"Und gabs nicht auch bei euch mal Krisen? Es kann doch nicht perfekt sein.", Mona wirkte so traurig auf mich, dass ich beschloss etwas zu erzählen, was ich noch nie jemandem erzählt habe.
"Irgendwann hatten wir mal eine ziemlich harte Zeit", gab ich zu. "Er hat entschieden, dass ich mich bei einem anderen Job bewerbe, als dem, den ich immer hatte. Also habe ich das gemacht." Ich knetete meine Hände. Das war mir so unangenehm. Ich erzählte selten, irgendwas privates, Nath entschied immer, wenn wir was mit anderen teilten.
"Ich wollte mich fügen, deswegen habe ich den Job gemacht und versucht mich nicht zu beschweren. Aber es war furchtbar." Mona legte den Kopf schief. "Wieso hast du dann überhaupt versucht, diesen Job zu machen, wenn er doch so schlimm war?" Ich musste schmunzeln. Von außen lag diese Frage wohl nahe. "Naja, seine Gründe waren gut. Er wollte, dass ich mich weiterentwickle, dass ich mehr Geld verdiene, dass ich eine Herausforderung habe. Er wollte mich fördern, mir etwas Gutes tun." Sie nickte. Das verstand sie wohl. "Nun und es war auch eine Herausforderung. Ich musste zu einer neuen Firma, das war nicht intern. Und dort habe ich dann gearbeitet. Das war noch während meines Studiums, es waren nur 20 Stunden, aber es war grausam. Mein Büro roch nach Kloake und um mich herum telefonierten alle gleichzeitig. Da habe ich dann auch verstanden, wieso ich direkt am ersten Tag ein Headset bekommen habe mit Noisecancelling Funktion. Die anderen waren alle super in ihrem Job, sie kannte alle Tools und permanent schrie jemand irgendeinen Untergebenen an, der nicht schnell genug arbeitete. Meine Chefin war super nett, aber ich war überfordert und ermüdet und ich habe wirklich versucht, dem Job was abzugewinnen, aber es war viel zu anstrengend. Ich musste bei Meetings protokollieren, auch wenn sie so schnell schlechtes Englisch verstanden haben, dass ich nichts verstanden habe. Ich musste selbstständig arbeiten und wenn ich etwas nicht hinbekommen habe, hat meine ganze Abteilung darunter gelitten. Niemand würde verstehen, wieso der Job so schrecklich für mich war. Es war die Hölle. Ich hatte Bauchschmerzen und meine mentale Gesundheit ist ziemlich in den Keller gegangen."
"Klingt so, als wäre das einfach nicht der richtige Job für dich gewesen", stimmte Mona mir zu.
"Ja, aber ich kann bis heute nicht kommunizieren wieso nicht und Nathan hat es nicht verstanden. Zusätzlich hatte ich ein volles Semester und wenn ich abends nach Hause kam, war ich fertig. Ich wollte nicht jammern und er hat nicht richtig gefragt. Er dachte er hätte mir was gutes getan. Damals waren mir die Verpflichtungen zuhause einfach zu viel. Ich bin vor der Waschmaschine eingeschlafen und wurde dann von ihm bestraft, weil er dachte, ich hätte absichtlich so langsam gearbeitet. So ähnlich war unser Alltag. Irgendwann war ich einfach nur noch richtig böse auf ihn und hab mich hinter seinem Rücken bei einem Wohnheim beworben, ich hatte richtig viel Glück, weil gerade jemand abgesprungen war. Ich hab das Zimmer schon für drei Wochen später bekommen. Ich habe sie durchgehalten, aber habe es Nathan erst wenige Tage davor gesagt. Ich habe es verkündet, er hat es verboten, ich habe meine Finanzen von ihm gelöst und bin trotzdem ausgezogen."
Mona starrte mich an. "Das hast du dich getraut?", fragte sie.
