Foxy streckte sich, als sie von den ersten Strahlen der Sonne geweckt wurde. Es war ein kalter, taunasser Morgen, der noch kühler wurde, dadurch, dass sie vergleichsweise weit oben wohnten.
Foxy verließ also ihren Schlafplatz in dem bisher einzigen Raum der Holzhütte und ging nach draußen. Sie war ein Morgenmensch und genoss die klare Luft so früh am Tag. Während sie sich das Gesicht rieb, wünschte sie sich etwas Wasser, um sich zu waschen, aber die nächste Quelle war am Fluss, und die Reise dorthin war zu riskant, bloß, um sich etwas zu erfrischen.
Nach und nach standen die anderen auf. Mikail trat an den Rand, streckte sich und war so sehr in Gedanken, dass er auf Foxys „Guten Morgen“ nicht reagierte. Bald folgten Kassia, Ashley, Galileo und Nokori. Thanatos tauchte irgendwann auf, indem er über den schmalen Bergweg nach oben gab, drei tote Dodos in einer Hand. Wann der dunkelhäutige Mann aufgestanden war, konnte Foxy nicht wirklich sagen.
Ohne sich abzusprechen trug die Gruppe Feuerholz zusammen, briet das Fleisch der Dodos und verteilte ein paar Beeren, um eine halbwegs vernünftige Mahlzeit zu erhalten. Als der Geruch nach Braten über den kleinen Platz auf der Flanke des Berges wehten, tauchten auch Henry und Lucy auf wie zwei Hunde, die der Geruch anlockte. Foxy schüttelte leicht den Kopf, als sich sowohl der dickliche Mann als auch das Mädchen gähnend ans Feuer setzten. Man könnte die beiden für Verwandte halten.
Nach der Mahlzeit war Foxy zwar nicht satt, aber sie fühlte sich stark genug für den Tag.
Thanatos rief die Gruppe zusammen. „Ich denke, es wird Zeit, dass wir ein bisschen Ordnung in unser Chaos bringen“, begann der Mann und sandte Lucy einen strengen Blick. Das Mädchen verschränkte die Arme kampflustig vor der Brust, sagte aber nichts. Nachdem sie gestern den großen Dinosaurier auf sie gehetzt hatte, hielt sie es wohl für klüger, sich bedeckt zu halten.
„Was hattest du dir gedacht?“, fragte Nokori, die Thanatos aus der Hand zu fressen schien.
Thanatos erklärte in knappen Worten: „Wir werden Rollen verteilen, die jeder von uns ausführen muss. Ich werde euch so zuteilen, wie es mir angebracht erscheint, und ihr werdet euch nicht beschweren, kapiert?“
Niemand widersprach, aber es nickte auch niemand. Foxy wollte lieber abwarten, was kam, bevor sie sich auflehnte.
„Ich fasse einmal zusammen: Wir brauchen ein Haus und wir brauchen Nahrung. Zudem kann es nicht schaden, wenn der ein oder andere dafür geeignet wäre, euch zu verteidigen, falls ich mal nicht da bin.“
Kassia hob vorsichtig die Hand: „Wäre es nicht auch klug, unsere Umgebung zu erkunden? Nicht im Sinne von Jagden, sondern einfach, um auszukundschaften, was es in der Nähe gibt? Vielleicht auch, ob es andere Menschen gibt?“
Thanatos zog die Brauen zusammen: „Das erscheint mir ziemlich sinnlos.“
„Doch, das wäre sogar sinnvoll!“, meldete sich Mikail: „Vielleicht finden wir so besseres Baumaterial.
Mehrere andere nickten und murmelten zustimmend. Thanatos knurrte: „Gut. Ashley soll unsere Kundschafterin sein. Sie kann eh nichts anderes.“
Das tattoowierte Mädchen sah ein wenig verletzt aus, nickte dann aber langsam.
„Ansonsten gibt es folgende Rollen: Es gibt die Bauleute, die am Haus arbeiten. Mikail und Henry.“
Der gebräunte Mikail schreckte aus einem Gedanken hoch und stimmte zu, Henry dagegen stöhnte: „Kann ich nicht was Cooles sein? Ein Krieger?“
„Krieger gibt es“, sagte Thanatos streng, „aber außer mir wird das nur Nokori sein.“
Foxy registrierte, wie sich das hellhäutige Mädchen aufrechter stellte und vor Stolz grinste.
„Warum nicht ich?“, maulte Henry: „Ich will keine langweiligen Wände bauen!“
„Weil du mir viel zu viel Spaß an diesen Beeren hast“, sagte Thanatos kalt und Henry Widerstand sackte in sich zusammen.
