Hastig eilte Mathilde den dunklen Gang entlang, der zum Gemach ihres Gatten führte. Ihr Gemahl hatte sie rufen lassen. Was er wohl von ihr wollte. Erst seit einigen Tagen war er zurück auf der Burg. Seitdem hatte sie ihn nur ein einziges Mal gesehen.
„Ihr habt mich rufen lassen“, sagte Mathilde nachdem sie das Gemach ihres Ehemanns betreten hatte. Sie war noch ganz außer Atem.
„Das habe ich wohl“, entgegnete der Ritter und betrachtete seine Gattin mit Argusaugen.
„Was ist der Grund dafür?“, wagte Mathilde zu fragen.
„Mir ist da einiges zu Ohren gekommen“, erwiderte Siegfried und zog die Augenbrauen nach oben. „Mich dünkt, Ihr habt ein kleines Geheimnis, das ja nie zu mir dringen sollte“, ging der Hüne auf Konfrontation.
„Aber Herr, wie kommt Ihr auf solche Gedanken. Natürlich gibt es da nichts, was ich vor Euch zu verbergen hätte. Als Eure Gemahlin steht mir dieses nicht zu.“ Mathildes Herz klopfte vor Aufregung. Sie ahnte, Siegfried spielte auf ihr Verhältnis mit Ritter Sewolt an. Welch ungetreuer Geselle hatte ihrem Gatten berichtet?
„Meine Liebe, ich hörte von einem Ritter Sewolt, der des Nachts über eine Leiter in Euer Gemach eingestiegen sein soll.“
Mathilde wurde blass. Nur sie selbst und der eitle Ritter Sewolt wussten von der Untat. Wurden sie womöglich beobachtet? Sie sagte lieber nichts.
„Da Ihr Euch nicht äußern möchtet, geht nun in Euer Gemach und bleibt, bis ich Euch rufen lasse.“ Siegfried schaute seine Gemahlin grimmig an, die froh war, dem Zorn ihres Gatten vorerst entkommen zu können.
© Brida Baardwijk / 01.09.2018