Ich hatte soweit alles erledigt und war nun auf dem Weg zu dem Treffpunkt. Insgeheim frage ich mich, ob Jake anwesend sein würde. Aber ich vermutete, dass er mich zu einem Kumpel schickte. Immerhin wusste ich ja, das er vorsichtig war. Mit allem was er tat. Und das obwohl wir uns schon einige Monate kannten, wenn auch nur schriftlich. Zumindest wusste ich, das er schwarze Haare hatte. Ein wenig hatte er dann doch von sich Preis gegeben.
Mein Koffer war ja nicht all zu schwer und so bugsierte ich ihn einfach über den Gehweg. Ich hatte mir mit meinem neuen Handy schon mal den Zielort angesehen. Es schien dort ein Haus zu geben, oder so etwas in der Art. Was es war, wusste ich nicht, aber ich musste dort hin. Noch einmal sah ich auf die Uhr. Es war kurz vor 18 Uhr und die Sonne stand ja auch schon sehr tief.
Noch immer spürte ich fast nichts, meine Emotion war wie ausgelöscht. Jetzt wo ich einen Plan hatte um Stifter, den Agenten zu überführen, dass er etwas krummes geplant hatte. Zumindest wenn es so war, dann hatte ich die Karten in der Hand. Ich hatte Jake noch geschrieben, dass er mit dem Anruf noch etwas warten sollte, bis eben das Handy bei ihm oder einem seiner Kollegen war.
Ich war schon eine kleine weile unterwegs, samt Gepäck. Als ich in die Straße einbog, in dem der Treffpunkt war. Schien ein ruhiges Plätzchen zu sein, so dachte ich zumindest. Wäre ein Ideales versteck, aber das Haus vorne, hatte mich etwas irritiert. Ein Nachtklub? Warum zum Teufel ein Nachtklub? Warum musste es so etwas sein. Konnte ja auch sein, das hinter dem Nachtklub es ein paar Wohnungen gab.
Vorsichtig sah ich mich um. Ich wollte nicht riskieren, dass mir jemand gefolgt war, auch mein Vater nicht. Nun, immerhin hatte er mich ja auch erst kennen gelernt. Und gut, er wusste, dass ich Informationen zu einem Hacker besitze. Die Lage war also doch etwas ernst. Ich konnte mir aber bei besten Willen nicht vorstellen, das Jake zu der schlimmen Sorte davon gehörte. Er hatte schließlich irgendwie beteuert, dass er einer von den guten war und in eine Sache hineingezogen war. Nur so am Rande und auch nicht wirklich richtig. Ich hoffte nur, dass es so war, es war ein Gedanke, den ich festhielt.
Ich musterte die silberne Titan Tür, die sich vor mir befand. Ich erinnerte mich noch an das Klopfzeichen. Also hob ich die Hand klopfte einmal, dann zweimal und nochmals zweimal und dann wieder nur einmal. Und jetzt hieß es einfach warten. Warten darauf, dass sich die Tür öffnete. Die Warterei machte mich etwas nervös, denn noch immer war sie nicht auf gegangen. Jetzt machte ich mir Sorgen, dass ich irgendwo falsch abgebogen war.
Und dann hörte ich etwas rumpeln, so als sei jemand fast eine Treppe nach unten gestolpert. Und dann rührte sich die Tür und öffnete sich einen Spalt. „Schickt dich Jake?“, fragte eine männliche Stimme. Und ja, das hatte ich schon vermutet.
Jake war nicht anwesend, was mich etwas traurig machte. „Ja, Jake schickt mich.“, gab ich leise zu, da es niemand hören sollte, falls jemand lauschen würde.
Erst dann öffnete sich die Tür komplett und der Kerl bat mich einzutreten. Und das tat ich auch und zog meinen Koffer mit hinein. „Anscheinend großes Gepäck, hm?“, sagte er, was mehr nach einer Feststellung anhörte, als nach einer normalen Frage. „Jake hat mich schon informiert. Du hast also ein paar Probleme, was?“, fügte er fragend hinzu. „Ah, ich Idiot. Bin Steven.“, fügte er dann noch seinen Namen hinzu. „Und du bist Claire.“, stellte er fest.
