Wie auf heißen Kohlen ging Elisabeth in ihrer Kammer auf und ab. Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie hatte Angst vor dem Kommenden. Was auch immer dies sein sollte. Sie wusste, ihr Vater ließ sich nicht auf der Nase herumtanzen. Dass sie ein Kind bekam, war für ihn, aber auch für ihre Mutter, ein großer Schock. Mit ihrer Mutter könnte sie vielleicht reden und sie dazu bringen, ihr zu verzeihen, damit sie das Kind in aller Ruhe austragen konnte. Aber ihr Vater würde dies niemals zulassen, dass sie Schande über die Familie bringt. Die Leute im Dorf würden mit Fingern auf sie zeigen und mehr oder weniger über sie tuscheln. Der Makel bliebe für immer an ihr haften.
„Elisabeth, komm endlich nach unten“, rief nach gefühlten Stunden Elisabeths Vater. „Komm schon, oder soll ich dir Beine machen!“ Unruhig lief Georg in dem engen Flur auf und ab. Dabei polterten seine groben Schuhe auf dem hölzernen Boden.
Flugs knüpfte sich Elisabeth die Bänder ihrer Haube unter dem Kinn zusammen und legte sich ihren Umhang um die Schultern. Er war immer noch ein wenig feucht von ihrem nächtlichen Ausflug. Elisabeth fröstelte. Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als diesen Umhang zu nehmen. Einen zweiten besaß sie nicht. Als sie jedoch aus ihrer Kammer treten wollte, fand sie die Tür verschlossen vor. In ihrer Aufregung hatte sie gänzlich vergessen, dass der Vater den Riegel von außen vorgelegt hatte. Sie hörte, wie ihr Vater ungeduldig über die Dielen trampelte, als wolle er sie zertrümmern.
„Wo bleibst du!“, vernahm sie erneut, wie er rasend vor Zorn nach ihr rief.
„Vater, Ihr habt die Tür verschlossen“, rief Elisabeth verzweifelt. Sie wusste, wenn ihr Vater aufgebracht war, wurde er unberechenbar, verprügelte sie zuweilen hemmungslos, egal, wo er sie traf. Sie hatte heute bereits genug Schläge bekommen. Noch mehr davon konnte sie nicht ertragen. Schon vernahm sie die schweren Schritte des Hausherrn auf der Treppe. Dann wurde der Riegel geschoben und die Tür aufgerissen.
„Dass du immer das letzte Wort haben musst!“, schrie Georg seine Tochter an. Er hob die Hand, hielt dann aber inne, als habe er es sich anders überlegt. So griff er nach ihrem Arm, zerrte sie aus ihrer Kammer und die Treppe hinab. Elisabeth hatte Mühe, ihm zu folgen und nicht zu stürzen.
„Was habt Ihr mit mir vor?“, fragte sie ängstlich, als sie aus dem Haus traten und sich auf den Weg machten.
„Das wirst du schon sehen“, knurrte Georg nur. Ohne sie weiter zu beachten, stapfte er durch den schlammig gewordenen Schnee in Richtung Rittergut.
„Meister Böttcher, so zeitig schon unterwegs“, rief ihnen eine Nachbarin zu, die eben mit zwei Eimern zum Dorfbrunnen ging, um Wasser zu holen.
„Was geht es dich an, du alte Vettel!“, knurrte er die Frau an und setzte seinen Weg fort, ohne sie weiter zu beachten.
„Na, dem ist aber eine große Laus über die Leber gelaufen“, hörte Elisabeth, wie sich die Frau über das Benehmen des sonst so umgänglichen Böttchers aufregte. „Mädchen, beeile dich lieber, deinem Vater zu folgen. Mit dem ist heute nicht gut Kirschen essen“, riet sie Elisabeth noch, ehe sie ihren eigenen Weg fortsetzte.
Mit gesenktem Kopf folgte Elisabeth ihrem Vater. Das schnelle Laufen und die Last ihrer Leibesfrucht ließen sie bald außer Atem kommen. „Vater, so wartet doch“, versuchte sie Georgs schnellen Gang zu verlangsamen. Leider hatte sie keinen Erfolg damit. Ihr Vater blieb bei diesem Tempo. Als sie dann auch noch ausrutschte und zu Boden stürzte, war es vorbei mit Georgs Geduld.
