„Los, aufstehen!“, Mikail stieß Henry mit dem Fuß an, der sich stöhnend auf die andere Seite wälzte.
„Es ist noch viel zu früh!“, nuschelte der andere und schlug mit der Hand ohne Kraft und Ziel nach Mikail.
„Hoch mit dir! Wir haben heute viel vor!“, drängte Mikail: „Und das Frühstück ist schon fast um, es ist nicht früh!“
Tatsächlich stand die Sonne schon bestimmt eine halbe Stunde am Himmel. Mikail überlegte, ob sie nicht eine Sonnenuhr bauen sollten und wurde ziemlich unsanft aus seinen Überlegungen gerissen, als Henry an ihm vorbei stürmte: „Ist noch was übrig?“
Mikail wartete nicht, bis sein Teampartner fertig war. Er begann, erste Pläne in den Sand zu skizzieren.
Lucy war bereits unten. Mikail sah von oben, wie sie Oskar und Scaramouche/Diana beizubringen versuchte, sich auf Kommando zu setzen. Beide Dinosaurier wirkten desinteressiert. Galileo saß derweil neben Kassia und beschwerte sich über das unbändige, kleine Mädchen, während Kassia sich ziemlich neutral zu dem Streit zu halten versuchte.
„Schon am arbeiten?“
Mikail sah auf, als Thanatos' großer Schatten auf ihn fiel. Er nickte: „Ich habe zuerst überlegt, ein schräges Dach zu machen, damit der Regen abfließt. Aber das wird zu komplex, also nehmen wir ein Flachdach. Darauf kann man auch jederzeit neue Stockwerke bauen.“
„Kommst du mit dem Faulpelz zurecht?“, fragte Thanatos.
„Henry? So faul ist der doch nicht“, sagte Mikail und versuchte ein Lächeln.
Thanatos schnaubte: „Wie du meinst. Was braucht ihr heute?“
„Seile. Also, Pflanzenfasern. Und natürlich Stroh und Holz“, erklärte Mikail.
Thanatos nickte und stapfte davon, riss Kassia recht unsanft aus ihrer Unterhaltung mit Galileo und scheuchte die Sammler und Jäger nach unten.
Henry stand recht widerwillig von dem erlöschenden Feuer auf und trottete zu Mikail: „Was soll ich tun?“
„Bring alles Holz her“, sagte Mikail, sprang auf und kletterte auf das Dach. Am nächsten Morgen wirkte ihre Arbeit vom letzten Tag noch besser. Das eng verflochtene Strohdach würde keinen Tropfen Wasser durchlassen.
Henry stöhnte unten: „Mir tut jeder einzelne Muskel weh!“
„Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn man etwas getan hat, oder?“, fragte Mikail.
Henry schnaubte und klang beinahe wie Thanatos.
Viel zu schnell kam die Mittagspause. Mikail wollte überhaupt nicht aufhören, aber sein knurrender Magen und seine schmerzenden Finger zwangen ihn dazu. Er kaute sein Fleisch mit Beeren und fragte Kassia dabei, was sie von einer Bank halten würde.
„Können wir uns das leisten?“, fragte die junge Frau: „Ich meine, wir brauchen keine Bank, und sie würde nur Holz und Zeit verbrauchen.“
„Aber es sähe schön aus“, beharrte Mikail: „Man könnte sich abends darauf setzen und den Sonnenuntergang betrachten.“
Kassia lachte: „Das wäre wirklich schön. Aber wir sind so viele, das müsste eine breite Bank sein.“
Mikail rieb sich das Kinn: „Eine Bank, die die ganze Vorderwand einnimmt, und nur in der Mitte, wo die Tür ist, gibt es eine Lücke … das sollte reichen!“
Kassia lachte noch ein wenig lauter, aber Mikail hatte nicht das Gefühl, dass sie ihn auslachte. Bevor sie aufstand, klopfte sie ihm auf die Schulter: „Mach das Dach fertig, und danach baust du die Bank.“
Am Nachmittag blieb Nokori mit ihnen oben. Ihre Wunde war während irgendeiner unklugen Klettertour wieder aufgebrochen. Jetzt saß sie schlecht gelaunt in der Hütte, gemeinsam mit Ashley, die einen behelfsmäßigen Verband machte und ab und zu Wasser holte, um die Wunde zu verbinden. Als Foxy einmal vorbei kam und ein paar Pflanzenfasern ablieferte, fing Ashley sie ab:
„Kannst du ein paar Narcobeeren suchen? Wir haben keine mehr, aber ich glaube, dass sie den Schmerz betäuben können.“
„Ich will keine Narcobeeren!“, schimpfte Nokori missmutig, aber Foxy nickte und versprach, die Augen offen zu halten.
Lucy und Galileo brauchten an diesem Abend lange, um zurückzukehren. Henry ließ die Arbeit irgendwann liegen und behauptete, sich große Sorgen zu machen. Mikail dagegen begrüßte die Möglichkeit, länger am Dach zu arbeiten. Die Jäger tauchten schließlich doch auf, mit einer ausgesprochen mageren Ausbeute.
„Es waren keine Dodos zu finden“, erklärte Lucy: „Dabei hat es gestern noch von denen gewimmelt.“
„Vielleicht hat sie etwas vertrieben“, sagte Galileo und warf Lucy einen bösen Blick zu, worauf sie ihm die Zunge heraus streckte.
Das Fleisch wurde trotzdem gebraten und fair aufgeteilt. Die neun Menschen ließen sich um das Feuer nieder und saßen auf dem Boden, nur Thanatos thronte auf einem Baumstamm über ihnen.
Nachdem Nokori ihre Beeren abgelehnt hatte, waren diese schnell bei Henry gelandet.
„Warum isst du die eigentlich?“, fragte Galileo, der neben Mikails Baupartner saß.
„Naja, sie schmecken gut“, antwortete Henry wage.
Ehe der dickliche Mann reagieren konnte, hatte sich Galileo eine Beere geschnappt und in den Mund geschoben.
„Wow“, sagte der jüngere Mann mit den langen Haaren: „Krass!“
„Ja, und deswegen“, gab Henry zu.
Mikail der neben den beiden saß, runzelte die Stirn und lenkte seine Aufmerksamkeit dann schulterzuckend auf den Rest ihrer kleinen Gemeinschaft.
Nokori lachte über einen Witz von Foxy. Lucy bettelte Kassia an, heute von der „Dino-Aufgabe“ befreit zu werden, doch die Frau lehnte entschieden ab. Thanatos schwieg grimmig und ließ den Blick finster über die Versammelten schweifen. Und Ashley saß etwas außerhalb und sah beinahe verschreckt zu den anderen.
Mikail seufzte. Sie waren eine verrückte Gruppe. Wenn er die Zeit dazu bekam, sollte er vielleicht beginnen, das Haus mit Räumen zu füllen. Ashley würde sich bestimmt über ein eigenes Zimmer freuen, in dem sie verschwinden könnte.
Mit dem Zeh zeichnete Mikail erste Ideen in den Staub. Das Haus war zu klein, entschied er.