Nachgeschrieben am 06.02.2021
Officer Potter lenkt seinen Wagen durch die Straßen von Chicago. Um genauer zu sein, durch einen Vorort. Der kalendarischer Winter hat vor zwei Tagen begonnen und die Temperaturen sind prompt unter den Gefrierpunkt gefallen. Sein Kollege betätigt den Scheinwerfer, der am Polizeiauto angebracht ist. Es ist eine typische Nacht, nichts Besonderes, einfach nur eine Kontrollfahrt. Die letzten Wochen sind nicht anders gewesen. Hier hat jemand falsch geparkt und dort ein Geschwindigkeitsvergehen.
»Hast du Lust am Wochenende auf Partie Poker? Smith und Paralez werden auch kommen.«
Potter schüttelt den Kopf. »Geht nicht, meine Tochter kommt mich besuchen.« Seit der Scheidung lebt er von seiner Frau getrennt. Es verlief ganz gut, kein Rosenkrieg. Dafür ist er sehr dankbar, seine Frau – Ex-Frau war schon immer vernünftig. Es ging einfach nicht mehr, der Beruf ließ es nicht mehr zu.
»Kannst sie mitnehmen.« Na, darauf hat er wirklich keine Lust. Das Kind in Zigarettenqualm und um sie herum Alkohol und fluchende Typen. »Ja, klar«, erwidert Potter sarkastisch. Außerdem will er einfach Zeit mit Samantha verbringen. Er liebt die Wochenenden mit ihr. Die will er nicht mit einem banalen Kartenspiel verschwenden. Er denkt an sie und muss lächeln. Sie möchten am Freitag Schlittschuhe laufen und, etwas verfrüht, stimmt, Kevin allein zu haus, schauen und einen Weihnachtsbaum kaufen und schmücken.
»Na denn nicht.« Sein Kollege – Williams – leuchtet in eine Seitenstraße. Nahe an der Kurve steht ein weißer Ford. Standardmodell. In dem Moment fallen Schüsse. Potter bremst und sieht in die Richtung. Ein Typ mit einer Uzi feuert eine weitere Salve auf sein Opfer, das leblos auf dem Boden liegt. Blut spritzt.
Im Licht des Scheinwerfers gefangen, nimmt der Unbekannte die Beine in die Hand und springt hinter das Steuer. Reifen quietschen, durchdringen die Stille der Nacht. Williams schnappt sich das Funkgerät und brüllt hinein: »Wir haben einen 187. Potter und Williams übernehmen. Bitten um Verstärkung.« Die Zentrale peilt wohl in diesem Moment ihren Wagen an und werden dementsprechend handeln.
»Los drück aufs Gas«, fährt er Potter an, der auch gleich reagiert. Kupplung, ersten Gang rein und Gas kommen lassen. Die Reifen drehen durch, gleichzeitig lenkt er in die Richtung und legt im gleichen Moment den zweiten Gang ein und eine wilde Verfolgungsjagd beginnt.
Es werden parkende Autos in Mitleidenschaft gezogen, der Flüchtige fährt wie ein Henker. Im Gegensatz zu Potter kann der Verdächtige nicht driften und mimt die Kurven lang. Mittlerweile hat Williams die Waffe gezogen und versucht die Reifen zu erwischen, leichter gesagt, als ausgeführt. Einzelne Schüsse jagen durch die Luft, prallen am Asphalt ab. Manchmal trifft er die Karosserie und die typischen Einschusslöcher entstehen. Rot und blau blinken und die Sirene gesellt sich dazu, so rasen sie wie die Irren. Mit dem Rammbock erwischt er das Heck des vorderen Wagen und das Heck bricht aus. Der Wagen gerät ins Schleudern, überwindet den Bordstein und schlittert über den Rasen eines Grundstückes und kracht in einen Geräteschuppen. Kommt dort zum Stehen. Chaos. Alles fliegt durch die Gegend.
Halsbrecherisch bringen die Polizisten ihren Dienstwagen zum Anhalten und steigen aus. Williams beleuchtet den Schuppen. »Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus.« Keine Reaktion. Nur Stille.
»Gib mir Deckung.«
»Sollten wir nicht auf Verstärkung warten?«
Doch Potter ging schon voran. Ja, er ist ein Hitzkopf. Geht gerne seinen Weg. Seine Vorgesetzten sind nicht immer begeistert darüber. Williams verdreht sie Augen, gibt seinem Kollegen aber Feuerschutz.
Potter öffnet vorsichtig die Fahrertür. Aber hinter dem Steuer sitzt niemand. Ein Ruck bringt ihn zu Boden und mit dem Kopf küsst er das Heck des Wagens. Sterne bilden seinen Horizont und die Sicht wird unscharf. Die Gestalt thront über ihm, er blinzelt und es wird ein wenig besser. Hämisches Grinsen auf den Lippen, die Augen voller Hass. Ein Klicken ertönt. Die Waffe des Mörders hat Ladehemmungen. Hastig versucht der Mann dies zu beheben. In diesem Moment kann Potter seine Waffe unter dem Wagen ausmachen, es gibt kein erreichen. Na ja, dann muss er wohl improvisieren und sieht sich die Umgebung an, wenn es nicht anders geht, muss er den Typen mit bloßen Händen überwältigen. Blitzschnell springt er auf die Beine und hechtet in feinster Football-Spieler Manier zum Mörder. Der Stößt gegen die Wand und verliert seine Waffe. Die Gerätschaften daneben fallen um, unter ihnen auch ein Schneeschieber, den Potter mehr aus Reflex auffängt und gar nicht lange Fackelt. Der Verdächtige küsst das Metall und fällt bewusstlos um.