Er musste nur mit den Flügeln schlagen und schon war die Aufmerksamkeit ihm gewiss. Von allen Seiten kamen sie heran und bestaunten ihn, wollten ihn ansehen, anfassen und später davon erzählen, wie sie ihn getroffen hatten.
Prächtig war er, ein edles Antlitz, ein geschmackvoller Style. Sein Haar frisiert, sein Make-Up tadellos, der Sitz seiner Socken, parallel. Seine Zehen gerade, seine Finger gleichmäßig. Sein Bauchnabel perfekt - wer konnte das schon von sich behaupten? So ein wunderschönes Wesen, die Nase, die Wimpern die Ohren nicht zu groß. Und all die schillernden Farben.
„Welche Farbe hat die Phantasie“, fragten sie einst: nun waren sie sich sicher: seine musste es wohl sein. Eine die sich ständig veränderte, wenn man sie aus einem anderen Winkel ansah. Eine die bei Sonnenlicht strahlte und unter der Straßenlaterne flimmerte. Es war nicht einmal eine Farbe, es waren alle aber nicht gemischt. Jedes einzelne winzige Hautschüppchen war in einer anderen Farbe gewachsen und wenn er sich bewegte, dann glitzerte er nicht, er schimmerte nicht, er transluziderte, er stroboskopte, er luciferinte, ja er konnte sogar mimikryren.
Morgens fläzte er sich mit einem Glas Saft in der Sonne (er mochte gar keine Milch, was aber ein weit verbreiteter Irrglauben war), bis er sich von allen Seiten erwärmt hatte, mittags besuchte er die zarten Blumen und abends kühlte er sich mit seinem Flügelschlag. Im Winter hüllte er sich in seinen Flügelmantel und verschlief die meiste Zeit.
„Welch Aussehen hat die Seele“, fragten sie einst: nun waren sie sich auch dessen sicher: seine Gestalt musste es wohl sein. Er war ein geborener Wandler, der sich selbst immer wieder neu erfand, der stets umherzog und sich den schönsten Seiten des Lebens widmete. Er kam zu Besuch, setzte sich ans Haar, kitzelte über die Haut und umschwärmte seine Liebsten. Er faltete seine Flügel und zeigte allen die Unterseite seines Ich’s, ohne auch nur den Hauch eines Gedankens daran zu verschwenden etwas so Intimes für sich zu behalten.
So schön wie der Tag und so vollkommen wie die Nacht.
Der Künstler mit dem Namen Schmetterling.
Die Aufmerksamkeit war ihm gewiss und bestimmt nicht unangenehm.