Duke schreckte hoch, den Kugelschreiber noch immer in der Hand. Die Taverne war leer und draussen war es stockdunkel. Müde rieb er sich die Augen und stand auf. Er musste gestern wohl ausversehen hier eingeschlafen sein, als er an seiner Geschichte gearbeitet hatte.
Ein plötzliches Geräusch, das aus Richtung Kellertreppe zu kommen schien, liess ihn sofort wach werden.
„Hallo? Ist da jemand?“ Keine Antwort. Es war so still wie zuvor.
Der junge Mann hätte wohl geglaubt, sich das alles bloss eingebildet zu haben, wenn da nicht dieser Leichte Geruch von Fäulnis in der Luft gehangen hätte. Ein Geruch, der nur ein Wesen verströmte. Ein Winterdämon.
So leise wie er konnte, ging er zu dem Kommunikator hinüber, der an der Wand der Taverne angebracht war.
Hastig zeichnete er mit der magischen Schreibfeder einige Zeichen in den Feenstaub und wartete das magische Leuchte ab, das anzeigte, dass die Botschaft über den Himmel gestrahlt wurde.
Doch nicht geschah.
Als Duke zum Fenster hinausblickte, wusste er auch sofort, warum. Ein unnatürlich dicker und beinahe schwarzer Nebel umhüllte alles.
Er war auf sich allein gestellt.
Leise schlich die Winterkönigin durch die verlassenen Gänge, das Ziel bereits fest im Blick. Als sie die Türe am Ende des Korridors erreichte und sie sich mit einem leisen quietschen öffnete, hielt sie die Luft an.
Der kleine Junge lag sanft eingebettet in einem grossen Bett und schlief seelenruhig.
Arian Escanor-Mcforest.
Ach wie die Dämonin sich darauf freute, dem kleinen das Leben auszuhauchen, nur um den Schmerz in den Augen seiner Eltern zu sehen. Die pure Verzweiflung über den Tod ihres Sohnes.
Vorsichtig beugte sie sich nach vorne, um den kleinen Vampir genauer zu betrachten, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte, so sanft und so kalt, dass sie sie beinahe nicht bemerkt hätte. Aber nur beinahe.
Mit einer Drehung feuerte sie einen Strahl aus schwarzem Eis auf ihren Gegner ab, aber Riley war darauf vorbereitet gewesen.
Gerade noch rechtzeitig brachte der Vampir sich in Sicherheit und legte der Königin eine Hand an die Kehle.
„Ich würde jetzt ganz, ganz leise sein. Wir wollen ja schliesslich nicht, dass der Kleine aufwacht, richtig?“
Gemeinsam gingen sie in Richtung Gang. In dem Moment, als sie den Türrahmen passierten, verpasste die Königin ihm einen heftigen Schlag, sodass er mit dem Kopf in das massive Holz krachte.
Mit einer raschen Drehung entkam sie seinem Griff und lief auf das nächste Fenster zu.
Riley hielt sich den Kopf und Blut lief zwischen seinen Fingern hervor.
Kurz bevor die Königin das Fenster erreicht hatte, bog Phobos mit wehendem Mantel in den Gang ein.
Er war durch die leere Bettseite und den seltsamen Geruch im Schloss aufgewacht. Als er nun die Königin und seinen verletzten Mann sah, reagierte er sofort.
Er schoss nach vorne, direkt auf die Queen zu, die sich einzig und alleine durch einen Sprung durch die Fensterscheibe retten konnte.
Aber nicht schnell genug. Phobos erwische sie an der Seite und riss ihr eine Wunde ins Fleisch.
Unter rollte die Dämonin sich ab und lief auf den Wald zu, der an das Schattenschloss angrenzte.
„Willst du ihr nicht nachlaufen?“ Riley hatte sich stöhnende erhoben.
„Nein. Keine Sorge mein Schatz. Dieses Biest wird seine Strafe schon noch bekommen. Aber zuerst kümmere ich mich um meine Familie.“
Der graue Wolf, der über das Krea-Tieftal wachte, konnte nicht schlafen. Eine innere Unruhe plagte ihn schon die ganze Zeit. Es war das Gefühl, dass andere seine Hilfe brauchten. Dass er an besten so schnell wie möglich zur Taverne laufen sollte.
Unruhig ging er auf und ab, schaute zu den Sternen hinauf, ging weiter.
Erst als wie aus dem Nichts der seltsame Nebel aufzog, war er sich sicher. Belletristica brauchte seine Hilfe.
Und zwar nicht, indem er hier oben die Stellung hielt, nein. Er musste kämpfen.
Ohne sich auch nur noch ein einziges Mal umzuschauen, lief er der Hügelkamm hinunter und steuerte geradewegs auf die Taverne zu.
Duke hatte sich mit Stift und Papier bewaffnet und schrieb wie ein Weltmeister. Er hatte noch nie so viele Wortmal-Zauber auf einmal ausgeführt, wie jetzt. Schweiss lief ihm über die Stirn, aber er schrieb verbissen weiter.
Als erstes hatte er die Türe verriegelt und dann einen Haufen Eulen erschaffen, die jetzt mit Botschaften zu Luan, Marvin, Emma und den anderen unterwegs waren.
Ein krachendes Geräusch liess ihn zusammenzucken. Etwas war mit voller Wucht gegen die Tür geflogen und sagte ihm, dass sein Riegel wohl nicht mehr allzu lange halten würde.
Luan wurde von einer Eule geweckt, die wie wild mit ihrem Schnabel gegen ihr Fenster pochte. Kaum als dass Lu die Nachricht gelesen hatte, war sie hellwach.
Innerhalb weniger Minuten hatte sie Felix geweckt und die beiden waren auf einem geflügelten Wort auf dem Weg zur Taverne, um Duke zu helfen.
Emma musste unwillkürlich grinsen, als sie die Nachricht ihres Vaters war. Er hatte ihr geschrieben, dass er von Dämonen angegriffen wurden und dass wohl auch bei ihr im Kloster welche waren. Sie solle sich in ihr Zimmer zurückziehen und dort warten, bis sie jemand abholte.
Warten? Nichtstun? Das war gar nicht nach Emmas Geschmack. Ausserdem eine prima Gelegenheit, das Schwert, das sie von Luan bekommen hatte, auszuprobieren.
Es dauerte nicht lange, da war ganz Belletristica auf den Beinen. Wer einen Wachturm hatte, kämpfte verbissen und bekam Hilfe von denen, die nicht angegriffen worden waren.
Die restlichen Autoren machen sich auf den Weg in die Taverne oder zur Zitadelle der Admine, der wohl der grösste Angriff bevorstand. Wer konnte, kam um zu kämpfen, alle anderen suchten Schutz in der mächtigen Festung.
Aber alle waren sie fest entschlossen, die Dämonen nicht gewinnen zu lassen.