"...wo sich gestern Vormittag ein schwerer Arbeitsunfall ereignete. Der leitende Ingeneur war in den Stromkreis gekommen und verdankt dem vierzenjährigen Michael M, einem Ferialpraktikanten, sein Leben. Dieser hatte geistesgegenwärtig mit einem Besen seine Hand weggeschlagen, welche mittlerweile eingegipst, weil mehrfach gebrochen ist. Dennoch ist Ingenieur Schliermann guter Dinge. Wir besuchten ihn im Klinikum und baten um ein kurzes Statement. Originaltext Horst Schliermann:" - "Der Junge fällt nicht zum ersten Mal positiv auf in unserer Firma, wo er für sein Alter großes Können und eine enorme menschliche Reife zeigte. Ich bin ihm sehr dankbar für sein beherztes Handeln und werde mich persönlich darum kümmern, dass Michael die bestmögliche Ausbildung erhält, die seinem Intellekt gerecht wird. Was auch immer es kosten mag! Ich bin sehr stolz auf meine Mitarbeiter, die sich alle darum bemüht haben, mein Leben zu retten und bedanke mich bei ihnen! Ich werde dank Michael bald wieder im Einsatz sein."
"Dein Sohn ist ein Held, Renate!" Mira hatte Renate aus der Zeitung vorgelesen, in der Pause, bevor der große Ansturm der Hungrigen kam. Renate stand hinter der Salattheke. "Das interessiert mich nicht! Weißt du was der gestern zu mir gesagt hat? Der hat keinen Respekt vor seiner Mutter, der Bengel. Ich frage mich, warum du so einen Narren gefressen hast an dem Balg!" - "Renate!" - "Was? Der war und ist mir ein Klotz am Bein! Kommt fast jeden Abend angelaufen und bettelt um Geld fürs Abendessen! Wozu? Ich esse auch nicht zu Abend! Der kennt keine Disziplin, der Bengel! Aber in Zukunft bleib ich hart! Soll er sehen, wie er zurecht kommt, ohne mich!" - "Wie kannst du nur so sein? Er ist dein eigen Fleisch und Blut?" - "Aber nur weil 's zu spät war zum Abtreiben! Weil der Quacksalber wegen zwei Tagen Muffensausen hatte, schlag ich mich mit dem Balg herum!" - "Renate, das reicht! Und damit du 's weißt! Respekt, den muss man sich verdienen! Und im Gegensatz zu dir, hat Michael das schon tausend mal getan!" Mit zornesrotem Gesicht ging Mira zurück in die Küche! Mit Renate sprach sie kein Wort mehr. Wie konnte diese Frau nur dermaßen lieblos und ignorant sein. Mira fühlte sich bestärkt in ihrer "ehrenamtlichen" selbstgewählten Mutterrolle. Der arme Michael hatte wirklich kein Gramm Mutterliebe abgekriegt, dabei wäre er so ein lieber Junge gewesen. Mira hatte Renate gegenüber immer ein schlechtes Gewissen gehabt und wollte Michael keines Falls noch weiter von ihr entfernen, im Gegenteil! Oft hatte sie auf Michael eingeredet, sie würde halt ihre Gefühle nicht zeigen können! Michael hatte immer gesagt, er sei seiner Mutter bloß lästig, falls sie überhaupt etwas für ihn empfände. Mira hatte es nie wirklich glauben können, aber er hatte wohl Recht gehabt.
Mirko und Michael waren wie jeden Tag in die Firma gefahren und arbeiteten wie immer. Frau Stöckl, die Sekretärin kam zu Michael und bat ihn ins Büro. Michael war gespannt, was sie wollte. Drinnen bat sie ihn, sich zu setzen. Michael setzte sich und wartete gespannt darauf, was denn nun kommen würde...