Siobhan fand ein paar saubere Sachen auf dem Stuhl neben dem Bett. Isabelle musste sie ihr gebracht haben. Sie mochte Izzy. Vielleicht, weil sie sie ein wenig an ihre große Schwester Lucile erinnerte. Isabelle war fürsorglich, mitfühlend und trotzdem eine außergewöhnliche Kriegerin. Diese Kombination war selten unter Dämonenjägern.
Clary stand plötzlich in der Tür und Siobhan war einmal mehr froh darüber, diese etwas zu hitzige ›Unterhaltung‹ mit Jace unterbrochen zu haben.
»Darfst du schon aufstehen?«, fragte Clary erstaunt. »Musst du nicht erst Doktor Polidori fragen, ob du …?«
»Ob ich aufstehen darf?«, beendete Siobhan den Satz etwas zu harsch. »Tut mir leid. Aber ich muss hier wirklich raus«, entschuldigte sie sich sogleich. »Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Tageslicht gesehen habe oder etwas anderes als … keine Ahnung. So etwas hier?« Sie deutete auf den Raum um sich.
Clary nickte verständnisvoll. »Komm, ich zeig dir etwas.«
Siobhan sah erstaunt auf, schließlich war es das erste Mal, dass sie überhaupt miteinander redeten, und sie hatte bisher den Eindruck gehabt, Clary könne sie nicht sonderlich gut leiden. Dennoch folgte Siobhan ihr von der Krankenstation in den Aufzug. Clary drückte den obersten Knopf der Leiste. Dann war es wieder still zwischen den beiden. Worüber sollten sie auch reden? Sie hatten nicht allzu viel gemeinsam. Clary war mehr Irdische als eine Schattenjägerin. Ihre Entscheidungen und Aussagen wirkten hin und wieder etwas – nun ja, emotional und impulsiv. So etwas konnte andere Schattenjäger im Ernstfall teuer zu stehen kommen, wusste Siobhan. Clary war keine ausgebildete Kriegerin, sie wirkte eher wie ein Kälbchen in einer Arena für Kampfstiere.
»War Jace gerade bei dir?«
Clarys Frage brach in die Stille, wie ein plötzlich herunterfallender Ast.
Siobhan schüttelte den Kopf. »Nein. Wieso?«
Kurz durchdrang sie Clarys prüfender Blick, doch dann lächelte Clary wieder ihr hübsches Lächeln, nickte kurz und blickte zur Tür des Aufzugs.
Siobhan fühlte sich unwohl. Sie wollte sich absolut nicht zwischen das, was auch immer da zwischen Jace und Clary vorging, drängen.
Absolut nicht.
Unerwartet grelles Licht zwängte sich durch den breiter werdenden Spalt, der sich öffnenden Fahrstuhltür. Tageslicht? Wie konnte das sein? Sie dachte, der Tag wäre bereits vorüber. Aber was wusste sie schon? Sie hatte die letzten Stunden in einem stickigen, fensterlosen Raum verbracht.
Clary bemerkte ihren Blick und erklärte: »Einige Pflanzen hier benötigen mehr Tageslicht, als New York zu bieten hat. Daher das künstliche Sonnenlicht im Atrium.«
Warme, tropisch feuchte Luft strömte ihnen entgegen. Sie betraten die riesige Kuppel auf dem Innendach des Instituts und standen nun inmitten seltener Baum- und Pflanzenarten, welche sich in allen möglichen Farbvariationen dem Licht entgegenstreckten. Wie Glühwürmchen schwebten Myriaden kleiner Sporen, ebenso in allen Farben schimmernd, durch die tropische Sphäre und erinnerten Siobhan an den magischen Wald der Seelies. Sie drehte ihre Handflächen nach oben und fing ein paar der bunten Sporen, lächelte verhalten und sah sich begeistert um.
»Du hast so eine Art«, sagte Clary. »Keine Ahnung, wie ich das sagen soll, aber ich verstehe, warum anscheinend jeder dich mag.«
Das war eine merkwürdige und unkorrekte Feststellung. Es ging um Jace, ahnte Siobhan und beschloss, nicht auf Clarys Worte zu reagieren. Siobhan fuhr mit den Fingern über die taunassen Blätter einer kleinen Zypresse.