Drohend baute er sich über der am Boden liegenden Elisabeth auf, die sich das schmerzende Knie rieb. „Du denkst wohl, du kannst mich noch von meinem Vorhaben abbringen?“, schrie er Elisabeth aufgebracht an. „Auf die Füße, du Metze!“ Grob fasste er nach ihr und zog sie hoch. Anstatt sie loszulassen, hielt er sie weiterhin fest, holte aus und schlug ihr ins Gesicht. Elisabeth taumelte von der Wucht des Aufpralls und beinahe wäre sie erneut gestürzt, hätte ihr Vater sie nicht noch immer schmerzhaft am Arm gepackt. Derb zerrte er sie dann hinter sich her. Mit langen Schritten ging er voran, dass Elisabeth erneut Mühe hatte, ihm zu folgen. Rutschend und schlitternd rannte sie hinter ihrem Vater her. Da half kein Jammern und Heulen, um ihn zu einer langsameren Gangart zu bewegen.
Als sie endlich das Rittergut erreichten, war Elisabeth erschöpft und durchgeschwitzt. Ihr Hemd klebte am Rücken, ihre Wangen waren nicht nur von der Kälte gerötet, ihr Atem ging schwer. Vom Rittergut aus konnte sie die Mühle sehen, deren Flügel sich stolz in die Höhe streckten. Mit schmerzendem Herzen musste sie an den abtrünnigen Müller denken, der sie so schmählich von sich gestoßen und in ihrem Unglück allein gelassen hatte. Wäre sie doch nicht so naiv gewesen. Doch nun war es zu spät für Reue. Jetzt musste sie mit den Folgen dessen leben.
Elisabeth trat hinter ihrem Vater durch das große Tor in den Hof des Rittergutes. Aus dem Stall kam eben ein Knecht, der sie entdeckte und ihnen entgegenkam, um nach ihrem Begehr zu fragen. Er trug trotz Kälte nur eine Leinenhose und ein Hemd, dessen Ärmel hochgekrempelt waren. Sie kannte den Burschen, Martin hieß er, erinnerte sie sich. Er hatte ihr beim letzten Maitanz den Hof gemacht. Obwohl Martin ihr gefiel und sein Leumund tadellos war, hatte sie ihn abgewiesen. Schon damals hatte sie nur Augen für den windigen Müllermeister, der sie zappeln ließ wie die Spinne eine Fliege in ihrem Netz.
„Kann ich Euch helfen?“, fragte der Knecht, nachdem er die Ankömmlinge begrüßt hatte. Dabei blinzelte er Elisabeth schelmisch zu, die neben ihrem Vater stand und ihn unbemerkt von ihrem Vater betrachtete. Der Bursche schien immer noch von ihr angetan zu sein, dass er sie unverfroren im Beisein Georgs anschaute. Elisabeth senkte ihren Blick und starrte errötend zu Boden.
„Hier wird nicht geliebäugelt!“, fuhr Georg den jungen Mann an. „Führe mich und diese Metze…“, er zeigte angewidert auf seine Tochter, „… zu Herrn von Einsiedel. Mein Weib hat uns bereits angemeldet.“
„Ja, genau. Ich habe vorhin gesehen, wie sie hier ankam. Sie war ganz aufgeregt“, erwiderte der Knecht lächelnd, obwohl ihn Georg grimmig anblickte. „Kommt, ich werde fragen, ob der Herr Euch empfangen möchte.“ Damit wandte er sich ab und ging auf das Eingangsportal des großen Wohnhauses zu. Dort angekommen, klopfte er an die hölzerne Tür.
Nach kurzer Zeit hörten sie schlurfende Schritte, die sich der Tür näherten. Dann wurde sie geöffnet und Ludwig, der Kammerdiener des Herrn von Einsiedel trat heraus.
„Ihr wünscht?“, fragte Ludwig. Elisabeth konnte dem Mann ansehen, dass er bei etwas gestört worden war. Wahrscheinlich musste er sein Frühmahl unterbrechen, um die Besucher einzulassen.