„Als Handwerker werdet ihr unsere Basis bauen und vielleicht an Waffen arbeiten. Was immer euch einfällt. Jetzt zu dir, Nokori: Krieger werden als Wachen fungieren. Du begleitest die Leute, die Beeren sammeln gehen und passt auf, dass sie nicht gefressen werden. Du wirst aufmerksam sein, mutig und du wirst sie beschützen, so gut du kannst.“
Nokori, die ihre schlanken Arme auf den Rücken gelegt hatte, nickte ernst.
„Foxy und Kassia“, sagte Thanatos.
Sofort horchte Foxy auf.
„Ihr seid Sammler. Ihr seid diejenigen, die Nokori beschützen wird.“
„Was genau müssen wir dazu tun?“, fragte Foxy.
„Ihr sammelt Beeren, Holz, Steine, was wir eben so brauchen“, erklärte Thanatos: „Am besten in ausreichenden Mengen.“
Die Stimme des Dunkelhäutigen wurde sarkastisch. Foxy verzichtete besser darauf, weiter nachzufragen und tauschte einen kurzen Blick mit Kassia. Die Rothaarige zuckte mit den Schultern und nickte leicht.
„Und ich?“, fragte Lucy.
„Du und Galileo, ihr seid die Jäger“, seufzte Thanatos: „Ihr besorgt unser Fleisch, immerhin habt ihr bewiesen, dass ihr das könnt.“
„Juhuu!“, rief Lucy und sprang in die Luft.
Galileo stand mit verschränkten Armen daneben: „Ich und sie?“
„Du und sie“, bestätigte Thanatos: „Außerdem werdet ihr euch um eure Viecher kümmern. Ihr werdet Fleisch für das Mistvieh holen, und die Pflanzen für das Trampelvieh. Deren Ernährung ist nicht die Aufgabe der Sammler, aber sie könnten vielleicht so nett sein, und euch etwas abgeben. Und außerdem werdet ihr den Platz der Tiere sauber machen.“
Lucys Begeisterung schwand etwas, dafür sah Foxy deutlich, wie sich Galileos Mundwinkel ein wenig hoben. Danach war Thanatos fertig und verkündete: „Wir werden das gleich mal ausprobieren. Wir haben nämlich kaum Beeren und überhaupt kein Fleisch mehr. Und das Dach der Hütte ist nicht regendicht!“
Die Siedler begannen zögerlich, sich zu organisieren. Lucy und Galileo stritten sich darüber, wer „Trampelvieh“ denn nun benennen dürfe und waren sich nur darin einig, dass Thanatos dieses Recht nicht zustand. Aber der Rest ging ins einen Rollen auf. Mikail probierte am Rand der kleinen Gesellschaft mit einigen Pflanzenfasern herum und erklärte Kassia dann, was er davon am liebsten haben würde. Henry stapelte ihre Holzvorräte zur besseren Übersicht, Nokori suchte nach einem Speer, der nicht verbogen war, und Ashley stand ein wenig hilflos in dem Gedränge und überlegte, anscheinend, ob sie wirklich als Späherin loslaufen sollte.
Foxy ging erst zu Kassia: „Was genau sollen wir holen?“
„Wenn ich Mikail nur verstanden hätte!“, sagte Kassia in gedämpften Ton: „Ich glaube, die trockenen, brüchigen Fasern. Oder waren es die grünen? Jedenfalls solltest du vielleicht Beeren sammeln. Dann haben wir beides.“
„Das klingt gut!“, meinte Foxy erleichtert, dann sah sie zu Ashley: „Nehmen wir sie mit? Ich glaube, sie würde sich freuen.“
Kassia nickte und schüttelte dann den Kopf: „Ich verstehe Thanatos wirklich nicht. Er spielt sich auf wie ein König oder sowas.“
„Hoffentlich gibt sich das“, pflichtete Foxy ihr bei, während sie sich auf den Weg nach unten machten. Nokori folgte ihnen und Ashley nahm ihre Einladung gerne an. Ein Stück weit gingen sie mit Lucy und Galileo, bevor die Jäger sich von ihnen trennten.
„Scaramouche ist ein toller Name!“, hörte Foxy Galileo schimpfen.
„Das kann doch kein Mensch aussprechen!“, entgegnete Lucy: „Ich bin vor Diana!“
„Banause!“, knurrte Galileo ungnädig, bevor die zwei außer Hörweite waren.
Foxy musste unwillkürlich grinsen. Es war beinahe erschreckend, wie schnell sie begann, diese zusammengewürfelte Gruppe zu mögen.