Ich hatte lange gebraucht, bis ich einschlafen konnte. ich lag im Bett und es fühlte sich kalt an. Seit Nathan weggefahren war, hatte ich Bauchschmerzen. Es tat körperlich weh, ihn nicht neben mir zu haben.
Es würde sich alles einpendeln, da war ich mir sicher. Aber ohne Nathan fühlte es sich falsch an, hier zu sein.
Ich schlang die Decke ganz eng um mich und dachte an den Montag Morgen, der mir bevor stand.
Mein Job würde mir viel Spaß machen, aber ich konnte fast nicht atmen, als ich daran dachte, dass ich nach meinem ersten Tag an der neuen Zweigstelle nicht zu Nath nach Hause kommen würde, sondern in diese Wohnung voller Umzugskartons und ganz ohne ihn.
Ich würde versuchen, es mir hier möglichst häuslich einzurichten.
Vielleicht würde ich alles auspacken, merken, was ich alles vergessen hatte - Toilettenpapier auf jeden Fall, das wusste ich jetzt schon, zum Glück hatte mir die nette alte Dame von gegenüber eine Rolle spendiert. Dann müsste ich einkaufen gehen und würde viel zu viel einkaufen, nur weil ich nicht damit umgehen konnte, hier ohne Nath zu sein und deswegen die Leere mit völlig unnötigen Dingen füllen würde.
Ich bereute, dass ich ihm davon erzählt hatte.
Das war aufregend. Zu aufregend für mich, ohne ihn.
Und so beobachtete ich die Lichtstreifen, die sich auf der Decke bewegten, wenn immer ein Auto vorbeifuhr.
Es war noch nicht hell, als mich das schrille Geräusch der Türklingel weckte. Ich schreckte hoch und hatte sofort Angst.
Ich taste nach meinem Handy, welches neben mir im Bett lag. Normal nahmen wir unsere Handys nicht mit ins Bett, aber für den Fall, dass Nathan mich anrief, wollte ich es nicht verpassen.
Es war 4:58. Was für eine Uhrzeit für den ersten Besuch.
Ich schwang mich aus dem Bett. Vielleicht war es die Nachbarin, die Hilfe brauchte.
Ich tapste zur Tür und blickte durch den Spion. Der Flur war zu dunkel, um was zu erkennen. Es muss doch jemand aus dem Haus sein? Wie sonst wäre die Person in den Wohnungsflur gekommen?
Also öffnete ich die Tür nur einen Spalt breit und linste heraus.
"Ich bins", sagte eine vertraute Stimme. "Nathan?", fragte ich. "Ja, Nathan.", bestätigte er und ich erkannte ihn nun auch mit Sicherheit.
"Was machst du hier?", fragte ich als ich ihm morgens um fünf die Tür wieder vollständig öffnete. Wie schnell muss er gefahren sein, um jetzt schon wieder hier zu sein? Ich trug nur einen kurze, geblümten Schlafanzug.
"Ich wohne jetzt hier", sagte er außer Atem. Seine Haare standen ab. "Du wohnst jetzt hier?", fragte ich und sah mich um. Das ganze Zimmer stand voll mit Kartons.
Er hatte doch selbst gesagt, dass er nie wieder in einer Zweizimmerwohnung leben wollte. Das Licht der Laternen beleuchtete das Zimmer, welches meine Wohnküche sein würde, wenn ich erstmal ausgepackt hatte. Es tauchte alles in gelbes Licht. Die aufgetürmten Kartins warfen lange Schatten auf den Dielenboden und es war so karg hier, dass ich noch nicht wusste, wie wir hier ein Zuhausegefühl entwickeln sollten. Er lächelte und stand vor mir, irgendwie etwas klamm vom Regen.
Mit verschränkten Armen stand ich vor ihm. Er hatte doch gestern gesagt, dass er gehen müsse, weil er heute ein wichtiges Meeting mit seinem Chef hatte. "Und das Haus?", fragte ich. "Du liebst unser Haus."
"ich liebe unser Haus. Aber noch mehr liebe ich dich. Ich vermiete lieber dieses Haus als getrennt von dir zu sein."
Dann ging er in die Knie. Ich riss die Augen auf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Nicht morgens um fünf in Berlin.
"Ich liebe dich. Es gibt kein schrecklicheres Gefühl, als von dir getrennt zu sein. Angst zu haben, du könntest einsam sein, ist schlimmer, als sich beide Beine zu brechen. Und ich habe das erlebt - wie du weißt. Ich liebe dich so sehr, ich will für immer neben dir einschlafen und aufwachen. Ich will dich wachsen sehen und dich in deinem Leben unterstützen, damit du dich so entwickeln kannst, wie du immer wolltest. Bitte, heirate mich."
Er hatte während seiner Ansprache einen Ring aus der Jackentasche geholt. Er war wunderschön, vielleicht nicht so teuer. "Ich habe ihn, seit unserem ersten Urlaub. Seit ich weiß, wie es sich anfühlt neben dir aufzuwachen, aber ich wollte den Flow beobachten", gab er zu. Ich war sprachlos und bedudelt vom Schlaf und von meinem Freund, der einfach mitten in der Nacht vor meiner Tür steht.
"Ich liebe dich auch", sagte ich dann. War das eine Frage gewesen?
"Und ich möchte dich heiraten." Er sprang auf, steckte mir den Ring an, er passte sogar, hob mich hoch, wirbelte mich herum. Ich musste so lauf lachen, dass ich Angst hatte, meine neuen Nachbarn würden mich hassen. Nathan drückte mich so fest an mich. Er war so glücklich.
Er roch zwar nach Autofahrt und sah auch so aus, aber ich hätte nicht mehr verliebt sein können.
"Ich bin so glücklich. Wenn du irgendwann wieder zurückkannst, können wir auch wieder ins Haus.", sagte Nathan. "Aber wir bleiben so lange hier, wie du möchtest."
Das kann ich nicht. Entscheidungen kannte ich. Er küsste mich und trug mich zu meinem Bett.
Das einzige Möbelstück, was schon an der richtigen Stell stand. Er ließ mich aufs Bett fallen und begann mich noch wilder zu küssen. Nathan in meinen Armen zu haben, war das beste Gefühl auf der Welt.
"Ich weiß noch nicht, wie unsere Zukunft aussieht", gab er zu, irgendwo zwischen meinen Beinen.
"Aber ich weiß mit wem ich das herausfinde, mit dir. Nur mit dir."