Clary setzte sich auf eine der Bänke mit offenem Blick auf den sternenklaren Himmel über der Kuppel. »Ich weiß, dass du dich an Edom erinnerst, Siobhan. Jeder weiß es oder ahnt es zumindest. Und es ist verständlich, dass du nicht darüber reden willst. Du sollst nur wissen, dass du mit uns über alles reden kannst. Egal, was es ist. Und wenn nicht mit mir, dann mit Izzy, Alec oder Sebastian, okay?«
Gab es einen Grund, weshalb sie Jace nicht erwähnte? Außer dem Offensichtlichen, natürlich?
»Okay«, entgegnete Siobhan knapp und beobachtete den purpurroten Kelch einer Baumblüte, welcher langsam und gleichmäßig pulsierte wie ein menschliches Herz. Die Wahrheit dürfte keinem von ihnen gefallen. Und sie fürchtete sich vor dem Tag, an dem es den anderen bewusst werden würde. Alles war so viel schwerer, als sie gedacht hatte. Nicht der Auftrag, vielmehr das Lügen, das Täuschen und das Enttäuschen, was jenem unweigerlich folgen würde.
Clary stand auf und Siobhan bemerkte, dass ihr dabei etwas aus der Tasche gefallen war. Clary hatte es nicht bemerkt und ging den schmalen Pfad weiter. Siobhan bückte sich blitzschnell und griff nach dem schwarz schimmernden Stein.
Unsäglicher Schmerz durchschoss augenblicklich ihre Fingerspitzen, als sie ihn berührte. Das dunkle Metall brannte sich in ihr Fleisch. Reflexartig zuckte ihre Hand zurück und sie unterdrückte nur mühsam einen Schmerzenslaut.
Clary drehte sich um. »Hast du etwas gefunden?«
Siobhan stellte geistesgegenwärtig ihren Fuß auf das Ding. »Nein, ich dachte nur, da liegt etwas, aber ich habe mich getäuscht.«
Clary wandte sich wieder ab und schlenderte weiter, während Siobhan das Steinchen mit dem zu langen Ärmel ihres Shirts aufnahm und in ihrer Hosentasche verschwinden ließ. »Wir hatten in London auch einen Ort wie diesen«, sagte sie beiläufig und fügte nachdenklich hinzu: »Ich frage mich, ob er immer noch existiert.«
Clary blieb stehen. »Denkst du darüber nach, wieder nach London zurückzugehen? Ich meine, Beleth ist vorerst sicher verwahrt. Und du bist praktisch frei.«
Clarys Stimme klang etwas zu hoffnungsvoll in Siobhans Ohren.
Siobhan rieb sich mit der Hand über die Schattenrune an ihrem Hals und entgegnete: »Meine Definition von frei ist sicher anders als deine.«
Clary sah beschämt zu Boden. »Ich meine nur, dass er dir jetzt nichts mehr tun kann.«
Siobhan fand diese Aussage schon fast amüsant. Wenn jemanden auf diesem Planeten sicher vor Beleth war, dann sie. Vor Lilith hingegen war niemand sicher. Siobhan war Edom nie entkommen. Niemand entkam Lilith, wenn sie es nicht wollte. Die Skerpia waren nur eine kleine Erinnerung daran, was sie Siobhan aufgetragen hatte zu tun.
Clary bemerkte, dass Siobhan in Gedanken Lichtjahre entfernt war und es war nahezu unmöglich, ein Gespräch mit dieser stillen Schattenjägerin in Gang zu bringen. Dass Siobhan Branwell die meiste Zeit ihres Lebens nicht gesprochen haben soll, konnte Clary sich jetzt gut vorstellen. Es war schwer, mit jemandem in Kontakt zu kommen, der so absolut gar nicht greifbar war. Und vielleicht war auch ein wenig Eifersucht dabei. Oder war es Besorgnis? Clary wusste es nicht. In letzter Zeit wusste sie vieles nicht und das hatte ihr Drama mit Simon und Jace am Seelie-Hof überhaupt erst verursacht. Simon! Sie zuckte innerlich zusammen. »Möchtest du noch ein wenig hierbleiben?«, fragte sie. »Ich habe da was zu erledigen. Ist das okay? Kommst du klar?«
Siobhan nickte und sah Clary davonrauschen, als hätte sie etwas auf dem Herd vergessen. Dieser Ort war gleich viel schöner, seit niemand mehr sie in ein Gespräch verwickeln wollte. Clary hatte ein freundliches Wesen, aber genau das war das Problem. Alle hier waren freundlich. Außer Alec. Doch der musste so sein. Er war der Leiter des Instituts. Und Sebastian. Sebastian Verlac war nicht freundlich, das war nur Fassade. Er war neugierig, wachsam, sehr schlau und schwer einzuschätzen. Er gab seine Gefühle nicht preis wie die anderen hier. Auch, wenn sie es nicht absichtlich taten. Aber bei ihm spürte sie nichts, wenn sie ihn oder er sie berührte. Die Mauer, die dieser Shadowhunter um sich und sein Innerstes errichtet hatte, war undurchdringbar. Zumindest für sie und ihre Gabe.
