Welch ein wunderbares Gefühl, wenn einem der Wind um die Nase bläst. Das Brummen des 300 PS starken Wagens überträgt sich auf den Fahrer, der dieses leichte Kribbeln schon erotisch findet. Das Verdeck ist offen. Die Haare wehen im Wind. Die Sonne scheint, der Himmel ist wunderbar blau. Ein paar kleine Wölkchen sind dort, wie zur Zierde.
Die Autobahn vor ihm ist frei. Nur ganz weit in der Ferne sind die Rücklichter anderer Wagen zu sehen. Sie scheinen abzubremsen. Warum auch immer. Ihn stört das nicht. Er ist schnell, sehr schnell. Er liebt dieses Gefühl, das Fahrzeug unter Kontrolle zu haben wie einen wilden Mustang, der in den Weiten der amerikanischen Steppe entlanggaloppiert.
Die dunkle Brille, die das gleißende Licht der Sonne abwendet, lässt die dahinfliegende Landschaft dunkler erscheinen. Doch für die Umgebung hat der Fahrer kein Auge, nur die Straße vor ihm zählt. So bemerkt er auch das eigenartige Blitzen am Straßenrand nicht.
Einen Kilometer weiter vorn wird der Kraftfahrer auf einen Parkplatz gewunken. Ein grimmig schauender Polizist tritt an sein Auto.
„Sie haben bemerkt, dass sie geblitzt wurden?“, fragt er.
Erstauntes Kopfschütteln folgt.
„Und auch nicht bemerkt, dass sie viel zu schnell waren? 290 km/h bei erlaubten 130. Das wird teuer“, erklärt der Ordnungshüter. „Außerdem ist heute Blitzermarathon, wussten sie das nicht?“
Wieder ein Kopfschütteln.
„Dann geben sie mir mal ihren Wagenschlüssel. Ab sofort sind sie Fußgänger. Der Bußgeldbescheid folgt“, meint der Polizist ganz locker mit einem Grinsen im Gesicht. Dem Autofahrer allerdings ist das Grinsen längst vergangen.
© Milly B. / 18.04.2018