„Mein Weib, die Franziska Scheffler, meldete uns heute Morgen an. Wir wünschen den Herrn zu sprechen. Es ist wichtig“, gab Georg wortgewaltig Auskunft.
„In welcher Angelegenheit?“, wollte der Mann wissen.
„In Angelegenheit dieser Metze“, erwiderte der Böttcher und zog seine Tochter neben sich. Elisabeth starrte bewusst zu Boden, um dem stechenden Blick des Dieners nicht begegnen zu müssen. Sie spürte, wie der Mann sie musterte. Verschämt versuchte sie, ihren sich rundenden Leib vor den Blicken des grimmigen Kerls zu schützen.
„So, so“, näselte dieser. „Wartet hier“, befahl er ihnen, drehte sich um und ließ die beiden Wartenden einfach stehen. Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter ihm zu.
„Was für ein unhöflicher Kerl“, knurrte Georg und schüttelte seinen Kopf. Als er sich zu seiner Tochter umblickte, bemerkte er, dass Martin immer noch am Fuße der Treppe stand und das Mädchen mit verliebtem Blick betrachtete. „Was starrst du diese Dirne so an!“, fuhr Georg den Jungen zornig an. „Die ist nichts für dich! Sie bringt dir nur Schande.“ Als sich der Knecht immer noch nicht von der Stelle bewegte, fuchtelte Georg mit seinen Händen vor dessen Nase herum. „Verschwinde. Geh lieber wieder an deine Arbeit, ehe der Herr dich wegen Müßiggang auspeitschen lässt“, riet er ihm.
„Ihr habt Recht. Meine Arbeit macht sich nicht von allein“, erwiderte der Mann und ging mit langen Schritten über den Hof zurück in den Stall.
Nach schier endlos langer Zeit wurde die Eingangstür des Herrenhauses erneut geöffnet. Elisabeth schlotterte inzwischen vor Kälte am ganzen Körper. Georg schien die Kälte nichts auszumachen. Er stand wie eine Statue an der Treppe und beachtete die Qual seiner Tochter nicht.
„Der Herr ist eben erst aufgestanden. Er erlaubt Euch aber, im Vorzimmer seines Arbeitszimmers zu warten, bis er bereit ist, Euch zu empfangen“, verkündete der Kammerdiener mit schnarrender Stimme. Ludwig winkte ihnen zu, ihm zu folgen.
Mit wenigen Schritten konnte Georg ihm folgen, während Elisabeth versuchte, aufgrund ihrer eiskalten Füße, auf der Treppe nicht zu stürzen. „Trödele nicht!“, mahnte ihr Vater sie zur Eile.
Froh, endlich ins Warme zu kommen, folgte Elisabeth den Männern. Staunend blickte sie sich in dem weiten Flur um, den sie entlang gingen. Die Wände waren mit Stillleben geschmückt. Die meisten zeigten Jagdszenen. Vor den Fenstern hingen sogar dicke Vorhänge, damit kein kalter Luftzug ins Innere dringen konnte. Solch einen Luxus konnte sich ihr Vater nicht leisten. Vor einem Gemälde, auf dem ein edel gekleideter Mann auf einem ebenso edlen Rappen saß, blieb sie staunend stehen. Dabei achtete sie nicht darauf, dass sich ihr Vater und der Kammerdiener unbemerkt von ihr entfernt hatten. Erst als ein grimmiger Zuruf ihres Vaters sie mahnte, eilte sie den Männern nach.
Elisabeth kam eben dazu, wie der Kammerdiener eine prunkvolle Tür öffnete und sie eintreten ließ. Geruch von Büchern und Papier schlug ihnen entgegen. Die Wände waren von oben bis unten mit Regalen übersäht, in denen Unmengen von Büchern standen oder lagen. Am einzigen Fenster stand ein großer Schreibtisch, an dem ein Mann saß und eifrig etwas in ein Buch schrieb. Er hob leicht den Kopf, um zu sehen, wer ihn bei der Arbeit störte.
