Nur zur Info: Diese Kurzgeschichte stammt ursprünglich aus dem "Reiseführer der Grafschaft Grauer Berg", was meine Linksammlung zu allen Büchern war. Entsprechend gibt es hier noch einen Link zur Geschichte.
Ich schaffe es kaum, aus dem Luftschiff zu steigen, da wuselt auch schon ein kleiner Otter zwischen meinen Pfoten umher.
"Marv! Marv! Was hat das denn so lange gedauert?"
"Wir sind eine ganze Stunde früher als geplant angekommen!", erwähne ich entgeistert.
"Jetzt kommt schon!" Xenon hüpft aufgeregt auf der Stelle.
Ich setze mich belustigt auf den Laufsteg.
"Maaarv!" Xenon stöhnt auf.
"Wir können erst von Bord gehen, wenn du aus dem Weg gehst", erkläre ich ihm freundlich.
"Oh, ups!" Xenon hüpft auf die Seite und mir steht der Weg auf den kleinen Steg frei, an dem unser Luftschiff gelandet ist. Diesmal haben wir kein Kanu genommen, um zu Xenon zu reisen, denn dazu sind wir zu viele. Alle Pseudonyme mussten auf Xenons Drängen hin antanzen, selbst die geheimen. Aufgeregt wartet der kleine Otter, bis alle aus der Barke gestiegen sind, die uns der Knochenknurpsler zur Verfügung gestellt hat. Darauf war genug Platz für zwei Pferde, drei Menschen bzw. menschengroße Elben, eine Tasse mit Einsiedlerkrebschen, eine Powerbeere, ein Illusionswesen, ein Kleintiertrio, einen Dinosaurier, zwei Dunkel-ichs, ein unsichtbares Etwas und sechs weitere Wölfe.
Während mein kleiner Zoo an Land geht, bin ich froh, dass Xenon nicht auch noch die Partnerprofile eingeladen hat, sonst wäre es hier bald hoffnungslos überfüllt und von Puntown nicht mehr viel übrig.
"Seid ihr jetzt endlich so weit?", drängelt der Otter und hüpft zum Marktplatz, der auf einigen Pfählen im See steht. Dazu müssen wir vom Steg eine einfache Holztreppe hinauf zu der Plattform, auf der sich das Pfahlbautendorf erhebt.
Auf dem Dorfplatz entdecke ich sofort, was sich seit meinem letzten Besuch hier verändert hat. Neben der Statue des Flauschbären und der Starshine-Hill-Bären befindet sich nun ein großes Etwas, das mit einer Plane abgedeckt ist. Eine dritte Statue! Was hat mein kleiner Otter denn nun wieder geschrieben?
Xenon wartet hibbelig darauf, dass wir uns alle aufstellen. Dann zieht er die Plane weg.
Mit leisem Entsetzen betrachte ich die Statue. Sie stellt einen überlebensgroßen Xenon dar, gekränzt mit blauen Sternblumen, der eigenpfotig ein geiferndes Alptraumpferd zu Boden ringt und mit der anderen Pfote einen Kessel transportiert.
Sepia schnaubt und scharrt mit den Hufen.
"Tadaaa!", sagt Xenon. "Das bin ich! Ein Gewinner!"
Text: Gletscherherzen
Profil: Xenon Aridae
Link: https://belletristica.com/de/---...
"Halt, halt, halt!", sage ich. "Das war aber so was von anders!"
"Stimmt gar nicht!", behauptet Xenon. "Ich habe die bösen vergifteten Pseudonyme besiegt, den Heiltrank gebraut, Belletristica gerettet ..."
"Ich habe den Heiltrank gebraut!", verbessert Mobu Cajatoshija scharf. "Ich und die anderen Belletristicans."
"Und ich habe Sepia lange genug aufgehalten, dass du verzweifelt um Hilfe rufen konntest", mischt sich Macchiato ein.
"Und als ich geheilt wurde, lagst du im Bett und hast dich von der Anstrengung erholt, um Hilfe zu schreien", fügt Sepia hinzu.
Xenon funkelt uns böse an, aber in seinen Augen glitzert es verräterisch.