Aber genau das machte ihn so spannend.
Sie dachte darüber nach, was alles seit dem ersten Tag hier passiert war. Einiges davon war ein wenig verwirrend, anderes etwas beängstigend und dann waren da auch die Momente, die alles andere als beängstigend oder verwirrend waren. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Doch im gleichen Atemzug erstarb dieses Lächeln und sie betrachtete ihre verätzten Fingerspitzen. Sie heilten bereits, was nicht nur dem Vampirgift geschuldet war. Vorsichtig nahm sie den schwarzen Stein aus ihrer Hosentasche. Sie hielt ihn mit dem verlängerten Ärmel ihres Shirts gegen das künstliche Tageslicht und betrachtete ihn. Warum trug Clary einen Gegenstand aus Elektrum bei sich?
Sie ließ den Stein wieder in ihre Tasche verschwinden. Dieser Stein könnte sich vielleicht nützlich erweisen, bei ihrer Suche nach Jonathan Morgenstern. Bisher hatte sie noch keine Zeit gehabt, etwas über seinen Aufenthalt herauszufinden. Doch sie war sich sicher, er war näher, als alle dachten. Vielleicht sogar hier im Institut. Sie musste ihn vor den anderen finden, soviel stand fest.
ᛟ
Magnus lag in seinem Bett und starrte die Decke an. Das Gespräch mit Alec war ganz und gar nicht so gelaufen, wie er es sich gewünscht hatte, aber leider ganz genau so, wie er es befürchtet hatte.
Was Alec getan hatte – ihm zu verschweigen, dass der Rat nicht mehr im Besitz des Seelenschwertes war – hielt Magnus zuvor für den schlimmsten Vertrauensbruch zwischen den beiden. Doch was Magnus getan hatte – Alec gegen Beleth ins Feld ziehen zu lassen, ohne zu erwähnen, dass es da wahrscheinlich einen tot geglaubten, dunklen Hexenmeister gab, der diese ganze Sache hätte vereiteln können – das war Verrat.
Alec hatte ihn angesehen, als hätte Magnus ihm eröffnet, mit sämtlichen Warlocks von Brooklyn geschlafen zu haben. Was nicht einmal ganz unwahrscheinlich war. Also hatte er darauf verzichtet, ihm auch noch das Foto von Yael unter die Nase zu halten.
Magnus wusste nicht, ob es überhaupt noch einen Unterschied gemacht hätte. Alec hatte ihn verstörend ruhig gebeten, umgehend das Institut zu verlassen. Seine Stimme war so kalt gewesen, genau wie sein Blick. Mit Enttäuschung hätte Magnus umgehen können, aber das? Das war schmerzhafter als alles, was er jemals zuvor gefühlt hatte.
Er blickte zur leeren Seite seines Bettes. Alecs Geruch hing immer noch in den Kissen. Ruckartig hob Magnus seine Hand und die Kissen platzten auf. Tausende Daunen verteilten sich in dem Schlafzimmer. Doch Wut half ebenso wenig, wie Hoffnung oder Trauer. Also stand er wieder auf und ging ins Wohnzimmer seines Lofts, um sich Scotch einzuschenken. Das war zwar auch keine Lösung, aber immerhin eine Beschäftigung.
»Magnus Bane. Ich habe dich größer in Erinnerung.«
Magnus fuhr herum und verschüttete dabei das meiste aus dem Glas. Als er sah, wer dort in seinem Sessel saß, mit übereinandergeschlagenen Beinen, die Hände locker auf den Lehnen und mit diesem typisch abschätzigen Lächeln auf den Lippen, kippte er den Rest des Scotchs in einem Zug hinter und taumelte zwei Schritte zurück, bis er mit dem Rücken, gegen den Kaminsims stieß.
»Yael«, war alles, was er stammeln konnte.
Der sah ihn ungerührt an, drehte kurz das Handgelenk und Magnus spürte die Hitze, des sich augenblicklich entzündenden Kaminfeuers hinter ihm. Außer dem natürlichen Reflex sich ruckartig von der Hitzequelle wegzubewegen, war Magnus nicht imstande etwas anderes zu tun, als ihn anzustarren.