„Johann Leonhard“, machte sich der Kammerdiener bemerkbar. „Diese Leute haben eine Audienz bei Herrn von Einsiedel. Er befahl, sie hier warten zu lassen, bis er bereit ist, sie zu empfangen.“
„Sollen sich setzen und mich nicht stören“, nuschelte Johann und zeigte mit seiner Schreibfeder auf zwei Stühle, die vor einem der Regale standen. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu, ohne die Gäste weiter zu beachten.
Georg und Elisabeth rutschen vor Aufregung auf ihren Sitzen hin und her. Während Elisabeth sich vor dem Kommenden fürchtete, legte sich Georg bereits seine Worte zurecht, mit denen er dem Herrn von Einsiedel sein Anliegen unterbreiten wollte.
Um sich abzulenken, schaute sich Elisabeth vorsichtig im Raum um. Sie staunte über die große Anzahl an Büchern, die hier aufbewahrt wurden. Ob der Herr wohl alle gelesen hat? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mensch jemals so viele Bücher lesen konnte, wie sie hier sehen konnte. Auch entzog es sich ihrer Kenntnis, wie es sein konnte, richtig lesen zu können. Die wenigen Stunden, die sie beim Pfarrer Unterricht nehmen musste, reichten gerade mal aus, dass sie ihren Namen schreiben konnte. So in Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie die Zeit verging. Vom Räuspern des Kammerdieners aufgeschreckt, schaute sie hoch. Der Mann stand in einer Tür, die sie bisher noch nicht entdeckt hatte. Gekonnt versteckt im Bücherregal gab sie den Zugang zu einem dahinter liegenden Raum frei.
„Herr von Einsiedel lässt bitten“, sprach der Kammerdiener hochnäsig.
Georg und Elisabeth erhoben sich und traten in das Arbeitszimmer. Elisabeth knickste und Georg verbeugte sich zum Gruß.
Herr von Einsiedel thronte regelrecht hinter seinem riesigen Schreibtisch aus poliertem Eichenholz. Auf einer Seite stand ein Leuchter, in dem einige Kerzen steckten, die den Raum erhellten. Vor sich hatte er ein Tablett mit seinem Morgenmahl stehen. Er kaute noch den letzten Bissen eines Stücks Brot, das er dann herunterschluckte, während er den Eintretenden entgegenblickte.
„Ludwig, Er kann gehen“, befahl er seinem Kammerdiener und wedelte unwirsch mit der Hand, als dieser nicht sogleich seinen Befehl befolgte.
„Nun, welches Anliegen hat Er?“, begann Friedrich Heinrich von Einsiedel, nachdem sein Diener endlich die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Sein Weib kam heute Morgen vollkommen aufgelöst in mein Kontor und erbat eine Audienz. Mein Sekretär und Gerichtsdiener gewährte ihr diese, obwohl er wusste, um diese frühe Tageszeit empfange ich keine Bittsteller. Doch nun ist Er einmal da.“ Fragend sah er den Böttcher an, der im Ort als frommer und arbeitsamer Mann bekannt war. Er forderte Georg auf, ihm sein Anliegen endlich zu unterbreiten, er habe nicht ewig Zeit, bis Er sich endlich durchringt.
Georg nahm seinen ganzen Mut zusammen und begann zu berichten. Anfangs erzählte er stockend, zu ungewohnt war die Situation, zu einem hochwohlgeborenen Herrn zu sprechen. Aber dann brachen die Dämme. Georgs Stimme wurde immer lauter. Donnernd wetterte er über seine Tochter, die in Sünde einem Manne beigelegen hatte und nun von diesem ein Kind erwartet.
„Mäßige Er seine Stimme!“, versuchte von Einsiedel den Redefluss des Böttchers zu bremsen. Doch der war nun so in Rage, seine Stimme überschlug sich beinahe. Von dem Geschrei des Mannes aufgeschreckt, kam der Gerichtsdiener Kellner aus dem Vorraum, um nach dem Rechten zu schauen.
„Gehe Er hinaus!“, befahl ihm sein Herr. „Mir droht keine Gefahr.“ Kellner verschwand wieder, froh, nicht weiter dem Geschrei des Böttchers ausgesetzt sein zu müssen.