"Du hast wirklich eine Menge getan, Xenon", sage ich ruhig. "Du bist wirklich ein Held. Besonders angesichts deiner Größe. Aber das hier ist einfach nur unfair gegenüber allen, die ebenfalls mitgeholfen haben, diesen letzten Fluch der Winterdämonen zu besiegen."
Xenon schiebt schmollend die Unterlippe vor. In solchen Momenten schimmert immer etwas von seinem menschlichen Charakter durch - ja, Xenon ist eigentlich ein Mensch! Ein Mensch, dessen Lieblingstier ein Otter ist. Ich weiß auch, dass grobe Selbstüberschätzung, Selbstbewusstsein und Prahlerei zu seinem Charakter gehören. Aber es gibt eine Grenze.
Ich nehme den Otter sanft zur Seite und nicke Lyssa zu. Das Zwiel-ich schwebt nach vorne, dann summt sie laut auf. Mit einem Mal bewegt sie sich so schnell, dass sie zu einer blau funkelnden Wolke mutiert, die die neue Statue komplett einhüllt.
"Olles Powerplay-ich!" Xenon schnieft trotzig.
"Ich weiß, ich weiß", tröste ich leise. Lyssa kann alles in meinem Reich mit einem einzigen Gedanken verändern. Trotzdem bevorzugen wir den klassischen Weg. Schnitzen, hobeln, Splitter in Fingern oder Pfoten, Schweiß ... ich bin eben altmodisch und auf die meisten meiner Pseudonyme hat das abgefärbt.
Lyssa scheint sich absichtlich etwas mehr Zeit zu lassen, damit die neue Statue sich nicht ganz so unverdient anfühlt. Als mein Krea-ich endlich zurückschwebt und sein Werk im Sonnenlicht in Wolken aus winzigen Holzspänchen gehüllt ist, höre ich einige begeisterte Ooohhs und Aaahhs.
Auch mir fällt erst einmal die Kinnlade herunter. Kreaichs sind schon ein bemerkenswertes Völkchen. Man kann in einem Monat alles wissenswerte über sie lernen, und doch vermögen sie es nach zehn Jahren noch, einen zu überraschen!
Eventuell bin ich auch voreingenommen, weil ich jedes von Lyssas Werken bewundere und jede Gelegenheit für ein Herr-der-Ringe-Zitat nutzen muss.
Die neue Statue jedenfalls zeigt einen Kessel, aus dem Sterne auf filigran geschnitzten Rauchkringeln aufsteigen. Dass einfaches Holz so schwerelos erscheinen kann!
Auf dem Kessel sitzen sieben blaue Sternblumen, in deren Mitte sich goldene Feenstaub-Pollen befinden. Unter jeder der Blüten steht ein Name: Iasanara, Viktoria, Dark, Felix, Maria, Roy und Xenon. Eine achte Sternblume ist auf dem größten Stern über dem Kessel befestigt und aufwändig arrangiert, sodass in ihrer Mitte ein blaues Auge leuchtet. Lyssa schwebt kritisch über dem geschnitzten Kessel, feilt hier am Griff noch etwas herum und sprenkelt dort mit Feenstaub ein paar goldene Tupfer.
"Na gut", murmelt Xenon leise. "Das ist wirklich schöner."
Ich stupse den kleinen Otter aufmunternd an. "Auch wenn jeder selbst die Zutaten zusammengesucht hat, am Ende waren es doch wir alle zusammen, die das Sternengift geheilt haben und die Pseudonyme retten konnten. Einer solchen Gefahr würde sich auf Belle niemals jemand alleine stellen müssen und es ist gut, wenn wir uns immer daran erinnern."
Dann räuspere ich mich, als mir einfällt, dass ich ja zur Wolfsrevolution gehöre und mit den Assassinen der IFa eigentlich verfeindet bin. "Insgesamt auf jeden Fall ein lächerlicher Wettbewerb von unserer Konkurrenz. Wie gut, dass ich persönlich auch gar nicht teilgenommen habe. Pah."
Text: Das blaue Sternengift
von Jack O'Wisp
Linksammlung:
https://belletristica.com/de/books/18863-das-blaue-sternengift/chapter/83860-linksammlung
Link zum ganzen Buch:
https://belletristica.com/de/books/18863-das-blaue-sternengift/chapter/81165-regeln