Also hatte Jake ein wenig über mich erzählt, wenn Steven schon meinen Namen kannte. Aber ich hatte keine Ahnung, um wen es sich hierbei handelte. Schon gar nicht, in was für einer Verbindung er zu meinem Jake stand. „Wie?“, fragte ich und sah ungläubig drein.
„Jake hat mich nicht erwähnt, was. Sieht ihm ähnlich.“, zuckte er mit der Schulter und seufzte auf. „Dann erkläre ich dir das gleich. Komm erst einmal hoch.“, lud er mich ein. „Brauchst du damit Hilfe?“, fragte er noch, ehe er sich zur Treppe wandte.
„Ähm, nein, ich hab nicht so viel dabei. Ich besorge mir einen Rucksack demnächst. Da ich ja nun mehr oder weniger auf der Flucht bin.“, seufzte ich.
Um so kleiner das Gepäck war, um so besser wäre das wohl für mich, irgendwo in der Menge unterzutauchen. Und außerdem war ein Koffer doch ganz schon sperrig. Man konnte nicht irgendwo verschwinden, ohne gesehen zu werden. Und das wollte ich ändern.
Also griff ich den Koffer und folgte Steven nach oben. Die Treppe war aus Metall und hatte Löcher, sodass man durchsehen konnte. Und genau solche Treppen hasste ich. Ich hatte leicht mit meiner Höhenangst zu Kämpfen. Ich hasste diese Phobie, aber konnte sie auch nicht ausstellen.
Oben angekommen drehte sich Steven zu mir und musterte mich. „Wusste gar nicht, das Jake so einen Geschmack hat, aber du passt zu ihm.“ murrte er.
Hatte er gerade gesagt, das Jake und sie gut zusammen passten, und das etwas missmutig. „Immer kriegt er das was er will.“, murmelte er und zeigte dann auf ein Zimmer. „Das da ist deines.“, fügte er dann hinzu.
„Entschuldige?“, sagte ich etwas empört. Er tat ja fast so, als ob Jake ein Weiberheld wäre. Und das konnte ich mir so gar nicht Vorstellen.
Er hob die Hände und entschuldigte sich, da er erkannte, das ich kaum etwas wusste über Jake. Das hatte er wohl bemerkt. Ich sah in den Raum hinein, den ich wohl jetzt als Zuhause nennen konnte. Zumindest vorerst. Sicherlich nicht gerade die beste Absteige, aber immerhin ein Dach über den Kopf. „Auf dem Nachttisch liegt ein Schlüssel für die Tür unten. Ich sperre dich nicht ein, aber pass auf, wenn du zurück kommst, ok?“, wies er mich noch an und lehnte an der Tür. „Wie viel weißt du von Jake?“, fragte er dann noch hinterher.
Ich stellte den Koffer einfach neben das provisorische Bett und griff mir den Schlüssel. Und steckte ihn auch ein, das würde die Sache schon etwas erleichtern. Immerhin konnte ich dann kommen und gehen wann ich wollte. „Nicht viel, nur das er Unschuldig ist.“, meinte ich.
Steven kratzte sich am Kopf. „Normalerweise stehlen wir keine Informationen oder ähnliche Dinge im Internet.“, gab er zu. „Wir sind eigentlich eine Gruppe von Hackern, die sich um Sicherheitslücken kümmert, wenn wir darum gebeten werden und Patchen die Lücke, damit das System nicht angreifbar ist. Nun,“, kratzte er sich am Kopf und seufzte auf.
„Ein Auftrag ist schief gegangen, stimmt's?“, riet ich einfach mal und meine Augen lagen auf dem Mann der in der Tür stand.
Er nickte kurz. „Einer unserer Gruppe konnte seine Tasten nicht bei sich behalten und hat sensible Daten mitgehen lassen.“, seufzte er. „Und mit diesen Daten erpresst er nun die Firma für die wir gearbeitet haben. Und da wird es heikel.“, seufzte er und drehte sich um. „Am besten fragst du Jake“, schlug er dann vor.
Das würde ich auch machen, wenn ich allen Bescheid gesagt hatte, dass ich in Sicherheit war. Vor allem meinem Vater und Lilly. Und um Jake kümmerte ich mich dann, wenn ich alles erledigt hatte. Sicherlich würde er eine Antwort darauf haben. Und dieses mal ließ ich mich nicht abklatschen und davon fern halten.
Ich packte nicht großartig aus, nur meinen Laptop und ein paar Dinge die ich immer gebrauchen konnte. „Na gut, ich hab dann alles, denke ich.“; sagte ich zu Steven.