Friedrich Heinrich von Einsiedel reichte es. „Jetzt halte Er endlich sein Maul!“, brauste er auf, dabei seine gute Kinderstube vergessend.
Elisabeth, schon genug eingeschüchtert, zuckte erschrocken über den Ausbruch von Einsiedels zusammen. Endlich gelang es auch ihrem Vater, seinen Redeschwall zu stoppen. Sein Gesicht war bereits gerötet und sein Atem ging vor Aufregung schnell.
„Mäßige Er sich in meiner Anwesenheit“, tadelte von Einsiedel Elisabeths Vater streng. Georg Scheffler senkte beschämt den Blick und bat um Entschuldigung. Dies jedoch schien sein Herr nicht zu bemerken.
Nachdenklich schaute von Einsiedel zu der betreten im Raum stehenden Elisabeth. Sie war ein hübsches Mädchen, das wohl vielen jungen Burschen gefallen konnte. Wahrscheinlich hatte sie schon vielen den Kopf verdreht. Die Schwangerschaft war ihr bereits anzusehen, erkannte er. Zu spät, sie noch mit einem seiner Knechte zu verheiraten, um die Familie vor Schande zu bewahren. Jeder würde erkennen, der angetraute Gemahl konnte nicht der Vater des Kindes sein. Von Einsiedel dachte nach.
„Wann soll das Kind geboren werden?“, fragte er Elisabeth.
Die errötete. „Nun sprich schon, du dummes Ding“, schimpfte er mit ihr. „Steh mir Rede und Antwort!“
„Im März nächsten Jahres“, presste Elisabeth zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor.
„So bald schon!“, von Einsiedel richtete sich in seinem Stuhl auf. Elisabeth nickte nur.
„Wer ist der Vater?“, wollte er wissen. Elisabeth schwieg und schüttelte den Kopf.
„Du willst es nichts sagen?“, sprach von Einsiedel einfach weiter, ohne auf das Befinden des Mädchens zu achten.
„Ich liebe ihn und will ihn nicht schlecht machen“, gab Elisabeth dann doch zu.
„Du hast ihm freiwillig beigelegen? Oder hat er dich dazu gezwungen?“
„Es war freiwillig“, erwiderte das Mädchen, vor Scham hochrot im Gesicht. Im Stillen betete sie, nicht noch mehr intime Geheimnisse beichten zu müssen.
„Warum bekennt er sich dann nicht zu dir. Gerade jetzt, wo du sein Kind unter dem Herzen trägst. Das wäre doch das Einfachste. So unverheiratet ist es eine Schande. Willst du deine armen, dich liebenden Eltern, solch eine Schmach bereiten?“ Von Einsiedel lockte das Mädchen mit gewitzter Zunge. Er wusste, dies würde ihn schneller zum Ziel bringen, als es mit strengem Gehabe einzuschüchtern. Wie er bereits erkannt hatte, ließ ihr Vater sie schon seine harte Hand spüren. Das blau umrandete Auge sprach Bände. Allerdings hatte von Einsiedel die Rechnung ohne Elisabeth gemacht. Außer, dass der Vater des Kindes ein verheirateter Mann war, konnte er ihr nichts entlocken. „Sag mir doch einfach den Namen des Mannes. Mir sind die Hände gebunden, wenn du schweigst wie ein Grab. Ich könnte den Kerl zwingen, dich zu heiraten. Dann wärst du von der Schande befreit.“ Trotzdem schwieg Elisabeth eisern.
„Mein Kind, wenn du partout nichts preisgeben willst, kann ich weder dir noch deinen armen Eltern helfen“, sagte von Einsiedel streng, während er aufstand und zur Tür ging, durch die sie und ihr Vater das Kontor betreten hatten. „Johann, lasse Er nach zwei Knechten schicken. Die junge Dame wird einige Zeit Unsere gnädige Gastfreundschaft genießen.“ Dabei lächelte er süffisant und blickte Elisabeth in die schreckhaft aufgerissenen Augen, dass ihr das Blut in den Adern gefror.