"Das hatte wenig mit Mut zu tun. Mir ging es immer schlechter, ich habe abgenommen, weil ich auf Arbeit nicht essen konnte, weil ich so gestresst war, und zuhause hat Nath mein Essen kontrolliert und eingeschränkt, einfach weil er davon ausgegangen war, dass ich tagsüber viele Freiheiten habe und esse und er nicht nachgefragt hat, ob ich es wirklich tue. Er war auch mit sich beschäftigt, aber ihm ist halt auch einfach total entgangen, dass ich krass abgenommen habe und es mir elend damit ging. Er dachte Härte würde mir Sicherheit geben. Ich habe es nicht mehr ausgehalten." Mir stiegen die Tränen in die Augen bei der Erinnerung an diese Schwere Zeit.
"Auf jeden Fall habe ich dann im Wohnheim gewohnt und wir waren erst kurz getrennt, aber ohne ihn gings mir auch hundeelend. Wir haben wieder gedatet. Wir haben uns erstmal weder im Wohnheim noch zuhause getroffen sondern immer nur draußen. Wir waren spazieren und essen und sind ins Theater und ins Museum gegangen. Wir haben viele Wanderwege in der Umgebung erkundet und uns unterhalten. Er hat mich sogar gefragt, ob ich überhaupt kein tpe mehr machen möchte." Ich sah mich um. Wir hatten uns heute im Park getroffen, weil Nath fand, dass hier ein guter Ort war, um Freunde zu sehen. Frische Luft. Es war kalt, schließlich war Dezember, aber aushaltbar. Die Kinder spielten und glühten, weil es in den dicken Jäckchen zu warm war, aber die Luft kühl.
"Naja, ich verstehe nicht, wieso du dann wieder wieder in einer tpe Beziehung bist? Wieso?"
Ich grinste. "Ich wollte das wieder. Unter der Bedingung, dass wir kommunizieren und mehr aufeinander achten. Er ist auch nicht perfekt geboren. Man muss ihm auch Raum für Entwicklung geben. Er hat viel nachgedacht und geplant, wir haben verschiedene Werkzeuge ausprobiert, um es leichter zu machen. Ich habe vorübergehend immer Tagebuch geschrieben, in dem ich auch Kritik geäußert habe und er hats gelesen. Wir haben gemeinsam eine Verbesserung bei der Arbeit erwirkt. Wir haben gelernt, welche Elemente der Beziehung und guttun und welche uns eher belasten. Es war ein langer Weg und er hat mir sogar so viel Raum gelassen, dass ich ein ganze Jahr im Wohnheim war und wir erstmal nicht tpe gemacht haben, sondern Schrittchenweise Richtung tpe gegangen sind. Zunächst haben wir dann auch kink wieder hinzu genommen, was zu unserem Leben auch dazu gehört, auch wenn nicht jede tpe Beziehung auch kink enthält. Naja und dann haben wir uns gesteigert, bis wir wieder bei diesem Level waren. Und mittlerweile klappt es schon echt lange echt gut."
Mona legte den Kopf schief. Dann sagte sie: "Krass."
Ich lächelte und dachte an den Tag zurück, an dem wir dann gemeinsam in das Haus gezogen sind. In unserem Haus fühle ich mich auch einfach wohler. Es war schön warm und gemütlich und ich liebte es sehr. Wir hatten sogar einen Garten. Ab da war ich wieder 100 Prozent in seiner Befehlsgewalt und er regelt meine Gesundheit, meinen Alltag und meine Finanzen. Alles eben.
Aber es war richtig.
"Unsere Krise war nur ein reset Knopf. Vieles ist davor irgendwie schief gelaufen. Und so hatten wir die Möglichkeit es besser zu machen. Die haben wir auch genutzt und dann das Haus ordentlich wieder aufgebaut, tpe funktioniert nur, wenn das Fundament stabil ist. Dafür wars gut, alles mal abzureißen und neu zu machen."