„Gut, falls was ist, einfach ins große Nebenzimmer. Falls du die Zeit erübrigen willst, das Team würde dich sicherlich auch gerne kennen lernen.“, meinte er dann noch und war dann verschwunden und ließ mich alleine.
Ich legte mich auch gleich hin, auf den Bauch und zog mein Handy heraus und öffnete den Chat neu, den ich mit Lilly hatte. Sie würde sich sicherlich erschrecken.
Claire: Lilly, bitte nicht erschrecken, ja?
Lilly: Wer bist du?
Kam fast sofort die Antwort, mit der ich gerechnet hatte. Sicherlich war sie nun verwundert, da sie die Nummer nicht kannte.
Claire: Ich bin es, Claire. Das hier ist meine Neue Nummer.
Lilly: Warum denn eine neue Nummer?
Claire: Weil die andere nicht mehr sicher ist, könntest du diese aus den anderen Chats entfernen und die neue einfügen, aber sag den anderen nicht wirklich was los ist, das mach ich beizeiten ja?
Lilly: Kann ich machen, warte kurz, ich erledige das kurz, danach füge ich dich hinzu.
Claire: Natürlich.
Während sie das machte, konnte ich mich um meinen Vater Alan kümmern, der wartete sicherlich auch darauf, das ich mich irgendwie bei ihm meldete. Sicherlich machte er sich einfach Gedanken, wo ich abgeblieben wäre und wo ich mich befand. Also öffnete ich wieder einen neuen Chat und schrieb.
Claire: So, bitte nicht erschrecken, ja, ich bin es Claire. Nein, Dad, du siehst richtig, ich hab eine neue Nummer.
Alan: ??
Claire: Ich wollte nur sagen, dass ich mich in Sicherheit befinde, also alles gut.
Alan: Eigentlich hatte ich nicht gedacht, das du mir das sagst. Da gibt es noch etwas, das gerade passiert ist. Ich sollte es dir wohl erzählen. Bin mir nur nicht sicher, wie du darauf reagierst.
Ich las es mir durch und fühlte leichten Unbehagen. Irgendwas stimmte nicht. Irgendwie hatte ich die Befürchtung, dass Alan Besuch gehabt hatte.
Claire: Ist etwas passiert. War Agent Stifter zugegen?
Alan: Woher weißt du, dass er da war?
Claire: So langsam kenne ich sein Muster. Ich hoffe du hast ihm nicht gesagt, das ich hier Freunde habe?
Alan: Das nicht, aber er hat beteuert, das es um deine Sicherheit geht. Franz draußen meinte, er habe noch einen Kollegen mitgebracht, der ihm unheimlich vorkam. Ich hatte nur kurz das Büro verlassen und eben jenen kurz gesehen. Mir scheint, das du wirklich in etwas übles hineingerutscht bist. Ich habe ihnen natürlich nur gesagt, das ich nicht weiß wo du hingefahren bist. Stimmt das so?
Claire: Der andere Kerl, wie sah er aus?
Alan: Groß, Braunhaarig, schlank, aber muskulös. Mitte 30 denke ich.
Claire: Klingt nach einem Geschäftspartner meines Stiefvaters, falls er es war. Ich bin mir nicht sicher. Existiert ein Foto von ihm?
Alan: Nein, daran habe ich nicht gedacht.
Claire: Kein Problem, das wird sich in den nächsten Tagen lösen. Ich melde mich ja, wenn es etwas neues gibt, oder ich Hilfe brauche. Ich schreibe dann. Mach es gut.
Damit war das auch beendet und damit hatte das neue Smartphone kaum noch Saft, also beschloss ich erst einmal es aufzuladen. Sicher war sicher. Und ich war müde. Immerhin hatte ich mehrere Stunden Fahrt gehabt und fühlte mich einfach nur, als wäre ein LKW mit schwerer Ladung über mich hinüber gefahren.
Dennoch war ich schon etwas traurig, das Jake nicht anwesend war, aber zumindest wäre ich hier erst mal in Sicherheit, auch wenn ich die Leute noch nicht kannte. Ich würde gleich noch in den anderen Raum gehen und mich vorstellen. Aber noch brauchte ich ein wenig Ruhe. Und die Zeit nahm ich mir.