Yael tat gelangweilt, betrachtete seine Fingernägel und sagte: »Du enttäuschst mich, Bane. Aber darin warst du schon immer ganz hervorragend. Weißt du, ich habe dich beobachtet. Das mache ich schon eine ganze Weile. Dummerweise ist mir auch nach so vielen Jahren einfach nicht in den Sinn gekommen, wie ich dich angemessen bestrafen werde, für das, was du Christian und mir angetan hast. Und nicht nur ihm. Wie geht es meiner Siobhan?«
Magnus griff nach der Karaffe mit dem Scotch, füllte sein Glas erneut bis zum Rand und kippte ihn hinter, ohne Yael auch nur eine Sekunde aus den Augen zulassen. Wenn er schon sterben müsste, dann wenigstens mit einer konservierenden Menge Alkohol in seinem Körper.
Yael stand auf und kam langsam auf Magnus zu. Er lächelte wieder. Doch es war ein unheilvolles Lächeln. »Mein lieber Magnus, was habe ich dich einst geliebt. Ich hätte nicht gedacht, dass Hass so viel prickelnder ist als Liebe.«
Yael stand nun so dicht vor ihm, dass Magnus sich in seinen dunklen Augen spiegeln konnte. Und das Einzige, was Magnus durch den Kopf ging, war, dass er immer noch unfassbar anziehend war. Wenn da nicht dieser unumstößliche und sehr bedauerliche Fakt war, dass dieser schöne, aber finstere Warlock ihn in wenigen Minuten töten würde.
Als Yaels Hand plötzlich hochschnellte, schloss Magnus in Erwartung eines schmerzvollen Todes seine Augen. Doch nichts geschah.
Magnus öffnete seine Augen zögerlich und sah, dass Yael lediglich nach der Karaffe, die direkt hinter Magnus stand, gegriffen hatte, um sich ebenfalls einen Scotch einzuschenken.
»Wie unhöflich, seinem Gast nicht auch etwas anzubieten«, sagte Yael und setzte sich mit dem Glas in der Hand zurück in den Sessel, wo er genüsslich an dem teuren Tropfen nippte. »Ganz vorzügliche Qualität«, sagte er. »An deinem guten Geschmack hat sich nichts geändert.« Und schlagartig veränderte sich Yaels Blick wieder. Seine Augen waren leer und kalt, sein angespannter Unterkiefer bebte, er lehnte sich weit nach vorne und seine Stimme wirkte gepresst, als er sagte: »Die Ähnlichkeit deines Shadowhunters mit mir ist ja nun wirklich nicht zu übersehen.«
Magnus zuckte zusammen. Plötzlich fühlte sich der Boden unter seinen Füßen schwammig an, seine Eingeweide rumorten und sein Herz gab sich ein paar beunruhigenden Zuckungen hin.
Yael schien zufrieden, als er Magnus Reaktion bemerkte und lehnte sich wieder entspannt zurück. »Wie erbärmlich du bist, Bane. Ich weiß noch, wie du mich damals belächelt hast, wegen meiner Freundschaft mit William. Schattenjäger und Schattenwesen sollten nicht befreundet sein, nicht einmal in der gleichen Dimension sollten sie sich befinden. Deine Worte, Magnus. Wie hast du sie verachtet, die Nephilim. Und als ich mich in Williams Sohn verliebte, konntest du nicht sarkastisch genug darüber spotten.«
»Ich war eifersüchtig. Ich war ein Narr«, sagte Magnus.
»Eifersüchtig?«, brüllte Yael plötzlich und sprang aus seinem Sessel auf. »Du hast ihn getötet!«
»Ich war feige und dumm. Aber für Christians Tod ist der Rat verantwortlich, nicht ich«, versuchte Magnus sich zu entschuldigen.
