winterkönigin sass aufrecht auf ihrem Thron, in dem mächtigen Saal, und ihr Gesicht war schneeweiss vor Zorn.
„Willst du mir etwa sagen, dass ihr schon wieder gescheitert seid?“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe.
„Nun... äh… nein, also ja… doch…“, begann der Dämon, der vor ihr kniete stotternd.
„Egal wo wir angreifen, sie sind sofort zur Stelle und leisten Gegenwehr. Wir konnten immer wieder Stücke der Insel erobern, aber das Land zu halten ist schwerer als erwartet“, fuhr er fort.
Wütend stampfte die Königin mit ihrem Fuss auf den Boden, was ein weiteres Beben durch den Raum schickte.
„Wenn ihr versagt, werde ich euch alle einzeln kopfüber an der Sonne aufhängen und euch beim sterben zusehen“, drohte sie. Ihre vorher laute Stimme war zu einem gefährlichen Flüstern geworden.
„Natürlich, sofort… ich werde die Nachricht überbringen.“
Hastig verbeugte sich der Diener und rannte beinahe zu der grossen Flügeltür am Ende der Halle. Gerade als der das Tor aufstiess, vernahm er ein leises Zischen.
Die Königin lachte gehässig und wies ihr Wachen an, den Leichnam, aus dessen Rücken ein dolchartiger Eiszapfen ragte, fortzubringen.
Dann erhob sie sich und stolzierte zu dem Käfig herüber, der im hinteren Teil des Thronsaales von der Decke hing. Sie liess ihre Finger über die filigran gearbeiteten Eisstäbe gleiten. In dem Käfig befanden sich die kleinen Viecher, die ihr der General vor ein paar Wochen mitgebracht hatte.
Bei dem Gedanken an das, was sie noch alles vorhatte, musste sie schon wieder grinsen.
Ihre jährliche Angriffszeit war beinahe vorbei und je länger sie sich still verhielten, desto sicherer fühlten sich die Inselbewohner.
Sie würden warten bis ganz am Schluss und erst dann, wenn sie sich bereits in Sicherheit wägten und feierten, dann würde sie höchstpersönlich kommen und der eingebildeten Feenkönigin den entscheidenden Schlag verpassen. Ihr zusehen, wie sie fiel. Wenn das Königreich endlich ihr gehörte.
Langsam, ganz langsam, sodass niemand es bemerkte, traf sie ihre Vorbereitungen. Und egal wie genau ihre Gegner auch hinschauten, sie würde es nicht kommen sehen.
Je mehr sie sich umdrehten und versuchen, die Gefahr zu sehen, desto mehr verstrickten sie sich in das fein gespannte Netz voller Fallen, dass sich langsam über der verlogenen Insel zusammenzog.
Die Königin wandte sich um und machte sich auf dem Weg in ihre Gemächer, den Dreizack in der Hand, das Kleid, dass ihr perfekt sass, ständig in Bewegung. Tausende kleiner Eissplitter verwoben und formten sich ständig neu.
Als sie ihr Schlafzimmer erreichte, lächelte sie zufrieden und entspannt.
Ja, diese Nacht würde sie gut schlafen können – und wunderbar böse Dinge träumen…