Yael schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Magnus. Du bist schuld. Hättest du uns damals geholfen. Nichts von alldem wäre passiert. Nichts! Aber für den Rat lasse ich mir auch noch etwas einfallen. Keine Sorge. Und wie es das zuckersüße Schicksal so will, kann ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der große Magnus Bane verliebt in einen Schattenjäger, dessen Eltern zufälligerweise und immer noch mächtige Mitglieder des Rates sind. Das ist ein entzückend und ein schon fast poetisches Gleichnis, findest du nicht?«
Magnus Zorn entlud sich in einer zerstörerischen Energiewelle, die alles um Yael herum in Scherben sprengte. Nur Yael blieb von Magnus Magie unberührt. Mild lächelnd spottete er: »Ach, herrje, Magnus. Wer ist der mächtigste Zauberer in diesem Raum? Nun, du bist es ganz sicher nicht.«
»Wenn du Alec oder seine Familie auch nur anrührst«, presste Magnus zwischen seinem angespannten Kiefer hervor. »Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, dann …«
»Dann was«, zischte Yael, schnellte auf Magnus zu, packte ihn am Hals und drückte fest zu. »Dann was, Bane.«
Magnus schnappte nach Luft und versuchte sich aus Yaels unnatürlich festem Griff zu befreien.
Doch der ließ ihn genauso abrupt wieder los und sah ihm nun forschend in die Augen. »Ich denke, wir haben uns gerade auf dem falschen Fuß erwischt. Ich fange noch mal von vorne an.« Er sagte es unglaubwürdig versöhnlich. »Ich werde deinem Alec nichts tun. Ich gebe dir sogar die einmalige Chance, deine Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen.«
Magnus sah ihn perplex an.
»Du wirst mir helfen, ihn zurückzubringen.«
»Wen? Von wo?«
»Christian Branwell, du Dummerchen.«
»Das ist absurd. Er ist seit Jahrzehnten tot. Selbst die mächtigste Nekromantie würde nicht ihn, sondern … ich weiß nicht … ein seelenloses Monster zurückbringen.«
»Das ist richtig. Aber, die Macht eines Engels hingegen.«
In diesem Augenblick wusste Magnus, was Yael vorhatte. »Du willst die Insignien, um den Erzengel zu wecken. Und der soll dir Christian Branwell wiederbringen.«
»Schlauer Hexenmeister«, sagte Yael. »Den Kelch der Engel besitze ich schon. Wo das Schwert ist, weiß ich bereits, nur die Sache mit dem Spiegel ist doch etwas komplizierter, als ich dachte. Und da kommst du in Spiel, Bane.«
»Ich soll den Spiegel für dich stehlen?«
»Was ist schon ein kleiner Diebstahl gegen das Leben deines geliebten Lightwood.«
Magnus sah ihn hasserfüllt an. »Wieso jetzt? Wieso hast du all die Jahre damit gewartet, ihn zurückzuholen?«
»Ist das nicht offensichtlich?«
Magnus sah ihn fragend an.
Yael rollte mit den Augen. »Dieses Ritual … nur ein Nephilim kann den Engel beschwören. Wären es also nur diese lächerlichen Insignien gewesen, hätte ich das schon längst vollbracht.«
Magnus sah ihn spöttisch an. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass du einen Shadowhunter dazu zwingen kannst, die Insignien für deine Zwecke zu missbrauchen.«
Yael lächelte wissend. »Ich muss niemanden zwingen. Es gibt jemanden, der Christian genauso sehr geliebt hat, wie ich.«
»Siobhan«, entfuhr es Magnus. Und plötzlich wurde ihm alles klar. »Deswegen jetzt. Weil sie zurück ist. Nur mit ihr kannst du Christian zurückbringen. Ist es das? Arbeitet ihr etwa die ganze Zeit schon zusammen? Warum lässt du dir von ihr nicht den Spiegel aus dem Institut beschaffen?«
Yael sprang ihn förmlich an und packte ihn am Kragen. Seine Augen funkelten zornig und seine Hände zitterten. »Sie hat keine Ahnung. Und wenn du ihr auch nur ein Sterbenswörtchen von unserer Unterhaltung erzählst, töte ich zuerst deinen Lightwood und dann dich. Hast du das verstanden, Bane?«
Magnus nickte kaum merklich.
»Sie wird es erfahren, wenn die Zeit reif ist. Keinen Tag vorher.« Yael ließ wieder von ihm ab und wirkte plötzlich verwirrt. Im Sinne von irre. Er griff sich mit beiden Händen in die Haare, wandte sein Gesicht ab und murmelte: »Ich hatte versprochen, sie zu retten. Sie aus der Hölle zu befreien. Aber es war unmöglich. Ich habe es versucht und versucht und versucht … Edom ist … sie hat mich nicht gelassen. Egal, wie sehr ich es versucht habe.« Ruckartig drehte Yael sich wieder zu Magnus. »Wir müssen uns beeilen, bevor …«, Yael verstummte.
»Bevor was?«
»Lilith.«